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() Die Fahne der SPD weht im Wind
In der Mitte liegt die Kraft

Die SPD leistet sich ein Führungsdebakel nach dem anderen. Sie wird aus ihrer Krise nicht herauskommen, wenn sie sich nach links nicht schärfer abgrenzt. Das empfiehlt der Vordenker Willy Brandts und erinnert sich.

Lesen Sie auch: Wolfram Weimer: Der Haifisch hat Zähne Cicero-Dossier: SPD Gesten und Symbole ersetzen, das versteht sich, niemals den politischen Willen, ein klares Programm und jene Energie, die man früher als Tatkraft bezeichnet hat. Aber das neue Führungsteam der verwirrten Sozialdemokratie könnte die Entschlossenheit zu einer Renaissance der Partei unmissverständlich bekunden, wenn es die melancholische Figur des „Knitter-Willy“ im Brandt-Haus für eine Skulptur auswechselte, die nicht den (grundsympathischen) Zögerer und Zweifler darstellte, sondern den resoluten Parteichef und Kanzler, der mit einer unvergleichlichen Dynamik Geschichte schrieb: durch seine Ostpolitik, deren ganze Dimension erst am 9.November 1989 mit dem Fall der Mauer deutlich wurde und schließlich durch die Implosion des Sowjet-Imperiums, die er im Herbst 1973 im Kreis von Freunden annonciert hat: Er war der einzige Staatsmann des Westens, der solche Weitsicht bewies. Der Trauer-Brandt, von Kopf bis Fuß in Falten gehüllt, muss nicht durch ein heroisches Denkmal à la sozialistischem Realismus oder des nazistischen Größenwahns im Stile Arno Brekers verdrängt werden. Aber der Mann, der in der Stunde, in der nur die couragierte Aktion zählte, ohne Aufenthalt voranschritt – er muss als Vorbild der neuen Führung sichtbar werden. Der Parteichef, der in der Wahlnacht 1969 gegen die Bedenken seines Freund-Feindes Herbert Wehner durch die Ankündigung der sozial-liberalen Koalition mit den Freien Demokraten (die damals noch den Namen verdienten) die entscheidende Wende der deutschen Politik seit der Wahl Konrad Adenauers zum ersten Bundeskanzler erzwang. Brandts Elan bescherte der SPD im Herbst 1972 den größten Wahlsieg ihrer Geschichte. Kurt Beck, der schließlich vor allem an unser Mitgefühl appelliert hat, war kein Wehner Nummer zwei, und Außenminister Steinmeier ist vermutlich keine Reinkarnation Willy Brandts. Doch am 6.September schuf er, seinem Vorgänger vergleichbar, vollendete Fakten. Weder er noch Müntefering und ihr wichtigster Verbündeter, Finanzminister Steinbrück, werden es leicht haben, die disparaten Gruppen und Kreise zu disziplinieren und auf ihren Kurs einzuschwören. Sie müssen mit Resistenzen und Rebellionen rechnen. Das stehen sie durch. Auch die mögliche Massenflucht verstörter Gewerkschafter, reaktionärer und ultra-linker Schwärmer oder saurer Querköpfe vom Schlage Ottmar Schreiners. Die Programmpunkte, auf die sie die Partei verpflichten müssen, sind einfach genug: Erstens kein Zurück hinter die Schröder-Reform. Selbst bei minimalen Korrekturen ist Vorsicht geboten, wenn die Konstruktion 2010 halten soll. Zweitens strikte Abgrenzung zur national-sozialen Linken. Keine Strategie der offenen oder stillen Allianzen, der sogenannten „Duldung“, der faulen Kompromisse. Andrea Ypsilanti wird auf ihr selbstmörderisches Experiment im November verzichten müssen. Und für das Saarland die Weisung: Auch wenn die Kohorte des Hasardeurs Lafontaine stärker werden sollte als die SPD, ist dennoch und erst recht jede Kooperation abzulehnen. Es gilt, den Mini-Bonaparte zu isolieren. Irgendwann wird sich bis zu seinen Obergenossen in Berlin – und im Glücksfall auch zum Möchtegern-Kanzler Wowereit – herumsprechen, dass mit dem Demagogen Lafontaine kein Staat zu machen ist. Eine Linke, die glaubwürdig links sein will, kann ohne ein Mindestmaß an Honorigkeit nicht überleben. Drittens: Kanzlerin Merkel hat – ohne auf den Protest der Sozialdemokraten zu stoßen – bei Parteiveranstaltungen stets ihr Rednerpult mit der Formel „Die Mitte“ geschmückt. Also muss auf den Pulten der Sozialdemokraten wieder die gute alte „Neue Mitte“ stehen. Die Willy Brandts und Gerhard Schröders. Die Renaissance der Volkspartei SPD kann ohne die Rückeroberung der Mitte nicht gelingen. Foto: Picture Alliance

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