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Bayern - Seehofer gewinnt mit Merkelstrategie

Die CSU erobert die absolute Mehrheit in Bayern zurück. Horst Seehofer gewinnt die Landtagswahl mit der Strategie, mit der die Kanzlerin in einer Woche auch die Bundestagswahl gewinnen will: mit der politischen Zuspitzung auf sich selbst. Ein Kommentar

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Timo Stein lebt und schreibt in Berlin. Er war von 2011 bis 2016 Redakteur bei Cicero.

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Zurück zur Normalität. Zur bayerischen Normalität. Die CSU herrscht wieder allein in Bayern, bei der Landtagswahl an diesem Sonntag hat sie die absolute Mehrheit zurück gewonnen. Vergessen ist der historische Absturz von 2008. Damals hatten die Christsozialen ihre bereits als selbstverständlich geltende absolute Mehrheit erstmals seit dem Jahr 1962 eingebüßt. Fünf Jahre lang mussten sie daraufhin in einer Koalition mit der FDP regieren.

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Doch in Wirklichkeit gab es in der letzten Legislatur in dem Freistaat nur einen Alleinherrscher: Horst Seehofer. Die CSU war dem sprunghaften Ministerpräsidenten hörig. Die FDP nahm kaum jemand als Regierungspartei wahr. Seehofer regierte mit seiner CSU im Alleingang. Er umarmte die bayrische FDP quasi zu Tode. Gerade einmal drei Prozent reichen ihr nicht, um wieder in den Landtag einzuziehen. „In Bayern ticken die Uhren anders“, versuchte Philipp Rösler die Niederlage zu beschwichtigen. Dass es für die FDP allerdings auch im Bund längst fünf vor zwölf ist, dürfte nun endgültig in der Partei angekommen sein.

Die Bayern mögen klare Verhältnisse. Gerade einmal vier Parteien werden im neuen Landtag vertreten sein: So schafften es neben der CSU und der SPD, nur die Grünen und die Freien Wähler. Die Grünen seit 1986 im Freistaat parlamentarisch vertreten, konnten zumindest den in den Umfragen kolportierten Abwärtstrend stoppen. Zum anvisierten Regierungswechsel reicht dies indes nicht. Auch, weil der bei der SPD erhoffte Ude-Effekt ausblieb. Magere 21 Prozent stehen bei der SPD auf der Habenseite. Magere zwei Prozent Zugewinn im Vergleich zur letzten Landtagswahl. Wenn Andrea Nahles hier von einem „guten Ergebnis“ spricht, dann sagt das viel über den derzeitigen Zustand der Sozialdemokratie auch über die bayrischen Landesgrenzen hinaus aus.

Bayern ist keine Blaupause für den Bund

Doch was bedeutet der Wahlausgang für die anstehende Bundestagswahl in einer Woche?

Im Grunde nicht viel: Bayern ist Bayern und bleibt Bayern. Das Wahlergebnis ist beileibe keine Blaupause für den Bund. Dafür sind die politischen Verhältnisse im Freistaat zu speziell und die politische Konkurrenz im Bund stärker. Und dennoch lässt sich eines ablesen: Die Wähler lieben jenen alles überragenden Politikertyp, den alles absorbierenden Opportunisten an der Macht. Dies ist in Bayern nicht anders als im Bund.

Seehofer machte die Merkel. Und gewann. Seehofer stibitze den anderen Parteien ihre Themen, er war stets bemüht, die Bürger nicht mit Inhalten zu überfordern, und er trug dabei ein stetes, süffisantes Lächeln vor sich her. Auch politische Turbulenzen, wie die jüngsten Skandale rund um Vetternwirtschaft im Landtag, perlten einfach an ihm ab.

Der Herausforderer Christian Ude hatte in Bayern ein ähnliches Problem, wie es im Bund Peer Steinbrück hat. Beide gelten als zu intellektuell, beide sind vor allem Kandidaten für die Städte. Beiden fehlt ein Thema, das die Leute politisiert. Und in Bayern und im Bund fehlt Ihnen für eine erfolgreiche Kandidatur vor allem eines: die Wechselstimmung.

Angela Merkel wird mit dem Rückenwind aus Bayern nun noch ein bisschen staatsweibischer und präsidialer in die Endphase des Wahlkampfes schweben. Seehofer, der seine uneingeschränkte Macht einer tiefen Krise der CSU verdankt, hat seiner Partei wieder ein Alleinstellungsmerkmal verpasst: sich. Auch das ist eine Parallele zur Kanzlerin, die letztlich ebenfalls ein Krisenprodukt ihrer Partei ist und nun das alleinige Programm stellt. Für Bayern hat das gereicht. Ob das auch im Bund genügt, entscheidet sich in sieben Tagen.

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