Von dem sonst durch die Länder so hochgelobten Bildungsföderalismus wollen diese plötzlich nichts mehr wissen: Sprach-Kita in Berlin / dpa

Sklerotischer Bildungsföderalismus  - Bund stellt Sprachförderung an Kitas ein 

Der Bund will seine Sprachförderung an Kitas zum Ende des Jahres einstellen. Die Länder sind empört über diese Maßnahme. Vom sonst so hochgelobten Bildungsföderalismus wollen sie auf einmal nichts mehr wissen. Zum Föderalismus gehört aber auch die Pflicht der Länder, die finanzielle Verantwortung für ihre Programme zu tragen.

Porträt Mathias Brodkorb

Autoreninfo

Mathias Brodkorb ist Cicero-Autor und war Kultus- und Finanzminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Er gehört der SPD an.

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In dieser Woche kündigte der Bund an, seine Sprachförderung an Kitas zum Ende des Jahres einzustellen. Seit über zehn Jahren beteiligt er sich mit erheblichen Summen an der Sprachbildung der Kleinsten. Seinerzeit wurde der Bund vor allem deshalb aktiv, weil der Anteil von Kindern nichtdeutscher Herkunft Jahr um Jahr anstieg. Insbesondere in Kitas in sozialen Brennpunkten wurde der Spracherwerb dadurch immer schwieriger. Und dagegen sollte etwas getan werden. 

Wie nötig und berechtigt derartige Programme sind, zeigte erst kürzlich eine wissenschaftliche Studie zu den Sprachkompetenzen von Grundschülern der vierten Klassen. Die missliche Botschaft: Die getesteten Viertklässler verloren gegenüber ihren Altersgenossen aus dem Jahre 2016 im Lesen ein Drittel eines Schuljahres, im Zuhören die Hälfte eines Schuljahres und in Rechtschreibung ein Viertel eines Schuljahres. Dass es sich vermutlich um einen Langfristtrend und nicht bloß um die wohl unvermeidbaren Auswirkungen der Corona-Krise handelt, zeigt ein Vergleich zwischen den Daten aus den Jahren 2011 und 2016: Schon damals nämlich war ein deutlicher Leistungsrückgang messbar. 

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Walter Bühler | So., 17. Juli 2022 - 10:56

... dass er schnellstmöglich repariert oder gar beseitigt werden sollte. Das pfeifen die Spatzen schon lange von den Dächern.

Aber selbst in dieser schweren Zeit wird in unserem parlamentarischen System eine solche Reform niemals gelingen, da es sich für unsere Parteien im Kern um ein System handelt, das ihren Berufspolitikern möglichst viele lukrative Stellen garantiert. Im Vergleich dazu wiegt - für alle Parteien - das commune bonum (das Interesse des Landes) nur sehr wenig.

Es wäre übrigens falsch, die unterschiedlichen Muttersprachen in den Kitas zu fördern und Ukrainisch, Arabisch, Türkisch usw. neben Deutsch zu konservieren.

Die Kinder müssen doch möglichst schnell eine gemeinsame Sprache lernen, um miteinander dieselbe Kita und später die gleiche Schule besuchen zu können. Der späteren Ghetto-Bildung und der babylonischen Sprachenvielfalt soll so ein wenig entgegen gewirkt werden.

Dazu müssen vermehrt Erzieher*innen mit soliden Deutschkenntnissen eingestellt werden.

Christa Wallau | So., 17. Juli 2022 - 11:03

Zunächst möchte ich dem im letzten Abschnitt Gesagten zustimmen: Es braucht eine Übergangszeit, damit sich die Länder auf die Übernahme der Sprachförderungskosten einstellen können, und bis dahin muß sie unbedingt vom Bund fortgeführt werden. Was denn sonst? Sprachförderung ist die Grundlage jeder Bildung!!!

Und dann gilt es e n d l i c h reinen Tisch zu machen mit der Kulturhoheit der Länder!
Entweder ganz oder gar nicht. Das miese Verwirrspiel, das da zwischen Bund und Ländern seit Jahren abläuft (manchmal mit übler Erpressung) ist nicht länger tragbar.
Ebenso muß es auch Änderungen beim Länderfinanzausgleich geben. Es kann doch nicht sein, daß z. B. ein Geberland wie Bayern seinen Eltern Kita-Gebühren abverlangt, während das bankrotte Dauer-Nehmerland Berlin diese Gebühren abgeschafft hat.
Es ist so viel faul in Deutschland, daß man gar nicht weiß, wo man anfangen soll, das
total verfilzte und teils verrückte Denken, aus dem die ganzen Mißstände erwachsen sind, aufzubrechen.

