Mauergedenkstätte an der Bernauer Straße in Berlin
Sonnenschein, Touristen, ein rostiges Denkmal – man vergisst, wie gefährlich dieser Grenzstreifen einst war / picture alliance

Ost und West - Deutschland hat Schluckauf

Kolumne: Morgens um halb sechs. Die Mauer ist nun schon genauso lange weg, wie sie da war. Doch überwunden ist die innerdeutsche Trennung lange nicht. Nach der Wahl mit dem Zeigefinger auf die Frustrierten im Osten zu zeigen, ist doppelt arrogant

Autoreninfo

Sabine Bergk ist Schriftstellerin. Sie studierte Lettres Modernes in Orléans, Theater- und Wirtschaftswissenschaften in Berlin sowie am Lee Strasberg Institute in New York. Ihr Prosadebüt „Gilsbrod“ erschien 2012 im Dittrich Verlag, 2014 „Ichi oder der Traum vom Roman“.

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„Für immer geschlossen“, steht auf dem schmalen Blatt, das hinter der zersplitterten Ladentür hängt. Gerade hat am Mauerstreifen der letzte Ostbäcker zugemacht. Auf dem Papier liest man von einem Familienbetrieb, von der Leidenschaft fürs Backen und von einer erfüllten, aber auch anstrengenden Zeit. Die Schließungsgründe liegen schräg gegenüber, auf der anderen Straßenseite – aufgeplusterte Billigbäcker.

Über den Mauerstreifen an der Bernauer Straße schieben sich täglich tausende Touristen, bunte Gruppen, viele Schüler, einzelne Geschichtsfreaks. Immer wieder wird gestaunt, wie wenig Mauer von der Mauer übrig blieb. Harmlos sieht der Streifen mit den vertikal aufgestellten Roststangen aus. Alles ist rostig, die Stangen, die Tunnelmarkierungen, die Türme, selbst die Rille der Hintermauer. Touristenmassen lernen hier den wiedervereinigten deutschen Rost kennen. Wie auch immer es geschah, dass gerade Rost als Material den Wettbewerb für die Gedenkstätte Berliner Mauer gewann, sagt dieser Rost, wenn man ihn täglich weiter vor sich hin rosten sieht, etwas über den Umgang mit der eigenen Geschichte aus. Schwamm drüber, wegrosten lassen. 

Der Todesstreifen ähnelt einem Zirkus

Jeden Tag gehe ich mit dem Hund über den Mauerstreifen an der Bernauer Straße. Der Rasen wird fast übermäßig gepflegt. Spezielle Rasensprenganlagen sind, wo einst Selbstschussanlagen waren, unter der Erde angebracht. Es ist eine friedliche Atmosphäre hinter der Mauer, man ist dort geschützt vom Autoverkehr, den rasenden Radfahrern, dem ganzen tagtäglichen Innenstadtstress. An Sonnentagen liegen Jugendgruppen im Gras und entspannen. Aus den Sprechsäulen ertönen Fluchtversuche: „Erschossen am..., erschossen am..“. Zwischen den Grashalmen sprießen dünne weiße Pilze. Die Erde ist überlastet.

„Können Sie hier leben?“, fragte mich einmal eine Passantin. Ich habe es damals bejaht und gedacht, dass ich bewusst an den Rand des ehemaligen Niemandslands gezogen bin. Wie belebt der Todesstreifen ist, hat auch mich überrascht. An manchen Tagen ähnelt er einem Zirkus. Selfies werden gemacht, Kletterversuche unternommen oder der Kletterversuch wird als Videoselfie mitgeschnitten. Auf der Mauerinnenseite stehen von Touristen angesprühte Sprüche: „We never had to build a wall to keep our people in.“ Die Westseite, die eigentlich in den Wedding, nach Norden zeigt, ist durchgehend grau. Eine umgekehrte Welt ist das und nicht unbedingt originalgetreu. Nur abends, wenn die alten Kontrolllaternen ihr messerscharfes Licht abwerfen, ahnt man, wie gefährlich dieser Grenzstreifen war.

Das Gefühl, überrannt worden zu sein

„Die Mauer ist nun schon genauso lange weg, wie sie da war“, sagte mir vor kurzem eine Bekannte. Dieser Satz sitzt immer noch in meinem Kopf. Es stimmt. Die Mauer wird inzwischen sogar restauriert. Wenn die Zeit der Teilung genau der Zeit der Wiedervereinigung entspricht, befinden wir uns an einem sonderbaren Punkt des Gleichgewichts. Das Vergangene wiegt nun zeitlich ebenso viel wie der Verbesserungsversuch des Vergangenen. Eine Art Tagundnachtgleiche, die dazu einlädt, nicht nur das geteilte Land aufzuarbeiten, sondern auch diese sogenannte Wiedervereinigung, mit all ihren schwerwiegenden Fehlern. Enteignungen, politische Versäumnisse, Gier und Arroganz sollten erfasst, Verantwortliche benannt werden. 

Nur mit Geld ist die Aufarbeitung der Wende nicht getan. Allein Geld zu geben reicht nicht aus, um zwei Länder wieder zusammenwachsen zu lassen. Der Westen hat scheinbar großmütig Geld gegeben, dafür hat er sich jedoch auch Land genommen, Betriebe zerschlagen und alles nach dem eigenen Vorteil gestaltet. Das hat das Gefühl erzeugt, überrannt worden zu sein.

