- Ende eines Überfliegers
Karl-Theodor zu Guttenberg ist als Verteidigungsminister zurückgetreten. Der CSU-Politiker konnte dem Druck in der Partei, in der Wissenschaft und in der Bundeswehr nicht mehr standhalten. Ein großes politisches Talent ist über seine Eitelkeit, seinen Ehrgeiz und den laxen Umgang mit der Wahrheit gestürzt. Ein Kommentar
So geht dann eine hoffnungsvolle Politikerkarriere zu Ende. Karl-Theodor zu Guttenberg tritt als Verteidigungsminister zurück. Dem Druck der Öffentlichkeit, der zunehmenden Kritik in den eigenen Reihen und der breiten Empörung in der Wissenschaft konnte er nicht länger standhalten.
Zwei Wochen nach bekannt werden der Plagiatsvorwürfe konnte Karl-Theodor zu Guttenberg die Unionsparteien nicht länger in die Solidarität zwingen. Die Absetzbewegungen waren zu stark. Die Sorge, dass CDU und CSU in ihren bürgerlich-konservativen Grundwerten erschüttert werden könnten, wurde immer größer. Die Kritik wurde von den Rändern und der Basis der Partei her immer lauter und war zuletzt auch im Konrad-Adenauer-Haus nicht mehr zu überhören. Am Ende überwog bei Christdemokraten die Angst, dass der Fall Guttenberg ihnen schon bei den drei Landtagswahlen im März massiv schaden könne. Jetzt hat der CSU-Politiker daraus die Konsequenzen gezogen. Er war nicht mehr zu halten.
Dabei schien es zunächst so, als könne zu Guttenberg trotz der plagiierten Doktorarbeit und zurückgegebenem Titel politisch überleben. Am Donnerstag vergangener Woche noch hatte er sich demonstrativ vor den Bundestag gestellt, zwar Fehler eingestanden, aber gleichzeitig mit einem nass-forschen Auftritt sein offensichtliches Fehlverhalten bagatellisiert. Dazu hatte er das halbherzige eingestehen von Fehlern als Tugend gepriesen. Die Mehrheit der Deutschen jedoch wollte Umfragen zufolge, dass er im Amt bleibt. Die Bild-Zeitung stand fest an seiner Seite.
Doch in den vergangenen Tagen drehte sich spürbar die Stimmung in der Bevölkerung, unter Christdemokraten und vor allem bei Akademikern. Der Zweifel, dass zu Guttenberg eben doch nur die halbe Wahrheit eingestanden hatte, dass er doch bewusst getäuscht oder gar einen Ghostwriter beschäftigt haben könnte, nagte an vielen politischen Freunden, die sich zunächst mit breiter Brust vor ihn gestellt hatten. Der Verdacht, dass er eben nicht nur ein schlampiger Doktorand war, der den Überblick verloren hatte, sondern ein dreister Plagiator, Lügner und Betrüger wurde immer häufiger öffentlich ausgesprochen.
In der Wissenschaft steigerte sich die Empörung über die Bagatellisierung eines gravierenden wissenschaftlichen Fehlverhaltens, das jeden Doktoranden seine berufliche Karriere gekostet hätte, von Tag zu Tag. Vor allem viele politische Meinungsführer und große Teile der politischen Eliten wandten sich damit gegen die Union. Und diejenigen, die ihn noch verteidigten, taten es mit zusammengebissenen Zähnen. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte ihrem Verteidigungsminister zudem einen Bärendienst erwiesen, als sie mit der Bemerkung, sie habe zu Guttenberg nicht als wissenschaftlichen Mitarbeiter eingestellt, sondern als Verteidigungsminister. Diese Schizophrenie in der Betrachtung von Politikern provozierte viele Akademiker zusätzlich.
Auch in der Bundeswehr wuchsen die Widerstände gegen den Verteidigungsminister. In der Kunduz-Affäre hatte er unter ungeklärten Umständen seinen Staatssekretär und seinen Generalinspekteur entlassen. Schon bei den Ereignissen aus dem November 2009 steht der Vorwurf der Lüge im Raum. Nach dem Tod einer Matrosin auf der Gorch-Fock hatte er den Kapitän beurlaubt, bevor die gegen diesen erhobenen Vorwürfe aufgeklärt worden waren. Jetzt scheint eine interne Untersuchung den Kapitän zu entlasten. Schon ohne Plagiatsaffäre waren dies alles keine guten Voraussetzungen dafür, den Soldaten in Afghanistan als Vorbild zu dienen und die Bundeswehrreform, die eine Jahrhundertaufgabe ist, gegen Sparauflagen, Widerstände und Kritik durchsetzen zu können.
„Ich habe die Grenzen meiner Kraft erreicht“, sagte zu Guttenberg zum Abschluss seiner Rücktrittserklärung und das lag vor allem daran, dass er sich in eine politisch und persönlich völlig aussichtslose Situation manövriert hatte.
Ohne Zweifel ist Karl-Theodor zu Guttenberg ein talentierter Politiker, der Menschen für sich und für die Politik gewinnen kann. Aber ohne Zweifel hatte dieser auch einen Hang zu überbordendem Ehrgeiz. Er hat es mit der Wahrheit des Öfteren nicht besonders genau genommen, seine Biografie geschönt und die Schuld für Fehler gerne auf andere abgewälzt. In der Plagiatsaffäre allerdings stand er schließlich ziemlich alleine da, jetzt ist er tief gefallen.
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