Maria Arenz | So., 17. Juli 2022 - 11:29

Mir fehlt aber die Schlußfolgerung aus der Tatsache, daß die bisherige Sprachförderung trotz des seit 10 jahren laufenden Bundes-Sponsoring nicht nur nichts gebracht hat, sondern eine deutliche Verschlechterung der Leistungen unserer Grundschulkinder vor allem aus dem MiHIGru-Soziotop zu beobachten ist. Da drängt sich der schwäbischen Hausfrau (mit saarländischem Migrationshintergrund) doch die Überlegung auf, daß jetzt vielleicht erst einmal tauglichere Konzepte zur Sprachförderung entwickelt werden sollten, statt immer weiter Geld-egal von wem- in doch offenbar untauglichen Murks zu invstieren. Gerade weil die Mittel bei Bund und Ländern knapp -saumäßig knapp sogar- werden, ist ein Reset bei all diesen diletTANTischen Wohlfühlkursen angezeigt, bei denen ohne Erfolgskontrolle, welche Methoden was gebracht haben, jeder einfach weiterwurschteln kann. Was beim Klima gilt- strikte Effizienzkontrolle- sollte endlich auch bei der Bildung unserer Kinder Pflicht werden.

liebe Frau Arenz. Geld löst keineswegs alle Probleme, wie uns Politiker gerne glauben machen wollen.

Strukturfragen müssen nun mal mit dem Verstande untersucht und mit dem Verstande gelöst werden, eben auch Verfassungsprobleme wie die Föderalismusstruktur. Ölige Gefälligkeitsgutachten von befreundeten bzw. prominenten "Experten" helfen dabei GAR NICHTS. Entscheidend ist das eigene, auf die wirkliche und wahre Realität bezogene Nachdenken, der eigene gesunde Menschverstand.

Dessen Aktivierung aber ist nun mal für jeden Politiker weitaus schwieriger als einfach nur im Halbschlaf Geldmengen (die man nicht selbst, sondern der Steuerzahler aufbringen muss) gnädig über seine Klientel auszuschütten.

Ernst-Günther Konrad | So., 17. Juli 2022 - 12:04

Ihre Argumente Herr Brodkorb überzeugen mich. Es ist ja immer so, das Fördergelder des Bundes gerne in den Ländern nochmals aufgespalten werden, damit jeder so sein eigenes Ding machen kann und gerne sein Lieblingspferd reitet. Auch hier ist die ganze Verlogenheit der Integrationspolitik beim Thema Sprachförderung zu erkenne. Bei neu ankommenden Kindern aus anderen Länder sehe ich das ein. Warum aber müssen bereits hier integrierte Eltern, die doch deutsch sprechen können, müssten, warum müssen deren Kinder Deutsch lernen?
Ich sage es Ihnen Herr Brodkorb, weil es im Grunde keinen interessiert im Alltag, ob Migranten nach 10-20 Jahren hier im Land tatsächlich die deutsche Sprache können, und zwar lesen und schreiben. Man hat ja immer einen, der einem hilft beim Amts und sonst wo. Und ja, eine Übergangsregelung halte ich für richtig, aber dann die Länder ohne Ausnahme in die Pflicht nehmen. Letztlich nur ein weiterer Beweis. Multikulti ist längst gescheitert.

Brigitte Simon | So., 17. Juli 2022 - 21:35

ist für die Grünen die Aufforderung nur Deutsch in den Schulen und Kitas zu sprechen. Deutsch ist die Sprache unserer Gesellschaft, nicht Türkisch oder Arabisch. Spätestens nach der Grenzöffnung 2015 debattieren wir über Selbstverständlichkeiten.

Der derzeitige Vorschlag ist nicht der Erste. Der einstige Innenminister L.d. Maiziere forderte kurzfristig Deutsche Bildungsstandards abzusenken, um Flüchtlingen und Asylbewerbern, die Chance zu geben, sich einzuleben.

Die Bundesministerin für Bildung und Forschung
Stark-Watzinger (keine Quotenfrau wie ihre Vor-
ministerinnen) weiß "in der Politik muß sich etwas ändern-davon bin ich überzeugt". Die Stärkung des Einzelnen muß wieder Schwerpunkt politischer Entscheidungen werden. Bisher hüllt sie sich in Schweigen.

Aus dem mittlerweile auf rund 7 Milliarden-Euro
Digitalpakt sind nach Angaben von Bun d und Ländern bis zum Ende des vergangenen Jahres 1.363 Milliarden Euro abgeflossen oder bewilligt worden.