Unerträgliche westdeutsche Arroganz

Es ist viel passiert in der Nachwendezeit und man hört es aus mündlichen Erzählungen, wenn man direkt vor Ort lebt. Sechs Jahre lang habe ich in Sachsen-Anhalt, in Sachsen und in Thüringen gelebt und gearbeitet. An den Wochenenden bin ich mit meinem gebrauchten Twingo über Land gefahren, bin in Eckkneipen gegangen, habe alte Fabrikhallen durchquert und fotografiert. Leere Ortschaften, Verlassenheit, Alkohol. Die Stimmung war trostlos. Niemals vergesse ich das Bild einer Frau, die sonntags in einer verlassenen Ortschaft an der Landstraße Moos aus dem Gehweg kratzte. 

Die Arbeitslosigkeit in Sachsen-Anhalt lag bei 20 Prozent. Und dann kamen die Besserwisser aus dem Westen und machten sich breit. Unerträglich war diese westdeutsche Arroganz. Das schönste Lob für einen Wessi, blieb: „Hätte ich nicht gedacht, dass Du aus dem Westen bist.“ Ich habe dann oft beschämt gesagt, dass ich aus dem Norden bin. 

In der Wendezeit ist viel schief gelaufen. Die Konsequenzen waren damals schon voraussehbar, doch es wurde lieber überregional verdrängt. Europa war spannender. Die Expansion in die osteuropäischen Länder zog alle Aufmerksamkeit auf sich. Der deutsche Maschinenbau interessierte sich nicht für Magdeburg, Freital oder Döbeln. Billige Arbeitskräfte, neue Märkte lockten im ehemaligen Ostblock und die Gier wuchs bis an die Grenzen der Ukraine. Die DDR war ja einfach aufgeschluckt worden und gleich schluckte man weiter. Verdaut ist die ganze Schluckerei bis heute nicht. Flapsig gesagt, hat Deutschland jetzt einen Schluckauf.

Pitbulls, Wimpel und Alkohol

Die Stimmung im Osten ist inzwischen 28 Jahre lang gewachsen. Es gibt ein neues Selbstverständnis, das aus der Verlassenheit heraus entstand und aus dem Gefühl, betrogen worden zu sein, und sich nicht so schnell wieder weghexen oder mit Geld betäuben lässt. Es wurde versäumt, positive Strukturen zu bilden, in Sport und Musik zu investieren. Das Vakuum wurde zum idealen Spielraum für Menschenfänger. Die Leere wurde mit Pitbulls, Wimpeln und Alkohol gefüllt. Die dazugehörige Meinung ließ nicht auf sich warten.

Staatliche Institutionen wurden dagegen geschlossen. Am Theater kämpften wir um das Publikum. Manche Vorstellung musste aufgrund von Zuschauermangel abgesagt werden. An einem Freitag Abend waren wir mehr als 100 Personen auf der Bühne und nur 35 Menschen saßen im Zuschauerraum. „Wie viele sind es?“, war jeden Abend die ängstliche Frage. Um verfallene Plattenbauten kreisten Krähenschwärme. „In der Tagesschau kommen wir nicht vor“, sagte einmal eine Kollegin. Und auch das stimmte. Aus ostdeutschen Ländern wurde nur selten berichtet. Die Tagesschau saß in Hamburg und tat so, als wäre der Osten gar nicht da. 

Geld ist nicht das Allheilmittel

Jetzt mit dem Zeigefinger von der Hauptstadt aus auf die „Frustrierten“ zu zeigen, halte ich für doppelt arrogant. Erst werden ganze Landstriche vernachlässigt, dann werden sie auch noch stigmatisiert. Es wird Zeit, mit dem Zeigefinger nicht andere abzuwerten, sondern nach Verantwortlichen zu suchen. Für Schadensersatzzahlungen mag es zu spät sein, dennoch sollten die Geschehnisse von einer unabhängigen Kommission zusammengefasst werden. Wer hat wen überrannt? War die Zerschlagung so vieler Betriebe wirklich notwendig? Welche Personalien hingen daran?

Als erstes aber muss man den Glauben abschaffen, dass Geld das Allheilmittel der Nation sei. Es gibt die Möglichkeit, sich – A – zu entschuldigen und – B – mit der Abwertung der neuen Bundesländer endlich aufzuhören. Jeder Idiot, der sich in Berlin toll vorkam, fühlte sich in Sachsen-Anhalt unbeachtet und wertlos. Es sind Minderwertigkeitsmechanismen, die der Westen mit zu verantworten hat. 

Gegenseitige Arroganz

Hinzu kommt der unglückliche Fakt, dass in der DDR stets die Überlegenheit gegenüber den westlichen Imperialisten gepredigt wurde. Dieser Stolz, ein besserer DDR-Mensch zu sein, wurde mit der westdeutschen Abwertung doppelt erschüttert. Auf beiden Seiten der Mauer standen sich also unverbesserliche Besserwisser gegenüber. Wusste es überhaupt jemand besser? 

Am besten wäre es doch, das Besserwissertum abzuschaffen, die Arroganz und das Fingergezeige beiseite zu lassen und mit Schuldbewusstsein an die Sache heranzugehen. Es ist nicht einfach, es ist viel Unrecht geschehen. Die Mauer ist eben schon so lange weg, wie sie da war.

