Israelische Soldaten gewinnen die Kontrolle über den Kibbuz Be'eri zurück, der zuvor von Terroristen der Hamas überfallen worden war / dpa

Iran und Israel - Erhöhtes Risiko eines größeren Konflikts

Die Gegenoffensive Israels wird die Kriegsführungsfähigkeiten der Hamas ernsthaft beeinträchtigen. Die Hisbollah und andere iranische Stellvertreter an Israels Nordflanke werden jedoch eine längerfristige Bedrohung bleiben.

Autoreninfo

Kamran Bokhari ist Experte für den Mittleren Osten an der Universität von Ottawa und Analyst für den amerikanischen Thinktank Geopolitical Futures.

So erreichen Sie Kamran Bokhari:

Der beispiellose Angriff der Hamas auf Israel stellt einen Wendepunkt in dem seit vier Jahrzehnten andauernden Konflikt zwischen dem Iran und Israel dar. Er ist der Höhepunkt der Bemühungen des schiitisch-islamistischen Regimes, die chronischen Unruhen in der arabischen Welt, insbesondere den israelisch-palästinensischen Konflikt, auszunutzen und sich in der strategischen Umgebung des jüdischen Staates zu verschanzen. Die Gegenoffensive Israels wird die Kriegsführungsfähigkeiten der Hamas wahrscheinlich ernsthaft beeinträchtigen. Die Hisbollah und andere iranische Stellvertreter an Israels Nordflanke werden jedoch eine längerfristige Bedrohung bleiben.

Keine Beweise für eine direkte Beteiligung

Israelische und US-amerikanische Sicherheitsbeamte behaupten, sie hätten keine eindeutigen Erkenntnisse über eine Beteiligung des Irans an dem äußerst raffinierten Angriff vom 7. Oktober, bei dem Hunderte von Hamas-Kämpfern mehrere israelische Gemeinden entlang der Grenze zum Gazastreifen angriffen, mehr als tausend Menschen töteten und etwa 150 weitere entführten. Der nationale Sicherheitsberater der USA, Jake Sullivan, erklärte am 10. Oktober gegenüber Reportern, dass „der Iran im weitesten Sinne an diesem Anschlag beteiligt ist“, dass Washington aber bisher keine Beweise für eine direkte Beteiligung Teherans habe.

Sullivan ergänzte, die US-Geheimdienste arbeiteten hart daran, die genaue Rolle der Islamischen Republik bei dem Anschlag zu ermitteln. Zuvor hatte der Sprecher der israelischen Verteidigungskräfte, Major Nir Dinar, in einer Pressekonferenz am 9. Oktober gesagt: „Nur weil man keine Beweise hat, heißt das nicht unbedingt, dass der Iran nicht dahinter steckt.“ Er gab ferner zu bedenken, dass Israel über „keine Beweise oder Belege“ für eine iranische Beteiligung verfüge, es aber eben auch keine eigenen Geheimdienstinformationen gegeben habe, die den Angriff hätten kommen sehen.

Normalisierung der Beziehungen zu Israel

In einer vorangegangen Analyse habe ich die Strategie erörtert, welche Saudi-Arabiens Bemühungen um eine Normalisierung der Beziehungen zu Israel untermauert, die in den zurückliegenden Wochen an Dynamik gewonnen haben. Riad ist zutiefst besorgt darüber, dass der Iran und die Hamas den sich abzeichnenden Zusammenbruch der Palästinensischen Autonomiebehörde als Chance sehen, ihren Einfluss über den Gazastreifen hinaus auf das Westjordanland auszudehnen. Daher hoffte der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman auf eine Vereinbarung mit den Israelis, die es dem Westjordanland ermöglicht, sich gegen die von Teheran unterstützte radikal-islamische palästinensische Bewegung zu wappnen. Aus Sicht der Hamas und des Irans bedrohte die saudi-israelische Diplomatie – die sie auf absehbare Zeit torpediert zu haben scheinen – ihre eigenen strategischen Ambitionen.

