Die antisemitische Sozialisierung in der Familie und ausländischen Medien führt zum Hass vieler Jugendliche auf Israel 7 Illustration: Laura Breiling

Antisemitismus - Eine Geschichte, die vergangen ist

Die Auseinandersetzung der Deutschen mit den Verbrechen des Nationalsozialismus gilt als vorbildlich – doch dem neuen Antisemitismus begegnen sie hilflos

Autoreninfo

Sonja Margolina, Jahrgang 1951, ist 1986 aus der Sowjetunion in die Bundesrepublik emigriert. Sie arbeitet als Journalistin und Buchautorin.

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Kaum eine Zeitung hat nicht darüber berichtet, wie ein jüdischer Schüler von seinen arabischen und türkischen Klassenkameraden in einer Vorzeigeschule – „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ – im Berliner Stadtteil Friedenau gemobbt wurde. Das war kein bedauerlicher Einzelfall. Allein in Berlin sind im vergangenen Jahr 470 antisemitische Vorfälle bei der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus gemeldet worden: Bedrohungen, Beleidigungen, Gewalt. 

Der neue Antisemitismus ist da. Schaut man über die Grenze nach Frankreich oder nach Belgien, scheint Deutschland lediglich eine Entwicklung nachzuholen, die sich in anderen Staaten schon seit Jahren beobachten lässt. Doch Deutschland ist in dieser Hinsicht kein gewöhnliches Land. Es ist ein Land, dessen Staatsraison aus der Erfahrung des Zivilisationsbruchs abgeleitet wurde, wo die Singularität des Holocaust und die kollektive Verantwortung der Deutschen ins Schulprogramm gehört und man die „Lehren“ aus der unheilvollen Geschichte quasi mit der Muttermilch aufsaugt. Die Deutschen sind die einzige Nation der Welt, die sich als Volk der Täter ein positives Nationalbewusstsein und Nationalstolz verbietet. Die deutsche Schuld ist ein unantast­ba­res Dogma, das politisches Handeln prägt. Ihr ist auch die Einwanderung der Juden aus den Nachfolgestaaten der Sowjetunion zu verdanken, deren Kinder nun Opfer antisemitischer Anfeindungen werden.

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