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Julia Wille | So., 8. Oktober 2017 - 01:01

Ein schöner Titel,
obwohl ich den Artikel dann doch etwas vereinfachend finde. So viel Stereotypen auf einmal.
Wer zählt denn nun eigentlich als Ostdeutscher? Wie alt muss man mindestens gewesen sein, als die Mauer fiel? Und ist man noch Ostdeutscher, so man wegzog? Ist ostdeutsch sein eine Wahl oder ein Zustand den man nicht ändern kann.
Ich ( geb. 1969 in OstBerlin, seit 20 Jahren in Kanada wohnend) traff früher sehr selten Mitbürger, die glaubten, das wir dem Westen überlegen seien...das war dann mehr so ein bitterer Scherz.
Im gesamtdeutschen Kontext kommen die DDR- Geschichten nur als Sonderfall vor, anstatt sie wie die bundesdeutschen anzunehmen.
Mich befremden z.Bsp. auch viele Dinge, die Teil der deutschen Leitkultur, e.g. meiner Tradition, sein sollen, u.a. das Christentum, mit der nie vollzogenen Trennung von Kirche und Staat und der Kirchensteuer...
Es gibt wunderbare Bücher von Daniela Dahn, die ein wenig mehr erklären, was nach der Maueröffnung so geschah...

André Oldenburg | So., 8. Oktober 2017 - 08:56

Haben früher die SED, die PDS, die Linke und nun die AfD gewählt. Die sogenannten Volksparteien sind dort nie wirklich angekommen, deshalb haben die Wähler im Osten ein geringeres Problem auch mal anders zu wählen. Eher hat der Westen ein Problem zu erkennen, das die sog. Volksparteien gar nicht mehr die Interessen der Bürger repräsentieren. Leider haben viele noch nicht erkannt, das unsere Altersvorsorge auf tönernen Füßen steht, Lebensversicherungen und jede sichere Form des Sparens keine Rendite mehr abwirft, alles für einenen Euro, der nicht anders mehr überlebensfähig ist. Jede Partei, die sich gegen den Ausstieg aus dem EURO stellt, verschlimmert die Probleme immer weiter. Die EZB und die Euroländer versuchen die Auswirkungen des EURO so weit in die Zukunft zu legen wie möglich und verschlimmern das Ergebnis in der Zukunft.

Heinrich Jäger | So., 8. Oktober 2017 - 10:08

Frau Bergk allerdings denke ich das die Frustration und das Gefühl des abgehängt seins auch im Westen immer mehr zunimmt.Leere Ortschaften ,Einsamkeit und Alkohol ist auch im ländlichen Raum Westdeutschlands ein Problem.In den Städten kommt die Überfremdung durch die unkontrollierte Zuwanderung größtenteils Illegaler kulturfremder Menschen hinzu. Die Arroganz sehe ich bei den politischen Eliten die diese Entwicklungen nicht sehen wollten und sie noch befördert haben ,nun bricht sich der Frust bei den Wahlen Bahn und man wundert sich diese Entwicklung war abzusehen.

Cecilia Mohn | So., 8. Oktober 2017 - 10:10

Genau, Sabine Bergk,

Habe kürzlich abstruse Behauptungen gelesen, die versuchen sollten, das Verhalten ostdeutscher Wähler zu erklären: "da lebten nur noch Männer, weil die Frauen alle weggezogen wären. Frustwahl eben." Für diese bewusste Falschmeldung müsste man den betreffenden Journalisten eigentlich strafrechtlich zur Verantwortung ziehen. In den neuen Bundesländern leben Familien, es ist mitnichten eine "Männergesellschaft", Geld wird dort auch erwirtschaftet - und es würde mehr erwirtschaftet werden, wenn die Betriebe nicht alle mutwillig und unnötig zerstört worden wären. Die Arroganz einiger Westdeutscher steht auf tönernen Füßen. Die "Wessis" sind angepasster, politisch korrekter, eigentlich undemokratischer als die "Ossis" - die ersten werden die letzten sein ist ein schöner treffender Spruch. Noch besser: Hochmut kommt vor dem Fall.

Cecilia Mohn

Werner Peters | So., 8. Oktober 2017 - 10:27

Irgendwo habe ich (halber Ossi, geboren in Bayern, Eltern Thüringer/Sachsen) einen Kommentar eines/einer Ostdeutschen gelesen, die treffend in etwa so schrieb: die alte westdeutsche Linke (68er u.ä.) hat es uns Ossis nie verwunden, dass wir in einer friedlichen Revolution der kaputten DDR den letzten Stoß versetzt haben. Im Westen fanden sie die DDR doch eigentlich ganz o.k. (so lange z.B. in Dönhoffs ZEIT).

Stefan Leikert | So., 8. Oktober 2017 - 11:13

Vielen Dank, gefällt mir sehr der Text! Ich möchte aber an dieser Stelle auf etwas hinweisen, weil die gleiche Formulierung mir eben an anderer Stelle auch auffiel (und natürlich tut sie das schon seit einiger Zeit bei vielen Gelegenheiten): "...Gefühl, betrogen worden zu sein..." und aus dem 10-Punkte-Plan der CSU "Viele Menschen fühlen sich abgehängt..." . Das sind nicht nur Gefühle - die man z.B. wegtherapieren könnte - das sind harte Tatsachen, die durch dumme und schlechte Entscheidungen entstanden sind, die von real existierenden Entscheidungsträgern getroffen wurden. Dass wir diesen Entscheidungsträgern die Macht dazu überlassen haben, müssen wir uns schlechterdings selbst vorwerfen.