Der Angriff dient auch einem anderen wichtigen iranischen Interesse. Seit mehreren Jahren war Teheran Ziel verdeckter israelischer Geheimdienstoperationen, die auf iranische Atomwissenschaftler und Einrichtungen abzielten. Im Januar 2020 erlitt der Iran einen weiteren schweren Schlag, als ein US-Drohnenangriff Generalmajor Qassem Soleimani tötete, den Befehlshaber der Quds-Truppe, der für Auslandseinsätze zuständigen Abteilung des Korps der Islamischen Revolutionsgarden. Soleimani hatte Jahrzehnte damit verbracht, das Stellvertreternetz des Iran, zu dem auch die Hamas und der Palästinensische Islamische Dschihad gehören, in der gesamten arabischen Welt aufzubauen. Seine Ermordung sowie die israelischen Angriffe und die schweren innenpolitischen und wirtschaftlichen Turbulenzen im Iran bedrohten ernsthaft die Glaubwürdigkeit Teherans in seinem eigenen Ökosystem.

Die Iraner waren daher gezwungen, den Eindruck zu zerstören, dass ihr Regime im Niedergang begriffen war. Der Angriff vom 7. Oktober mag ihnen in dieser Hinsicht einen gewissen Erfolg beschert haben, aber er ist mit einem hohen Preis verbunden. Das Ausmaß des Hamas-Anschlags hat das Risiko eines größeren Konflikts zwischen Iran und Israel erhöht. Seit das klerikale Regime Anfang der 1980er Jahre seinen wichtigsten Stellvertreter, die Hisbollah, gegründet hat, befinden sich Israel und der Iran in einem lang anhaltenden indirekten Konflikt auf den Schlachtfeldern Libanon, Gaza, Syrien und Irak.

Innerarabische und arabisch-israelische Konflikt

Der Iran instrumentalisierte innerarabische und arabisch-israelische Konflikte sowie solche, an denen die Vereinigten Staaten beteiligt waren, um sich als Anführer der so genannten Achse des Widerstands zu positionieren. Mit dieser Strategie konnte Teheran lange Zeit einen direkten Konflikt mit Israel vermeiden. Mit Ausnahme gelegentlicher verdeckter Operationen, die auf das iranische Atomprogramm abzielten, hat sich Israel weitgehend darauf konzentriert, Teherans Stellvertreter zu treffen.

 

Mehr zum Thema: 

 

Doch nach dem Angriff vom 7. Oktober ist dies möglicherweise nicht mehr möglich, vor allem angesichts der massiven Geheimdienst-Pannen. Israel kann nicht mehr darauf vertrauen, dass seine bisherige Strategie ausreicht, um die iranischen Stellvertreter in der Levante in Schach zu halten, wo Israel mit der Hisbollah und anderen pro-iranischen Milizen konfrontiert ist, die eine viel größere Bedrohung darstellen als die Hamas. Selbst jetzt, da es sich auf eine größere Bodenoffensive im Gazastreifen zubewegt, von dem es Teile wiederbesetzen könnte, ist Israel zutiefst besorgt über die Eröffnung einer zweiten Front durch die Hisbollah.

Aus diesem Grund sagte der Vorsitzende der US-Stabschefs, General Charles Q. Brown: „Wir wollen nicht, dass sich diese Situation ausweitet, und wir wollen, dass der Iran diese Botschaft laut und deutlich hört.“ Unterdessen überlegt das Pentagon, ob die USS Dwight D. Eisenhower die bereits im östlichen Mittelmeer stationierte USS Gerald R. Ford ablösen oder ob es beide Trägerkampfgruppen in dem Gebiet belassen soll. Washington muss davon ausgehen, dass der Iran plant, die Hisbollah und andere Kräfte in Syrien zu aktivieren, um die israelische Militäroperation in Gaza zu stören. Es ist unwahrscheinlich, dass der Iran und die Hisbollah die Hamas bei dem Angriff unterstützt hätten, um sie dann mit der verheerenden Antwort Israels allein zu lassen.

Die alte israelische Strategie

Das Ausmaß des Hamas-Angriffs hat die alte israelische Strategie auf den Kopf gestellt, dem Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen mit regelmäßigen Militäroperationen zu begegnen, die seit 2008 vier Kriege umfassten. Die Hamas hat einen Durchbruch bei der Technik demonstriert, und die Israelis können nicht zulassen, dass sie auf diesen Erfolgen aufbaut. Ihre andere Priorität ist die Rettung der Geiseln. Die Neutralisierung der Hamas wird jedoch wahrscheinlich eine viel größere Militäroperation erfordern, als wir sie bisher erlebt haben. Die Gegenoffensive, die auf einen Regimewechsel im Gazastreifen abzielt, wird wahrscheinlich viele palästinensische Todesopfer fordern und die Region möglicherweise destabilisieren.

