- Beaujolais Primeur und Glühwein – muss das sein?
Mit einer Mischung aus Erstaunen und Entsetzen muss unser Genusskolumnist auch in diesem November konstatieren, dass Millionen Menschen zwei äußerst zweifelhaften Getränken zusprechen: Beaujolais Primeur und Glühwein. Daher fühlt er sich berufen, seine Warnungen zu erneuern.
Als Geschmackspolizist könnte man manchmal schier verzweifeln. Da erlässt man eine Fatwa nach der anderen und droht mit drakonischen Strafen – und niemanden interessiert das. Oder man versucht es im Guten, äußert ein gewisses Verständnis für die Missetaten und baut Brücken zur Überwindung des Frevels – klappt auch nicht.
Aber ich gebe nicht auf. Zu groß ist der genusskulturelle Schaden, der durch zwei eigentlich nicht verkehrsfähige „Genussmittel“ angerichtet wird. Zu deprimierend ist die sich jährlich mit Beginn der kalten Jahreszeit wiederholende Verspottung und Entwürdigung einer der edelsten Getränke der Menschheitsgeschichte. Und daher durchbreche ich ausnahmsweise die mir selbst auferlegte Maxime als Genusskolumnist, ein bereits behandeltes Thema möglichst nicht nochmals aufzugreifen, jedenfalls nicht in ähnlicher Weise. Doch in diesem Fall geht es einfach nicht anders.
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gebe ich Ihnen recht, diese Plörre ist ein Todsünde, meist aus der Kategorie Chateau Migraine.
Als gebürtiger Hesse bevorzuge ich ohnehin einen guten heißen Äppelwei, aber den kennt man in Berlin wohl nicht. Was den Primeur angeht, ein Artikel, den niemand braucht.
„Chateau Migraine“
Draußen hängen die Wolken tief, der Himmel ist schwarzgrau, es riecht nach Regen, kein Sonnenstrahl durchdringt das Zimmer. Aber Sie haben mich zum Lachen gebracht. Danke.
Herr Balcerowiak. Ihr Bashing anderer Überzeugungen wird zunehmend härter. Ist das nötig?
Sicherlich kann man unterschiedlicher Meinung über die Getränkegewohnheiten der Menschen sein, jedoch nicht jede Person wird sich einen gut gefüllten und bestens sortierten Weinkeller leisten können. Es sei denn man ist Cicero Kolumnist. Es gibt Menschen die bilden sich auf eben diesen Weinkeller und ihre angeblichen Weinkenntnisse `ne Menge ein. Schaut man hinter die Kulissen, wundert man sich über deren Einseitigkeit, die offensichtlich aus einem neureich Wohlergehen resultiert. Vielleicht nicht sie.
Ich denke es gibt viele Menschen die in diesen und früheren Zeiten nicht viel zu lachen haben und hatten. Da kann ein Glühwein oder ein Primeur, in weihnachtlicher Stimmung, durchaus hilfreich sein. Nebenbei: Passen sie auf, daß sie nicht vom selbst ernannten "Geschmackspolizisten" weiter in Richtung Gesinnungs... abrutschen.
Denn sie wissen ja: Hochmut kommt vor dem Fall. Wohlsein.
Probieren Sie es mal mit gutem Winzerglühwein an der Ahr oder Mosel. Nicht süss und chemisch hergestellt. Da kann man sich ein Gläschen gönnen.
Beim Glühwein geht es nicht um Weinkultur, sondern um profane Weihnachtskultur, lieber Herr Balcerowiak. Es ist der Duft von Zimt und andern Gewürzen, mit dem Duft von Wein vermischt, der die Menschen, wenn sie durch die Gassen schlendern, umfängt und weihnachtliche Stimmung entfaltet. Lebkuchengeruch und Schwaden aus Kerzenwachs und Bratwurstdunst vermengen sich mit dem Glühweinbouquet. Der eine empfindet das als Gestank, beim andern erzeugt es Wohlgefühl.
So wenig, wie man einen Blasmusik-Marsch mit der Theorie der Sonatenhauptsatzform oder ein Stück des Ohnsorg-Theaters mit klassischer Dramenlehre analysieren kann, so wenig kann man Glühwein nach den Regeln der gehobenen Weinlehre beurteilen. Das sind einfach verschiedene Genres. Lassen wir doch jedem sein Pläsier.
(Persönlich meide ich übrigens Weihnachtsmärkte seit ein paar Jahren. Ich empfinde das gesamte Getue als aufgesetzt. Aber das ist meine ganz persönliche Ansicht. Jedem, dem's gefällt, wünsche ich einen angenehmen Besuch.)
Danke Herr Hechinger, ich möchte mich Ihren Ausführungen voll anschließen.
Ich genieße Glühwein in der kalten Jahreszeit, allerdings selbstgemacht und im warmen Zuhause.
Man muss ihn natürlich selber machen. Wie macht ihr ihn? Einen langweiligen Wein, aber nicht einen aus dem Tretapack. Winterliche Gewürze, also nach Geschmack Piment, Zimt, Sternanis, Nelke, Orangenschale? Und nicht zuviel Zucker, dafür einen Schuß Rum, oder Ähnliches?
Verhaften Sie mich Herr Geschmackspolizist! Denn auch ich stand schon wieder widerrechtlich vorm Motorenöl-Regal;). Obwohl ich es eigentlich besser wissen müsste nachdem ich im letzten Jahr meine Geschmacksnerven mit einem natürlich doppelt so teuren "Bio-Glühwein" auf eine ziemlich harte Probe stellte. Ein aufgewärmtes Gläschen reichte GSD aus um mich des noch größeren Elends der Welt gewahr werden zu lassen. Ich trinke warum auch immer bzw. völlig unabsichtlich das ganze Jahr über so gut wie keinen Alkohol außer meinen nicht immer gelungenen Cocktails und Longdrinks an der Urlaubsbar und wie gesagt besagtes Motorenöl auf dem Weihnachtsmarkt oder daheim. Bin also weit entfernt von jeglicher Trinkfestigkeit. Doch wie wäre es mit einem weniger sündhaften "legalen Rezept" zum selberpanschen Herr Balcerowiak? Sozusagen um die schlimmsten Schäden abzuwenden? LG
bin ich froh, dass ich den Beaujolais Primeur nie probiert habe. Glühwein ist ein Garant für Migräne.
In unserem Dorf gab es eine Beiz, die verkaufte im Winter das sogenannte "Apachenblut", eine Erfindung der überaus geschäftstüchtigen Wirtin: 10cl Kirsch, viel Zucker, ca.1dl Montagner! heisses Wasser. Sehr beliebt, auch bei den Bauern, die aus der Kälte kamen. Ohne Zucker hätte das kein Mensch getrunken.
Und der Name wäre heute vielleicht verboten.
den Glühwein, der auf Märkten oder sonst wo angeboten wird, nahezu ekelhaft. Besser ist, man erfindet seine eigene Komposition. Was den Primeur an: Kommt auf den Jahrgang an und die Herkunft an.