Ralf Altmeister | So., 8. Oktober 2017 - 11:33

Es ist immer wieder bemerkenswert, wie sich die Sichtweise von Personen auf die Gesellschaft in Deutschland verändert, wenn man, aus dem Westen kommend, nunmehr im Osten direkt vor Ort gelebt hat.
Ihr Artikel ergänzt analytisch hervorragend den offenen Brief von Angelika Barbe an Wolf Biermann.
Er endet allerdings an dem Punkt als komme der ostdeutsche Frust nur aus dem Gefühl, überrannt worden zu sein bzw. aus dem Minderwertigkeitsgefühl. Meiner Wahrnehmung nach ist dies mehrheitlich überwunden. Es ist das Gespür für die Gefahr, von einer linkslastigen Elite wieder zum lästigen, modernisierungsfeindlichen Wicht degradiert zu werden, der sich gefälligst dem neuen moralischen Ansprüchen einer weltkollektivistischen Ideologie zu unterwerfen hat.

Dorothee Sehrt-Irrek | So., 8. Oktober 2017 - 11:40

aber Fehler zu benennen, Fehlentwicklungen zu korrigieren und sich nicht zu verschlucken, davon halte ich viel.
Ein wirklich beeindruckender Artikel.
Dennoch arbeitet der Artikel auch mit Stereotypen.
Die sogenannten Besserwisser, vor allem die die geblieben sind, sind auch diejenigen, die eine Generation zuvor Westdeutschland mitaufgebaut haben, eine organisatorische Intelligenz, die m.E. im Osten keine Chance hatte, sich z.B. unter Honecker zu entwickeln.
Es mag für ihn kennzeichnend sein, was jemand sagte, "ich habe euch doch alle lieb", was ich persönlich auch bei Merkel heraushöre "Ich weiss nicht was ich hätte besser machen können". Jetzt die anderen fragen wäre mein Vorschlag.
Ich sah Ostberlin an einem Tag vor vierzig Jahren und obwohl konsumkritisch eingestellt, wirkte es gespenstisch auf mich.
40 Jahre lang baute sich die BRD auf, währenddessen die DDR von der Substanz lebte unter auch eigenen rigiden Bedingungen.
Das braucht mindestens 80 Jahre, um sich anzugleichen.

Ines Schulte | So., 8. Oktober 2017 - 12:05

zeigt es sich auch bei der Autorin recht gut. Nämlich auf die angeblichen "Menschenfänger", denen die Ost-Bürger hinterher laufen. (West -Politiker sprachen auch schon von "Rattenfängern' ). Meiner Erfahrung nach sind die Ostdeutschen so selbstbewußt, dass sie es nicht nötig haben, sich einfangen zu lassen. Sie denken scharf und informieren sich gründlich. Davon kann sich ein Wessi (auch ich bin einer) etwas abschneiden. Bitte hört mit der verbalen Spaltung unseres Landes endlich auf! Es leben im Osten mehrheitlich nicht die Frustrierten , sondern die Vorausschauenden! Übrigens: Pitbulls, wie im Bericht analysiert, habe ich bei meinen vielen Ost-Reisen noch nicht gesehen...Was sollte uns
diese Metapher denn sagen?

Petra Mai | So., 8. Oktober 2017 - 12:13

Als Bürger der ehemaligen DDR fühlte ich mich immer von "oben" verwaltet und gesteuert. Jetzt, so viele Jahre danach ist es nicht anders. Im Gegenteil ,durch die derzeitige Politik aus Berlin fühle ich zum zweiten Mal, daß ich meine Heimat verliere. Dieses Mal für immer.

Dr. Roland Mock | Di., 10. Oktober 2017 - 10:48

Antwort auf von Petra Mai

Leider geht es mir, obschon ich vieles erlebt und erreicht habe, von dem ich vor drei Jahrzehnten nur träumen konnte, ähnlich.

Klaus Wenzel | So., 8. Oktober 2017 - 13:28

Ganz so düster würde ich weder die Stimmung noch die Lage "im Osten", auch so eine Verallgemeinerung, nicht zeichnen. Hier wie "im Westen" ist Licht und Schatten. Doch weder der "abgehängte Ossi" noch die gering verdienende westdeutsche untere Mittelschicht oder Hartz IV-Bezieher haben bislang Politik und Medien übermässig interessiert. Bis zum - vorhersehbaren - Wahlerfolg der AFD, natürlich. Ob deren Wähler alle den vorgenannten Gruppen entsprechen, darf bezweifelt werden. Herr Gauland ist weder das eine noch das andere, seine Wähler auch nicht alle wirtschaftlich abgehängt oder rein frustriert. Hier sammelt sich eher massiver Unmut über kulturelle und politische Entwicklungen, der ein Ventil sucht. Dieser Unmut wird wachsen, solange die Funktionseliten Probleme nicht zur Kenntnis nehmen wollen und noch weniger an vernünftigen Lösungen arbeiten. Übrigens: was das unterschiedliche Lebensgefühl in Ost und West angeht, dürfte dies ebenso für Zugewanderte wie für Einheimische gelten.