Ein solches Ergebnis würde exakt jene Bedingungen in der Region schaffen, die der Iran anstrebt, und Teheran würde sie maximal ausnutzen. Der Iran, die Hamas und die Hisbollah haben dies bis ins kleinste Detail durchgespielt, wobei sie insbesondere die innenpolitische Spaltung Israels berücksichtigt haben. Sie wollen, dass Israel massiv zurückschlägt, um eine große internationale Krise heraufzubeschwören, die ihnen den Spielraum für ihren Vormarsch geben könnte.

Israel wird es wahrscheinlich gelingen, die Offensivkräfte der Hamas zu schwächen, aber dadurch wird sich das Palästinenserproblem weiter verschärfen. In der Zwischenzeit hat Israel keine guten Lösungen für die Bedrohung durch den Iran und seine Stellvertreter-Milizen, die sich in einem Bogen an Israels Nordgrenze befinden.

In Kooperation mit

GPF

 

Guido Steinberg im Gespräch mit Alexander Marguier
Cicero Podcast Politik: „Wir haben das strategische Denken verlernt“

Bei älteren Beiträgen wie diesem wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen. Wir bedanken uns für Ihr Verständnis.

Christa Wallau | Sa., 14. Oktober 2023 - 15:36

mit einer brachialen Aktion und unter großen eigenen Opfern den Gaza-Streifen zu räumen und zu kontrollieren, aber damit ist der Konflikt mit den haßerfüllten Nachbarn natürlich nicht gelöst.
Die Palästinenser mögen danach dezimiert sein, aber ein Teil von ihnen existiert weiter und verlangt die Anerkennung seiner Rechte.
Der Haß auf Israel besteht weiterhin.

Ich bin davon überzeugt, daß sich n i e m a l s ein dauerhaft friedliches Zusammenleben der Völker bzw. Kulturen/Religionen in Nahost geben wird.
Dies bedeutet: Israel muß weiterhin sehr wehrhaft bleiben, und die unbedingte Unterstützung durch die USA ist auch in Zukunft für diesen Staat lebenswichtig.

ich denke Sie sehen die Sache richtig. Der russische Aussenminister schwafelte letzthin von der Schaffung eines palästinensischen Staates als ultimative Friedensmöglichkeit, aber das ist Unsinn, das würde das Problem nur maskieren. Wichtig ist die massive Unterstützung Israels durch den Westen und die enge Überwachung der Aktivitäten des Irans - ich vermute auch, dass der Iran das Ganze unterstützt, aber er ist ein Meister im Verschleiern.

FRIEDLICHE KOEXISTENZ zwischen dem Islam & einer andern Nation auf dieser Welt!

Egal ob Afrika, Pakistan, China, Indien oder sonst wo.
Wo der egozentrische Islam auftaucht, ist der Frieden vorbei.

Der Islam ist keine auf Frieden, Harmonie & Gleichheit strebende Glaubensrichtung!

Und all jene Troja-Terroristen, die diese Menschen nach Europa schleusen,

wollen bewusst NICHT HELFEN ==> Sie wollen einen Bürgerkrieg anzetteln.
Aber das werden die meisten erst begreifen, wenn das Kind schon längst im Brunnen gefallen ist & das Wasser verseucht wurde!

Es ist wie Sie sagen. Überall dort, wo der Islam auftaucht gibt es keinen Frieden. Sei es unter anderem in Myanmar, Indien, Sri Lanke, Afrika oder jetzt in Europa.
Der Islam ist eine Ideologie der Unterwerfung und des Hasses. Geschrieben steht übrigens alles schon im Koran. Der Ausdruck Troja-Terroristen für diese Schlepper (Kirchen, NGO's und Politik) ist absolut zutreffend.
Aber Sie sagen es: ""Aber das werden die meisten erst begreifen, wenn das Kind schon längst im Brunnen gefallen ist & das Wasser verseucht wurde!""
@Frau Christa Wallau @Henri Lassalle - auch Ihnen stimme ich zu.

Ingo Frank | Sa., 14. Oktober 2023 - 19:57

den Gaza- Streifen komplett platt zu machen und sich so hochzurüsten, dass sich kein Nachbar des Staates Israel sich traut, diesen militärisch anzugreifen ohne selbst Gefahr zu laufen, komplett zerstört zu werden.
Mit freundlichen Grüßen aus der Erfurter Republik

Genauso sehe ich das auch, ich glaube, das wird der einzige Weg sein, diese islamistischen Terroristen in Schach zu halten. Man muß in der Sprache antworten, die die verstehen. Jeden einzelnen Hamas/Hisbollah-Verbrecher umzulegen, haben nicht mal die USA im Irak und Afghanistan geschafft. Da hilft nur großflächige waffenstarrende Abschreckung Israels mit sofortiger Konsequenz bei Übertretungen. Anders wird man dem nicht beikommen können.

