- Der Mann fürs Erwartungsmanagement
Kolumne: Leicht gesagt. Was geschieht mit den weiteren 31.000 Asylsuchenden, die Deutschland aufnimmt? Das muss der neue BA/BAMF-Chef Frank-Jürgen Weise am Donnerstag beim Flüchtlingsgipfel im Kanzleramt erklären. Er weiß, dass da nicht nur Landärzte kommen, sondern viele arbeitslos bleiben könnten
Es sagt sich leicht, nun alles schneller zu machen bei der Flüchtlingsarbeit. Tatsächlich sind jetzt wesentliche Voraussetzungen dafür geschaffen worden, genau genommen zwei: die Verteilung innnerhalb der EU sowie das Management der Aufnahme in Deutschland.
Natürlich kann die Einigung der europäischen Innenminister nur ein Anfang sein. Denn es geht dabei vorerst nur darum, wie die 120.000 Kriegsflüchtlinge aufgeteilt werden, die seit Wochen warten in Auffanglagern in Italien und Griechenland. Doch immerhin hat sich hier die Mehrheit der EU-Staaten durchgesetzt – und ein Exempel statuiert.
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Daran werden sich auch die überstimmten Gegner halten müssen. Und das werden sie am Ende tun, auch wenn sie noch zetern und wie der slowakische Regierungschef Fico über das „Diktat“ schimpfen, dem sie sich verweigern würden. Ihren innenpolitisch begründeten Widerstand werden sie jedoch eben mit Verweis auf die EU-Verpflichtung leichter aufgeben können.
So viele Flüchtlinge wie eine Kreisstadt
Deutschland wird nach dem Verteilungsschlüssel von diesen 120.000 Flüchtlingen 31.000 zu sich holen. Das entspricht der Einwohnerzahl einer Kreisstadt. Die Kommunen erwarten nun eine zügige Aufteilung. Der Geschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, Gerd Landsberg, verlangt im Deutschlandfunk, dass etwa Ärzte jetzt unbürokratisch anerkannt und eingesetzt werden sollten.
Dafür gibt es nun eine neue Zuständigkeit. Wie es scheint, musste der Bundesinnenminister dafür Kompetenzen abgeben: an die Bundesarbeitsministerin; CDU an SPD, Thomas de Maizière an Andrea Nahles. Das aber so zu sehen, wäre politische Kleinkrämerei. Denn tatsächlich ist eine sinnvolle Verbindung aus beiden Häusern entstanden, für die ein bekanntes Gesicht steht: Frank-Jürgen Weise. Er soll es nun richten. Als Vorstandsvorsitzender der Bundesagentur für Arbeit (BA) – also Nahles unterstellt - ist er seit Dienstag nun auch noch Präsident des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) – und somit de Maizières Mann.
Weise, geboren in Sachsen und aufgewachsen in Bayern, ist 63 Jahre alt und hat Führung in seinen zwölf Jahren als Zeitsoldat bei der Bundeswehr gelernt. In dieser Zeit hat er Betriebswirtschaft studiert, wurde später Controller und brachte Firmen an die Börse. Er ist Oberst der Reserve, gilt als extrem gut strukturierter Manager. Seit 2004 ist er BA-Chef und hat die Behörde maßgeblich modernisiert. Nun wird gleiches von ihm für das als überfordert geltende BAMF erwartet. Die BA ist mit über 104.000 Mitarbeitern der größere Teil als das bislang kleine BAMF, das von 2800 auf etwa 4800 Mitarbeiter aufgerüstet werden soll.
Vor-Ort-Teams der Bundesagentur
Die Idee der Zusammenführung klingt einleuchtend. Kriegsflüchtlinge in Deutschland sollen nun möglichst direkt dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. „Wir wollen kurzfristig erreichen, dass die offenen Stellen schneller besetzt werden. Und dazu bietet Herr Weise seine ganze Infrastruktur an, erklärt der Innenminister die Entscheidung.
Die Infrastruktur sieht so aus, dass fortan Arbeitsberater in Aufnahmelager kommen und die dortigen Kriegsflüchtlinge befragen. Die müssen sich also nicht mehr beim Bundesamt für Migration Flüchtlinge melden, um Asyl zu beantragen. Das erledigt die BA mit ihren Vor-Ort-Teams. Schon mit dem Herkunftsland ihrer Klienten erfassen sie, wer bleiben darf und wer gehen muss, trennen also bei der Erstbefragung zwischen Kriegs- und Wirtschaftsflüchtling.
So jedenfalls stellt es der Innenminister als Ideal dar: Er wolle „den gesamten Prozess“ von Betreten des Landen bis zur Ausreise oder der Erreichung eines Arbeitsplatzes „analysieren, verbessern und feststellen, wo wer welche Arbeit besser machen kann als bisher“. Die BA-Leute fragen also als nächstes die Kriegsflüchtlinge nach ihren Fähigkeiten, ihrer Ausbildung und verteilen sie dorthin, wo Deutschland Mangel hat.
Frank-Jürgen Weise wird Erwartungsmanagement betreiben müssen
Doch was in der Theorie klar klingt, wird in der Praxis doch recht verschwommen sein. Ingenieure aus Aleppo werden nicht unbedingt den Erwartungen in Sindelfingen entsprechen. Es werden auch nicht alle Mediziner geeignete Landärzte für die Lausitz sein.
BA/BAMF-Chef Weise erwartet eine gewaltige Aufgabe: „Wir müssen damit rechnen, dass wir Hunderttausende zur Beratung und letztlich zur Integration in Arbeit als Menschen bei uns haben.“ Mit anderen Worten: Wir werden auch jede Menge neuer Arbeitsloser bei uns haben, deren Vermittlung mitunter schwierig sein wird.
Diese Botschaft wird auch dazu gehören, wenn Weise an diesem Donnerstag auf dem Flüchtlingsgipfel von Bund und Ländern im Kanzleramt seine konkreten Pläne vorstellen wird. Denn bei aller wahren Freude der Bundesregierung über den Integrations-Optimismus in Deutschland muss sie auch Erwartungsmanagement betreiben, den Menschen sagen, dass nicht alles einfach wird. Frank-Jürgen Weise könnte ihr dabei helfen.
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