Reiner Kraa | So., 8. Oktober 2017 - 13:41

Nach der Wende ist im Osten wirtschaftlich fast alles zusammengebrochen. Vielfach aber, weil es einfach nicht konkurrenzfähig war. Aber auch das ist so lange her, wie der Mauerfall. Seither hat sich dort viel getan und im Osten lebt keinesfalls ein Heer von Frustrierten, bar jeder Kultur, das nur auf Geld und Belobigung aus ist. Die Autorin will offensichtlich erklären, weshalb die "Menschenfänger der AfD" mit Pitbulls, Wimpeln und Alkohol die Abgehängten im Osten so trügerische einlullen können und deshalb dort stark sind. Aber, Frau Bergk, die Menschen dort haben 40 Jahre Diktatur hinter sich und dafür feine Antennen entwickelt. Sie spüren, dass Frau Merkel über ihre Köpfe hinweg eine ähnliche Zeit wieder aufleben lassen will. Dagegen wehren sie sich. Aus dem Widerstand gegen Merkel erwächst der Erfolg der AfD und nicht nur im Osten.

Andrea Bast | So., 8. Oktober 2017 - 15:05

Mitnichten ! Geht man in die No go Area's westdeutschen Städte, die vergessenen ländlichen Gegenden sieht es nicht viel anders aus. Nur ist man tradionell gewöhnt die Altparteien zu wählen - weil es in der Familie schon immer so war. Punkt.

Christa Wallau | So., 8. Oktober 2017 - 16:12

Liebe Frau Bergk,
einfühlsam beschreiben Sie menschliche Befindlichkeiten und negative Gefühle, von denen oft die Rede ist, die aber nie wirklich e r n s t genommen werden: Verunsicherung, Enttäuschung, Sich-Verloren-bzw. Minderwertig- Fühlen, Trostlosigkeit.
Die beliebteste Tünche, mit der solche Gefühle
überkleistert werden, sind immer u. überall Genuß u. Konsum, die ein Selbstbewußtsein verleihen, das sich aus dem HABEN speist. Im Westen Deutschlands gab es eine kontinuierliche, ungebrochene Steigerung dieses
Konsums, im Osten nicht bzw. nur bei relativ wenigen Menschen.
Diese Tatsache läßt es so aussehen, als sei
tatsächlich das Geld das Mittel der Wahl, mit dem man auch in den neuen Bundesländern die Stimmung aufhellen könnte (z.B. Rentenanpassung).
So einfach ist das aber nicht!

Alle Menschen, auch die Deutschen, sehnen sich nach Anerkennung und Ehre, und zwar nicht nur für sich persönlich, sondern auch für die Gruppe, der sie sich zugehörig fühlen.

Christa Wallau | So., 8. Oktober 2017 - 16:12

Anerkennung und Ehre wurden und werden bis heute den meisten Bürgern der ehemaligen DDR nicht gewährt.
Zudem definieren sich viele "Brüder und Schwestern" im Westen (vor allem die West- "Elite"!) über eine seltsame Ehre, über eine Art von Negativ-Ehre, die so viel bedeutet wie: Die Kriegs- und Menschenrechtsverbrechen, die im Namen Deutschlands geschahen, sind einzigartig. Die totale und nie endende Aufarbeitung dieser Schuld ist unser Markenzeichen. Dies ist wiederum einzigartig auf der Welt.
Kurz: Wir Deutschen toppen unsere exzeptionelle Bosheit mit exzeptioneller Gutheit,
und dies alles bei relativ hohem Wohlstand.
Das soll uns mal einer nachmachen!

Mit dieser Logik und "Ehre" können sich die Menschen im Osten, die nicht eine vierzigjährige Erziehung in solchem Geiste durchlaufen haben, jedoch nicht anfreunden. Sie erscheint ihnen - zu recht - unnatürlich und aberwitzig.

Also, was nun? Ihre eigene Ehre ist futsch, und mit der Westehre können sie nichts anfangen.

... bei den Ossis (Ossi, ist keine Beleidigung nur am kürzesten).

Was nicht so Recht klappen mag, das ist die Sichtweise auf den Osten. Entweder wird er durch Ostalgie verklärt oder die Ossis werden diffamiert.

Die eigene Deutungshoheit lässt man den Ossi aber kaum zu. Das ist typisches Siegerverhalten einer Siegermacht. Das sitzt ganz tief drinnen bei vielen im Westen. Die bringen in ihrem Selbstverständnis den Osten sehr oft in eine Opferrolle und sich selbst in die Rolle des Retters. Ganz so einfach ist es aber nicht.

Besser wäre es gewesen mit der Wiedervereinigung einiges mehr an der BRD zu ändern als die Hauptstadt. Auch wäre es prima, das man den friedlichen Umbruch extra gedenken würde. Die Wiedervereinigung als solches war ja eher eine Aufnahme der DDR in die BRD. Da wurde ja nicht das Besten von beiden Teilen geeint sondern die DDR wurde westlich angepasst.

Egal, Deutsche unterschieden sich heute mehr am Dialekt als an allem anderen.

Christa Wallau | So., 8. Oktober 2017 - 16:12

Es ist höchste Zeit für Gespräche a l l e r Deutscher auf Augenhöhe!
Was bisher geschah, war das genaue Gegenteil: Man erinnere sich nur an das Wort des vorigen Präsidenten vom "Dunkeldeutschland". Ausgerechnet er, der Ostdeutsche, diffamierte seine Mitbürger derart! Unglaublich!
Da muß man sich nicht wundern, wenn Wut hochkommt. So viel von Psychologie versteht eigentlich jeder normale Mensch.
Es ist sehr viel Porzellan in dieser Hinsicht
zerschlagen worden. Scherben-Kitten genügt nicht. Behutsam muß neues Geschirr getöpfert werden, um eine Nahrung aufzunehmen, die Seele und Gemüt der Deutschen füllen kann: Ein Gefühl der Gemeinsamkeit von Werten, Erfolgen, Geschichtsbewußtsein, Liebe zur gemeinsamen
Sprache in ihren unterschiedlichen Dialekten usw.
D a s ist die Hauptaufgabe der deutschen Gesellschaft und damit auch der Politik - nicht
der Ausbau Europas u. nicht die Lösung der Probleme Afrikas u. der Welt überhaupt.