Christoph Kuhlmann | So., 15. Oktober 2023 - 02:10

Damit dürfte selbst der Iron Dome überfordert werden können. Diese Raketen müssen am Boden zerstört werden. Die lagern wahrscheinlich unter Schulen, Krankenhäusern und in Wohngebieten. Laut Kriegsrecht ist eine Partei, die ihre Truppen und Waffen nicht sauber von der Zivilbevölkerung trennt, für die Kollateralschäden verantwortlich. Doch diese müssen natürlich im Rahmen der Verhältnismäßigkeit sein. Sonst trägt auch die andere Seite Verantwortung an den Opfern. Israel ist da sehr sensibel. Aber ich ahne, was uns bevorsteht. Jede Menge Bilder von arabischen Zivilopfern und kein einziges von den zerstörten Raketen, die hinter und unter den Zivilisten versteckt wurden. Der Iran wird versuchen, sich in der weitgehend antisemitischen arabischen Welt als heldenhafter Gegner Israels zu präsentieren. Die Frage ist jedoch, was tun die Sunniten. Sie sind in den Konflikten der letzten Jahrzehnte permanent übervorteilt worden und sehen sich durchaus auch vom schiitischen Halbmond bedroht.

Ja, das ist eines der vielen geistigen Krankheiten im Islam, dass sich die Gotteskrieger - egal ob sunnitisch oder schiitisch - gerne mit menschlichen Schutzschilden umgeben und sei es die eigene Bevölkerung - wozu sonst die hohen Reproduktionsraten?
Die iranischen Mullahs sind in aller Regel innenpolitisch abscheulich repressiv, aber darin unterscheiden sie sich in nichts von unseren saudischen und katarischen Freunden! Der derzeitige junge, dynamische saudische König ist ein feiger Mörder, wie alle Welt weiß!
Trotzdem sollten wir uns bez des Iran mit vorschnellen Urteilen zurückhalten - die Mullahs stehen seit der Revolution Ayatollah Khomeinis seit über 40 Jahren unter extremem außenpolitischen Druck, zuerst Irak unter Saddam Hussein, natürlich den USA, die ihm Waffen und Giftgas geliefert haben, aber auch Israels, aus bekannten Gründen. Nach dem grausamen Krieg gegen Irak, gab es einen permanenten Krieg der Nadelstiche. Nur so konnten sich bigotte Erzmullahs an der Macht halten!

"... die Sunniten. Sie sind in den Konflikten der letzten Jahrzehnte permanent übervorteilt worden." - Sorry, Herr Kuhlmann, das kann ich keineswegs bestätigen! Wie konnte sich denn der sunnitische Terror und später der sunnitische Gottesstaat der IS im Irak in Syrien ausbreiten? Syrien war ein in Ansätzen westlich orientierter, laizistischer Staat! Es waren die USA, die Türkei und auch Israel, die unter Bushs Banner "War on terror" die terroristischen Sunniten und den IS nicht nur gewähren ließen, sondern auch noch gegen Syrien, gegen die Kurden, Jesiden militär. unterstützten. Es waren allein die Iraner und die Russen, die den IS dort militär. besiegt haben. Insbesondere hat sich der Kommandeur der Quds-Brigaden, Soleimani, dabei große Verdienste erworben - zum Dank haben ihn die Amis vor drei Jahren hinterhältig gemeuchelt.
Sorry, leider ist das Bild dortalles andere als schwarz-weiß! Deshalb kann man für Israel nur wünschen und hoffen, den Krieg auf Gaza begrenzt zu halten!

Brigitte Simon | Mo., 16. Oktober 2023 - 05:09

Der Islam gehört zu Deutschland drohte Expräsident Wulff. Andersdenkende werden
gnadenlos bestraft.
Gezeichnet die schwarz-rote Regierung,
gezeichnet die Ampel,
gezeichnet Gauck
gezeichnet Scholz,
gezeichnet Merkel,
gezeichnet die deutsche Politik
gezeichnet der Islam
hervorzuheben Faeser mit Antifa
es lebe der Islam