Zwei Männer nehmen am 27.05.2017 in Dresden (Sachsen) an einem Umzug anlässlich des Christopher Street Day (CSD) teil
Mann oder Frau? Biologische Tatsache oder soziale Konstruktion? / picture alliance

Genderfragen - Bin ich transweiblich, cross-gender oder inter*?

Kolumne: Grauzone. Das auf Selbstverwirklichung gepolte Individuum der Spätmoderne möchte keine Grenzen kennen. Am allerwenigsten so kontingente wie das Geschlecht. Auch wenn das mitunter absurde Züge annimmt

Autoreninfo

Alexander Grau ist promovierter Philosoph und arbeitet als freier Kultur- und Wissenschaftsjournalist. Er veröffentlichte u.a. „Hypermoral. Die neue Lust an der Empörung“. Zuletzt erschien „Vom Wald. Eine Philosophie der Freiheit“ bei Claudius.

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Beginnen wir mit einem kleinen Gedankenexperiment aus dem Genre Science-Fiction: Stellen wir uns einfach vor, dass, irgendwann in ein paar tausend Jahren, wenn die Menschheit schon lange das Zeitliche gesegnet hat, Außerirdische unsere Erde besuchen. Sie werden Reste unserer einstmaligen Zivilisation finden, letzte Trümmer unserer Städte und Siedlungen. Neugierig geworden, werden sie früher oder später unsere Friedhöfe entdecken. Außerirdische Archäologen werden dann versuchen, aus den Gräbern Rückschlüsse über unsere Kultur zu ziehen, und ihre Humanpaläontologen werden sich über unsere Knochen beugen. Sie werden feststellen, wie alt wir im Schnitt geworden sind, welche Krankheiten wir hatten, wie wir uns ernäherten und sie werden – Achtung, Überraschung – feststellen, dass Homo Sapiens zwei Geschlechter hatte. Dafür benötigen unsere Alien-Freunde Gentests und anatomische Vergleiche.

Absurde Diskussion sorgenfreier Individuen

Wovon diese außerirdischen Wissenschaftler nichts ahnen können, das sind die absurden Diskussionen, die einige ziemlich sorgenfreie Individuen des Homo Sapiens zu Beginn des zweiten Jahrtausends ihrer Zeitrechnung führten: Etwa darüber, ob Geschlecht überhaupt eine biologische Tatsache sei oder nicht doch eine soziale Konstruktion, ob geschlechtliche Identität an gewisse Körpermerkmale gebunden sein müsse oder ob die binäre Geschlechterlogik im Grunde repressiven Rollenzuweisungen diene.

Dass dabei die Realität manchmal jede denkbare Satire schlägt, ist fast zwangsläufig. Zum Beispiel wenn auf der Facebook-Seite „Vegane Feminist*innen“ (kein Scherz) von „werdenden Müttern“ die Rede ist und die Aktivistin und Soziologin Annika Spahn anmahnt, besser von „schwangeren Personen“ zu sprechen, denn immerhin würden „nicht nur Frauen schwanger“ (auch kein Scherz). 

Wie weit diese unsägliche Gender-Debatte schon in den Alltag eingedrungen ist, zeigt der scheinbar unvermeidliche Siegeszug gendergerechter Sprache, die um sich greifende Verwendung des Binnen-I auch in behördlichen Publikationen und das Gender-*, das der rot-rot-grüne Berliner Senat in den Rang offizieller und ideologisch korrekter Staatsorthographie erhoben hat. Und nun fragt mitten in die Sommerschwüle hinein die Wochenzeitschrift Die Zeit auch noch: „Welches Geschlecht habe ich?“

Grenzen als Skandal

Keine Frage: Das alles hat Logik. Denn das auf Selbstverwirklichung gepolte Individuum der Spätmoderne möchte keine Grenzen kennen. Am allerwenigsten so kontingente wie das Geschlecht. Denn Grenzen sind der maximale Skandal einer auf Selbstentfaltung und Selbstinszenierung fixierten Gesellschaft. Nach der weitgehenden Beseitigung aller sozialen Zwänge steht nun folgerichtig die Aufhebung natürlicher Determinationen auf der Tagesordnung. Zu diesem Zweck gibt es zwei Strategien: Entweder, man stellt die Existenz biologischer Geschlechter generell infrage und versucht sie als soziales Konstrukt zu entlarven. Oder man marginalisiert sie, indem man das gefühlte Geschlecht über das biologische Geschlecht stellt.