Wie gesagt: Der Mensch lebt nicht vom Brot allein.

Wolfgang Luf | So., 8. Oktober 2017 - 16:42

In 40 Jahren DDR-Mangelwirtschaft haben wir Ossies gelernt, aus wenig möglichst viel zu machen. Man konnte ja z.B. nicht einfach den benötigten Handwerker bestellen bzw. in den nächsten Baumarkt gehen um ein Ersatzteil, Werkzeug oder Baumaterial zu kaufen. Man mußte sich deshalb Gedanken machen, Probleme selbständig zu lösen aber auch die Folgen zu bedenken. Diese positive Mentalität hat sich im Osten erhalten. Man hinterfragt hier die Verlautbarungen der Eliten aus Berlin auf ihre Folgen vielleicht intensiver als in anderen Teilen der Republik und lässt sich auch nicht gerne vorschreiben, wie und was man zu denken hat.

Rainer Wolski | So., 8. Oktober 2017 - 17:53

Vielleicht hätte die Autorin auch zur Bezeichung der Bernauer Straße im Volksmund etwas sagen können.
Man spricht dort von Nordkorea und Südkorea.
Der Norden ist hier der alte Westen und der Süden ist hier der wohlhabende Ost-Bezirk Alt-Mitte. Ein Blick auf die Wohnungsmieten erklärt alles. Edle Altbauten im Süden und Billigbauten der 60ziger Jahre im Norden.
Im Sozialbericht 2011 heisst es:
ALG II Bezieher Brunnenstraße Nord: 43,8 %
und in der Brunnenstraße Süd: 8,7%.
Und daran dürfte sich bis heute nichts geändert haben.

Und noch eine Anmerkung: Es gab an der Berliner Grenze keine Selbstschußanlagen.
Die, die sich an der DDR-Westgrenze befanden, wurden 1984 demontiert.

Wilhelm Maier | So., 8. Oktober 2017 - 18:56

„..Zumeist wird der Schluckauf durch vorübergehende Überdehnung des Magens, wie bei hastigem Essen..“,
https://de.wikipedia.org/wiki/Schluckauf
"Aber wenn der Schluckauf kommt, wird's gefährlich: Tritt er häufiger auf oder geht einfach nicht mehr weg, sollten Sie einen Arzt aufsuchen."
Und Rülpsen wird oft durch zu schnelles Trinken oder Essen verursacht.
Danke für den Bericht, der nur kurz, aber vielsagend ist.

Rüdiger Tatus | So., 8. Oktober 2017 - 20:04

genau an dieser Stelle irren Sie, bzgl. der Einstellung des "DDR-Menschen".- Es gab nur wenige, die sich mit dem "Staat" identifiziert haben.- Viele mit denen ich spreche sind nicht "Abgehängte", und deren Anzahl hat sich auch nicht in den letzten 3 Jahren erhöht - sie erfühlen aber viel früher und schmerzhafter, die tägliche Propaganda, der Machteliten : Böser OSSI = Sachse = PEGIDA = AFD = NAZI und Guter " Flüchtling"= "Grenzenlose Willkommenskultur" = Integration = "Besondere Verantwortung (SCHULD) Deutschlands" für die Weltrettung.- Ein prägnantes Bild: Schauen Sie sich alle einschlägigen Kabarett-Sendungen an, Hetze ohne Ende gegen den "braunen Osten", sie surfen alle auf dieser Welle und werden durch Lachsalven belohnt. - Jeder Widerstand gegen das Politikversagen soll "MIT ALLEN MITTELN auch gegen Personen" platt gemacht werden.-Wo sind hingegen die Hoffnungen der RUNDEN TISCHE von 1989/ 90 geblieben? - Enttäuschung und Entmündigung des Bürgers, das ist der Hauptgrund

Michael Ludwig | So., 8. Oktober 2017 - 20:11

Die Ostdeutschen haben von ihrem demokratischen
Recht gebrauch gemacht, zu wählen. Nun haben diese Renitenten nicht so gewählt, wie es unsere Eliten vorgegeben haben. Und schwups sind die Ossis jetzt ein Fall für den Psychiater.

Dorothea Weber | So., 8. Oktober 2017 - 22:13

....und die Gier verleibt sich alles ein. Damit ist alles gesagt und das Menschliche bleibt auf der Strecke! Süchte, Depressionen und andere psychische Erkrankungen werden uns überrollen und ihren Tribut einfordern. Was wohl in 20 Jahren über die heutige Zeit und ihre skandalösen Vorgänge geschrieben werden wird?

Daniel Sunnus | Mo., 9. Oktober 2017 - 01:45

Der Vorwurf wiegt schwer und verlangt nach Belegen. Nicht in Sport und Musik zu "investieren", ist zwar unklug, aber kein Unrecht gewesen.

Es sind vielmehr die heutigen Veränderungen zum Schlechten, die Diktatur-Erfahrene schneller als Demokratie-Verwöhnte registrieren.

