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Laura Breiling für Cicero

Cicero im Februar - Die Macht der Tatsachen

Ein halbes Jahr ist seit Angela Merkels Wir-schaffen-das-Appell an das Land vergangen. Der Wille der Kanzlerin war stark. Doch die Macht der Tatsachen ist stärker

Autoreninfo

Christoph Schwennicke war bis 2020 Chefredakteur des Magazins Cicero.

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Verzweiflung, Ratlosigkeit, Ohnmacht. Das sind die Gemütszustände, auf die man trifft, wenn man in diesen Tagen Unionsabgeordnete in ihren Berliner Büros besucht. Aber auch Angst, Duckmäusertum und Parteidisziplin bis zur Selbstaufgabe. Ein halbes Jahr ist seit Angela Merkels Appell an das Land und seine Bevölkerung vergangen, der ganzen Welt die Stärke der Bundesrepublik im Umgang mit dem Flüchtlingsstrom zu beweisen, sich nicht abzuschotten oder vor den Problemen wegzuducken. Es zeigt sich: Der Wille kann vielleicht Berge versetzen, aber keine Realitäten aushebeln. Die Macht einer Kanzlerin ist groß, aber die Macht der Tatsachen ist noch größer. Derzeit, so formuliert es Peter Sloterdijk im großen Interview in unserer Februar-Ausgabe, „melden sich die Tatsachen energisch zurück“, die Macht sei „auf der Flucht vor ihnen“.

Kräfte und Ressourcen erschöpft
 

Viel Raum für Flucht ist aber nicht. Angela Merkel steht mit dem Rücken zu praktisch jeder Wand. Die Partei bekommt Druck von der Basis und gibt ihn nach oben weiter. Auch die Bestgesinnten merken, dass Kräfte und Ressourcen erschöpft sind. Die Nachbarländer sind vom deutschen Alleingang in der Flüchtlingspolitik so düpiert, dass sie keinen europäischen Ausweg eröffnen, in dem sie selbst Flüchtlinge aufnehmen. Denn sie haben den begründeten Verdacht, dass die deutsche Kanzlerin mit ihren Worten und ihren Gruppenfotos mit glücklichen Neuankömmlingen eine große Woge in einen Tsunami verwandelt hat. Emblematisch ihr Selfie mit dem Syrer Shaker, den Cicero-Chefreporter Constantin Magnis in einer Spandauer Aufnahmeeinrichtung getroffen und ihn danach gefragt hat, wie es weitergegangen ist in seinem Leben nach dem berühmten Handy-Schnappschuss.

Warum hat Merkel das gemacht? Warum dreht sie nicht bei? „Sie kennen mich!“ war das stärkste Argument, das sie im Fernsehduell zu ihrer Wiederwahl ins Feld führte. Aber kannten wir sie wirklich? Das sind die Fragen, die sich die CDU-Parteifreunde im Bunde mit europäischen Staats- und Regierungschefs und immer mehr Bürgern in Deutschland stellen. Unsere Autorin Gertrud Höhler bietet in unserer Titelstrecke eine Antwort als „Merkels Masterplan“ an.

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