Michel Barnier / dpa

Misstrauensvotum - Opposition stürzt Frankreichs Regierung

Nach nicht einmal drei Monaten ist die Mitte-Rechts-Regierung von Michel Barnier in Frankreich am Ende. Dem Land droht Stillstand. Auch für Europa dürfte der Regierungssturz nicht folgenlos sein.

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Mit einem Misstrauensvotum hat die Opposition in Frankreich die Mitte-Rechts-Regierung von Premierminister Michel Barnier zu Fall gebracht. Marine Le Pens Rechtsnationale und das linke Lager stimmten in der Nationalversammlung gemeinsam gegen die Regierung und erreichten so die nötige Mehrheit. Insgesamt 331 der 577 Abgeordneten entzogen dem Kabinett das Vertrauen. Barnier muss nun seinen Rücktritt und den Rücktritt der Regierung bei Präsident Emmanuel Macron einreichen. Das Amt des Staatschefs berührt das Misstrauensvotum nicht.

Der Fall der Regierung stürzt Frankreich in eine tiefe politische Krise. Eine Parlamentsneuwahl ist erst im kommenden Sommer wieder möglich. Das Kräfteverhältnis bleibt somit unverändert eine Pattsituation. Weder das linke Lager, das die Parlamentswahl im Sommer gewann, noch Macrons Mitte-Kräfte und auch nicht die Rechtsnationalen um Marine Le Pen und ihre Verbündeten haben eine eigene Mehrheit. Die Regierungssuche dürfte erneut schwierig werden. Dass es am Ende für mehr als eine Minderheitsregierung reicht, scheint unwahrscheinlich.

Auch Macron unter Druck gesetzt

Nach Deutschland droht damit auch die zweite Säule des wichtigen deutsch-französischen Motors in Europa in zeitweisen politischen Stillstand zu rutschen und sich vor allem um ihre innenpolitischen Probleme kümmern zu müssen. Macrons Amt bleibt von dem Misstrauensvotum unberührt. Er ernennt als Präsident aber den Premierminister. Nach der Parlamentswahl hat er sich stark in die Regierungssuche eingebracht und dürfte dies nun wieder tun.

Zudem lässt der Regierungssturz auch ihn nicht unbeschadet zurück. Der Staatschef hatte Barnier nach langen Sondierungen zum Premier ernannt, seine Mitte-Kräfte regierten mit. Die Opposition dürfte nun versuchen, Macron aufgrund der komplizierten politischen Verhältnisse zu einer vorgezogenen Präsidentschaftswahl zu drängen. Bisher hatte Macron dies stets abgelehnt.

Nötiger Sparhaushalt nicht verabschiedet

Misslich ist die politische Krise auch für Frankreichs Wirtschaft. Das Land hat eine zu hohe Neuverschuldung. Barnier wollte diese wieder in den Griff bekommen. Seine Regierung scheiterte am eskalierenden Streit um den Sparhaushalt. Sie dürfte als eine der kürzesten Regierungen in die jüngere französische Geschichte eingehen.

dpa

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Henri Lassalle | Mi., 4. Dezember 2024 - 23:04

Nationalversammlung verfolgt. Er warnte vor den möglichen wirtschaftlichen und politischen Folgen des kommenden Stillstands. Diese Folgen könnten auch Deutschland berühren, denn beide Länder sind wirtschaftlich verzahnt.
Ein ehrenwerter Mann, Monsieur Barnier, aber ein wenig naiv: Er hat Le Pen unterschätzt. Schliessslich musste mehr oder weniger passiv das sich abzeichnende Debakel mitansehen.

Christoph Kuhlmann | Do., 5. Dezember 2024 - 01:32

Die französische Revolution hat Gott durch die Vernunft des Menschen ersetzt und ist dabei an derselben Subjektivität, wie zuvor die Religion. Die imaginäre Fremdreferenz in Form eines allmächtigen Gottes entfiel und wurde durch die Institution des Staates ersetzt. Über Ontologie haben die Franzosen ja nie lange nachgedacht. Derrida machte es sich mit cogito ergo sum ziemlich einfach. Aber der deutsche Idealismus fand auch keine Antwort. Was er allerdings a bewies, war die Unfähigkeit die wesentlichen sozialen Kausalitäten ihrer Zeit in Worte zu fassen. Genau daran scheitert die französische Republik. Viel zu viel theoretisch abgeleitete Normen und viel zu wenig wirtschaftlich relevante Fähigkeiten und Freiheiten. Wenn alle bei einer 35 Stunden Woche mit 60 in Rente gehen wollen bekommt der Staat finanzielle Probleme. Europa wird das Stottern des französisch-deutschen Motors ganz gut tun. Es gibt schließlich 27 Mitgliedsstaaten und die sind möglicherweise vernünftiger. Subjektiv.

Marcus Aurelius Josef Johannes Horst Franz Josef Keller | Do., 5. Dezember 2024 - 03:53

Das ist das Ergebnis, wenn versucht wird, gegen offensichtliche Mehrheiten im Parlament zu regieren. In Österreich wird es m.E. über kurz oder lang auch zu vergleichbar chaotischen Verhältnissen kommen.
Auch wenn es den Mainstream-Medien nicht passt, - die Wähler haben genug von den hohlen Versprechen der Politik. Sie erkennen den massiven Wohlstandsabbau in Europa.

Tomas Poth | Do., 5. Dezember 2024 - 10:53

Deutschland, Italien, Niederlande usw..
Es wird zeit das sozialistische Brüsseler Monster über die Klippe gehen zu lassen. Die EU muß sich komplett neu aufstellen. Der sozialistische EU-Zentralismus muß abgeschafft werden.
Eine Koordinierungstelle für europäische Angelegenheiten der souveränen Mitgliedsstaaten wäre völlig ausreichend.