Denunziation, Diffamierung und Delegitimierung abweichender Meinungen durch eine Elite, die nur noch für sich selbst existiert, ruft ungute Erinnerungen wach. Eine Regierung, die sich (frei nach Bert Brecht) ein anderes Volk wünscht, auch. Eine in elementaren Fragen fehlende Opposition lässt ebenfalls an die DDR-Diktatur denken.

Demokratie braucht Diskurs und Widerspruch wie die Luft zum Atmen. Doch unsere politische Elite (Vorzeige-Ossis wie Angela Merkel und Joachim Gauck ganz vorn dabei) gefällt sich in selbstgerechter Ignoranz.

"Ich sehe nicht, was wir anders machen sollten" (Angela Merkel)

„Die Eliten sind gar nicht das Problem, die Bevölkerungen sind im Moment das Problem“ (Joachim Gauck)

Dr. Lothar Sukstorf | Mo., 9. Oktober 2017 - 13:13

die Länder Mitteldeutschlands nebst ihre Menschen sind doch kein Problem. Für wen sollten sie es denn sein? Allenfalls für die Medien, und die machtverliebten Mitglieder der politischen Klasse. Und, Entschuldigung, aber bei Fr. Merkel habe ich nicht nur Schluckauf, mittlerweile hat sich ein sehr hartnäckiger Brechreiz eingestellt...

Jörg Schneider | Mo., 9. Oktober 2017 - 13:23

Aber ein wichtiger. Ich glaube es ist auch ein bisschen Verlust der Heimat. Wenn der Ortsname meines Dorfes nur noch als Unterkategorie auf dem Ortsschild erscheint zum Beispiel. Kleine Läden und Kneipen verschwinden. Bürgermeister nur noch Ortsteil....ja was eigentlich sind?! Wenn man in den Medien nur noch als Dunkeldeutscher vorkommt. Wenn einem immer wieder suggeriert wird man hätte die Wende nicht richtig verarbeitet. Ein Trauma-aus DDR Zeiten?? Ja, das ärgert mich wirklich. Eine ganze Generation versucht durch harte Arbeit etwas zu schaffen. Auch ich. Selbstständig mit Angestellten. Aber es geht nur mäßig. Weil alle die Hand aufhalten. Immer wieder. Und langsam verliert man den Glauben. Die Freiheit die wir hier im Osten uns so mühsam erkämpft haben wird uns langsam und stückweise immer weiter entzogen. Und wir spüren das.

Gottfried Meier | Mo., 9. Oktober 2017 - 15:24

Das sind nur Anpassungsauswirkungen;-) Wenn die neuen Bundesländer konsolidiert, also ausgestorben, sind, dann ist alles wieder gut. Ich kann die Menschen dort gut verstehen.

nach meinen Erfahrungen sind die Kinder der Ostdeutschen ähnlich wie die Eltern und sogar die Kinder der Westdeutschen die im Osten leben passen sich den ostdeutschen Kindern und Jugendlichen an. Da erledigt sich rein gar nichts. Und das ist auch gut so, denn Erneuerung Deutschlands kann nur vom Osten ausgehen, der Westen ist wie eine tote Maus.

Ich erkläre mir das so:

Der Westen hatte die 68er plus RAF. Die RAF wurde von der Bevölkerung abgelehnt. Die gemäßigteren 68er marschierten durch die Institutionen und bilden heute das politische Establishment. Ruhe auf der Strasse. Das Mittel der politischen Gestaltung war und ist die Parteien-Konsolidierung incl. die Politik im Hinterzimmer.

Der Osten hatte den Volksaufstand 1953 und die friedliche Revolution von 1989. Konsolidieren gab es da nix. Die aktive Volksbewegung ist eine ganz andere Herangehensweise des Souverän als die im Westens. Der Westen kennt weder einen Volksaufstand, das Leben in einer Diktatur noch die Transformation daraus in eine Demokratie.

Eigentlich ist der Westen zu beneiden, da er da nicht durch musste. Andererseits fehlt ihm was, nämlich die leibhaftige Erfahrung wirklich der Souverän zu sein.

Ich glaube das meinen Sie doch Frau Mohn, oder?

Dr. Lothar Sukstorf | Di., 10. Oktober 2017 - 13:00

Deutschland hat keinen Schluckauf. Unser Land braucht dringend einen neuen Impetus, der die Innovationskraft wieder stimuliert. NOCH stehen wir relativ gut da; die politische Klasse - allen voran die CDU (im Permanent-Wahlkampfmodus) und Merkel - geben sich selbstzufrieden(uns ging es noch nie so gut!)- reden zwar von der Dynamisierung durch die Digitalisierung und Globalisierung, handeln aber entgegengesetzt. Nützt Merkel eine Aufbruchstimmung? Nein! Sie möchte retardieren und weitestgehend Ruhe im Lande haben, das sichert ihre Machtposition. Es ist schon ein recht merkwürdiger Widerspruch, da redet Merkel der Digitalisierung das Wort(was nichts anderes bedeutet als dass extrem viele Arbeitsplätze künftig wegfallen, überflüssig werden), auf der anderen Seite wird dann ein Fachkräftemangel beklagt. Unverständlich! Meint Fr. Merkel damit, daß Millionen muslimischer Männer hier bei uns als Pflegekräfte arbeiten(und Frauenarbeit verrichten!)oder als LKW- und Busfahrer? Was für Fachleute??

Torsten Knecht | Di., 10. Oktober 2017 - 16:11

Antwort auf von Dr. Lothar Sukstorf

... wird an der Zahl der Bewerber um eine Stelle o. eine Ausbildung festgemacht.

