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Die Familienministerin ist schwanger. Guter Beitrag, Frau Schröder!
Kristina Schröder ist schwanger. Das kommt in Deutschland häufiger vor, ist aber doch von besonderem Interesse, denn Frau Schröder ist nebenher auch noch Familienministerin. Von ihrem Kind wird sie eine ganze Menge lernen können. Ein Kommentar.
Unsere Familienministerin bekommt ein Kind. Im Sommer ist es soweit. Das erste was jedem wohl dazu einfällt: Herzlichen Glückwunsch. Dann aber hat es sich auch schon mit der einvernehmlichen Sicht auf die Nachricht. Die Reaktionen reichen von Bewunderung bis Sozialneid, von ehrlichem Mitgefühl über Neugier (wie will eine so eingespannte Frau das schaffen?) bis zur Frage, „wen interessiert denn das?“. Auch wüste Beschimpfungen gegen eine privilegierte Ministerin sind zu hören. Die könne ihrem Zögling mit ihrem Gehalt schließlich jeglichen Komfort bieten – eine Tagesmutter, ein Au-Pair-Mädchen und beste Bildungschancen.
Dass Kristina Schröder mit ihrem kurzen Statement („Wir sind sehr glücklich und dankbar und hoffen, dass alles gut geht“) eine solche Lawine lostrat, hat sie vermutlich selbst überrascht. Trotzdem war es richtig, dass sie mit der Nachricht frühzeitig und selbstbewusst an die Öffentlichkeit gegangen ist. Schließlich hätte sie dies sowieso nicht auf Dauer geheim halten können. Denn nach den ersten drei kritischen Monaten der Schwangerschaft, in denen vielleicht „nur“ Übelkeit und lähmende Müdigkeit zu verstecken sind, wachsen sowohl der Bauch als auch die Erkenntnis im Umfeld. Da ist es der eleganteste Weg, eine Schwangerschaft mit einem kurzen Kommentar zu bestätigen - anstatt hollywoodesken Spekulationen Vorschub zu leisten.
Frau Schröder ist die erste Ministerin Deutschlands, die während ihrer Amtszeit ein Kind bekommt. Selbst die acht Wochen Beschäftigungsverbot direkt nach der Geburt will sie nicht beherzigen, sondern ihre Amtsgeschäfte von zuhause fortführen, heißt es im Ministerium. In einem Spiegel-Interview hatte sie einst ausgeschlossen, in ihrer Position Elternzeit zu nehmen. Ob ihr Mann Ole Schröder, parlamentarischer Staatssekretär im Bundesinnenministerium, sich diese Auszeit erlauben wird, ist fraglich. Wie also werden sie es machen, fragt man sich - und ist gespannt.
Prominente Mitstreiter gibt es sehr wohl, Mütter wie Ursula von der Leyen oder Silvana Koch-Merin hatten ihr kinderreiches Familienleben jedoch bereits regeln können bevor sie ihre politischen Jobs im Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit antraten. Hildegard Müller, einst Staatsministerin unter Angela Merkel, versuchte den Wiedereinstieg in den Vollzeitjob nach dem ersten Lebensjahr ihrer Tochter und gab ein halbes Jahr später auf. Sie wechselte in die Wirtschaft, um sich mehr um ihre Sarah kümmern zu können. Bevor sich nun aber die Argusaugen der deutschen arbeitenden Mütter und Väter auf Kristina Schröder richten, wird SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles beguckt, die am vergangenen Dienstag ihre Tochter Ella Maria zur Welt brachte. Nahles‘ Mann, der Kunsthistoriker Marcus Frings, wird sich in der Elternzeit um die Kleine kümmern.
Die Frage, wie Familie Schröder mit dem Nachwuchs umgehen wird, ist aber noch nicht geklärt. Fest steht nur, die Republik wird dabei zusehen. Die Schwangerschaft der Ministerin vereint Politik und Boulevard auf wundersame Weise. Kristina Schröders Arbeit wird in Zukunft auch an ihrem Privatleben gemessen werden und damit lastet ein hoher Druck auf der jungen Familienministerin.
Noch dazu wird sie unter den gleichen Anforderungen stehen, wie alle anderen Familien mit kleinen Kindern: Die Frau soll bitte schnell wieder im Büro erscheinen, der Mann einen Teil der Elternzeit übernehmen, um dann wieder seinem Arbeitgeber zur Verfügung zu stehen, während das Kind glücklich und gesund in der Kita spielt. Nicht vorgesehen sind dagegen fehlende Betreuungsplätze, Eltern, die ihre Kinder vermissen, Kinder, die ihre Eltern vermissen, Krankheiten, die unverhofft über das fragile Konstrukt hereinbrechen oder Nächte, in denen nicht geschlafen sondern geheult wird.
Kurz vor der Geburt ihrer Tochter äußerte sich Andrea Nahles in einem Interview über ihre Sorge, wieder in den Beruf einzusteigen. Das Echo war gewaltig und dass die Politikerin sich über die Reaktionen vieler Mütter wunderte, ist erschreckend und entlarvend zugleich: „Ich wusste nicht, dass ich mit meiner Äußerung in ein Wespennest stoßen würde, ich hielt das für eine Selbstverständlichkeit. Doch es gibt offenkundig noch keine befriedete Situation, viele Familien fühlen sich unwohl in diesem Spannungsfeld zwischen Leben und Arbeit“, sagte sie kürzlich in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.
So ist es, Frau Nahles. Und wenn Ihnen das bisher keiner ihrer Referenten und Arbeitskreise dargelegt hat, dann ist es wohl der richtige Weg, dass Spitzenpolitiker Kinder bekommen. Der eigene Nachwuchs ist nämlich erfahrungsgemäß sehr deutlich darin, sein Anliegen kund zu tun. Guter Beitrag also, Frau Schröder.
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