Der Philosoph Julian Nida-Rümelin blickt am 25.10.2016 bei der Verleihung der Bayerischen Europa-Medaille im Prinz-Carl-Palais in München (Bayern) in die Kamera.
Es wäre nicht vernünftig, die Große Koalition fortzusetzen, sagt Julian Nida-Rümelin / picture alliance

Kommentar zu Bundestagswahl - Abgestraft

Bei der Bundestagswahl wurde die Große Koalition als Ganze abgestraft. Besonders die SPD hat sich aber unter Wert verkauft. Ihr Gang in die Opposition könne die Demokratie stabilisieren, schreibt der Philosoph Julian Nida-Rümelin

Autoreninfo

Julian Nida-Rümelin ist Professor für Philosophie in München. Er war Kulturreferent der Landeshauptstadt München und 
Kulturstaatsminister 
im ersten Kabinett Schröder.
Zuletzt erschien von ihm: „Die gefährdete Rationalität der Demokratie. Ein philosophischer Traktat“ in der Edition Körber. Foto: picture alliance

So erreichen Sie Julian Nida-Rümelin:

Angela Merkel ist weit weniger triumphal bestätigt worden als in manchen Leitmedien befürwortet und von den Umfrageinstituten erwartet: Die Union hat noch stärker verloren als die SPD. Die CSU hat für ihre Doppelstrategie gegen und mit Merkels Flüchtlingspolitik sogar die empfindlichsten Verluste erlitten. Die Große Koalition als Ganze ist abgestraft worden. Es wäre schon deswegen nicht vernünftig, sie fortzusetzen. Die frühe Festlegung der SPD, nach diesem Wahlergebnis in die Opposition zu gehen, schafft hier wünschenswerte Klarheit.

Die SPD hat zu Beginn der Kandidatur von Schulz gezeigt, dass sie sich seit der Kanzlerschaft Schröder unter Wert verkauft. Ihr Potenzial liegt ausweislich der Umfrageergebnisse im Frühjahr in der Größenordnung der Union. Der Spagat zwischen Oppositionswahlkampf des Spitzenkandidaten ohne Amt und verlässlicher Regierungsarbeit in der GroKo musste aber scheitern. Entweder – oder. Jetzt ist es müßig zu beurteilen, wie ein Kanzlerkandidat Schulz etwa als Außenminister abgeschnitten hätte – ein Amt, für das er als vormaliger Präsident des EU-Parlaments gut präpariert gewesen wäre. Eine SPD, die gegen Merkel in die Schlacht ziehen will, hätte sich rechtzeitig aus der Regierung verabschieden müssen; Anlässe hätte es gegeben, eine alternative Mehrheit im Bundestag auch. Die gute sachliche Leistung in den SPD-geführten Ministerien steht in einem auffälligen Kontrast zur fehlenden Gesamtstrategie.

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Dorothee Sehrt-Irrek | Mo., 2. Oktober 2017 - 11:31

´natürlicherweise´ von den beiden Parteien umgesetzt worden, in der FDP auch von deren Spitze, wenn es denn die Wahlergebnisse zugelassen hätten.
So wichtig die Grünen für die Bundesrepublik Deutschland geworden sind, so wenig vertraue ich gerade ihrer Führung, vor allem Cem Özdemir, eine staats-, kultur- und gesellschaftstragendende Politik für Deutschland in Europa umsetzen zu wollen.
Die Türkei war und ist es heute wieder, nie Teil Europas und angesichts des dringenden Bedarfs an Zusammenwachsen in Europa ein vorerst hintanzustellender Partner, wie sich auch die Polen schleunigst von ihren Osterweiterungsgroßmachtphantasien verabschieden sollten.
Bedauerlicherweise wurden durch Merkels unkontrollierte Migrationspolitik die Fliehkräfte in England so stark, dass nun ein Brexit unausweichlich scheint.
Andere Länder sollten ihre Fliehkräfte ausbalancieren zugunsten Europas, das nicht der Finanzier jeder Privatpolitik in Europa sein kann.
Wir können nicht warten bis Merkel geht.