Es zeigt also nur die Nachfrage auf diese Stelle auf. Von einem Mangel spricht man dann bereits, wenn sich statt 100 nur 10 oder 20 Leute bewerben. Schaut man genau hin, stellt man fest, das sich nur 10 beworben haben, weil das Angebot zu unattraktiv für alle die ist, die sich nicht beworben haben. (Angebot u. Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt dürften demnach AN prima finden, weil bei Fachkräftemangel deren Löhne steigen würden. Was aber selten der Fall ist, weil es viel mehr Bewerber als attraktive Stellen gibt. In der Leiharbeit funktioniert das nicht, dort werden die Leute vom JC rekrutiert u. greift auf die zurück, die keine Festanstellung finden.)

Um D. fit zu machen, müsste das Bildungssystem verbessert werden so das ALLE davon profitieren. Ein Überqualifizierter als unfreiwillige Hilfskraft in der Produktion wäre da der falsche Ansatz und gesamtgesell. eine Ressourcenverschwendung.

Dr. Lothar Sukstorf | Do., 12. Oktober 2017 - 18:04

Antwort auf von Torsten Knecht

Wenn ich einen Job annehmen möchte, brauche ich dazu eine bestimmte Qualifikation, die durch eine entsprechende Ausbildung gewährleistet wird; diese Ausbildung hat jedoch beileibe nichts mit Bildung zu tun. Politiker verwechseln dies gerne. Ich empfehle mal die Humboldtsche Definition, was Bildung und Ausbildung zu sein hat, nachzulesen. Offensichtlich haben die Damen und Herren aus der Politik dazu nicht genügend Bildung mitbekommen.

Torsten Knecht | Di., 10. Oktober 2017 - 14:00

... denn System-Stolz gab es nicht.

Statt flächendeckende Eitelkeit entwickelte sich ein feinsinniger Humor, der das Leben in der Diktatur leichter machte. Fragen sie mal die Älteren, die kannten noch den inoffiziellen Witz. Diese Ventilfunktion erfüllt heutige Comedy gar nicht.

Polit. Protest ist im Osten dank Wende positiv assoziiert u. nie ganz nach der Wende verschwunden.

Im Gegenteil zum Westen, der hat seine Causa 68er u. RAF negativ in Erinnerung. Zumal viele Sympathisanten derweil Politprofis-u. opis sind und etabliert sind. Politische Progression ist daher vom Westen kaum zu erwarten.

Krass gesagt: Der Osten lernte den Kapitalismus vom Westen aber der Westen nicht vom Osten wie man gesellschaftliche Missstände wahrnimmt, artikuliert und positiv transformiert.

Mein Fazit: Heutige Demokratie im Kapitalismus eingebettet ist doch nicht so super. Es liegt an uns allen Ost wie West, das System der repräsentativen Parteien-Demokratie zu verbessern.

Udo Dreisörner | Mi., 11. Oktober 2017 - 09:33

Es war falsch von Helmut Kohl blühende Landschaften zu versprechen und es war falsch von den Ost-Deutschen zu glauben das das in ein paar Jahren eintreffen kann. Machen wir uns nichts vor: mit dem Mauerfall kamen zwei Welten zusammen die so an sich nicht zusammen passten da politisch und wirtschaftlich zu weit auseinander. Und genau wie bei der Grenzöffnung 2015 durch Merkel haben damals viele ihre Bedenken kund getan mit dem Ergebnis als BESER WESSI abgestempelt zu werden und Ost-Deutschland nicht zu wollen. Auch damals hatten viele die Befürchtung das die Wiedervereinigung Hoffnungen weckt die so einfach nicht zu stemmen sind. Und? Es kam wie viele es befürchtet haben. Genau wie 2015 mit dem Flüchtlingsstrom.
Das nun der Osten unseres schönen Landes die Frustbrutstätte der AfD sein soll ist ja lächerlich. Unsere glorreichen Politiker verarschen das gesamtdeutsche Volk und der Frust und auch der Zorn der Bürger kommt aus dem ganzen Land.

... gibt es jedes Jahr im Frühling.

Mit blühenden Landschaften versprach Kohl den Unternehmen blühende Geschäfte. Genauso wie für Merkel die Flüchtlinge eine "wirtschaftliche Herausforderung" sind, daran zu verdienen.

Im Nachblick war die Wende für den Westen ein Konjunkturpaket: - billige AK aus dem Osten im Westen - Investitionen mit reichlich Rendite (Immobilienmarkt) - KKZ Unternehmen für 1 DM - Aufbau OST durch Westfirmen - Umsatz im Westen steigt an (im Osten gab es ja fast nix mehr zu kaufen für 16 Mio.) ....

Die Zuwanderungspolitik Merkels verläuft ähnlich ab: Zuwanderung billiger AK, Kosten werden sozialisiert, Gewinnanstieg der Unternehmen, höhere Steuereinnahmen, keine Lohnerhöhungen notwendig, Umsätze im Handel steigen ...

Kapitalismus first, Demokratie mal sehen ...

Schon krass, das gerade eine Ostdeutsche an der Spitze der Kapitalismus-Demokratie das Sagen hat.

Dr. Lothar Sukstorf | Mi., 11. Oktober 2017 - 17:50

Nein, Schluckauf hat D. nicht sondern 'pain in the ass'...ein jeder mache sich einen Reim draus, wer, was gemeint ist.