Letztere Strategie ist dabei eindeutig Erfolg versprechender. Denn zum einen muss man sich nicht auf die unsinnige Behauptung einlassen, es gäbe gar keine biologischen Geschlechter. Vor allem aber befriedigt die Vorstellung, dass die reale Welt zweitrangig ist, sondern allein meine inneren Vorstellungen, Wünsche und Idiosynkrasien der Maßstab dessen sind, was als Wirklichkeit zu gelten hat, die naiv-narzisstischen Grundbedürfnisse des nach Sinn suchenden Wohlstandsbürgers. Ganz nach dem Lied aus Pippi Langstrumpf: „Ich mach’ mir die Welt, widdewidde wie sie mir gefällt.“ Und wenn ich mich eben als nicht-binär, pangender, transweiblich, cross-gender oder inter* fühle, dann hat das so zu sein. Befindlichkeiten werden zum Maßstab wissenschaftlicher Taxonomie. Und zur Not muss halt ein Uterus transplantiert werden.

Eigener Jargon implantierter Ideologie

Dass diese eigenwillige Form von Wohlstandsnarzissmus überhaupt seine intellektuellen Reservate an einschlägigen Universitätsinstituten verlassen hat, ist dabei das eigentliche Ärgernis. Denn unter dem Deckmäntelchen der Wissenschaftlichkeit werden tausende Studenten mit kruden Theorien vollgestopft und schließlich in die Welt entlassen. Da sie aber kaum eine Qualifikation haben und lediglich bizarre Theoriefragmente im Kopf, finden sie nur dort Unterschlupf, wo man im Zweifelsfall auch so ganz gut durchkommt: im Kunst-, Kultur- und Medienbereich. Dort sitzen sie an den Hebeln der Meinungsbildung und beginnen, den eigenen Jargon und die ihm implantierte Ideologie durchzusetzen. Wer sich diesem Druck widersetzt, wird als intolerant oder diskriminierend denunziert.

Da niemand in den etablierten Parteien als gestrig gelten will, wird so über die Jahre aus der ehemaligen Ideologie politischer Splittergrüppchen offizielle Regierungsprogrammatik. Selbst in der CDU findet sich niemand, der Rückgrat genug hat, dem ganzen Irrsinn Einhalt zu gebieten.

„Das gesellschaftliche Sein bestimmt das Bewusstsein“, schreibt Karl Marx im Vorwort zu seiner „Kritik der politischen Ökonomie“. So gesehen ist die Gender-Mode nur das folgerichtige Produkt der sozioökonomischen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte. Entsprechend steht zu befürchten, dass nur eine erhebliche Krise uns wieder von ihr befreien wird. Trübe Aussichten.

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Stefan Jess | Sa., 17. Juni 2017 - 14:48

"Denn Grenzen sind der maximale Skandal einer auf Selbstentfaltung und Selbstinszenierung fixierten Gesellschaft. "

Mit wenigen Worten so viel gesagt.

Norbert Schnitzler | So., 18. Juni 2017 - 15:44

Antwort auf von Stefan Jess

Nicht Grenzen sind der maximale Skandal, aber man kann natürlich verschiedener Ansicht sein. Ich empfinde Versuche, die Freiheit übermässig zu beschränken, skandalös.

Zu "unserer Art zu leben" gehört für mich ganz selbstverständlich Selbstentfaltung, "Selbstinszenierung" ist nur abwertend, darauf gehe ich überhaupt nicht ein. Aber die Grenzen sind seit Jahrzehnten immer gleich definiert: Die gleiche Freiheit anderer. Wer den einen mehr Freiheit geben will als den anderen oder wer allen so wenig Freiheit geben will, dass zwischen den Individuen noch ungenutzte verbotene Spielräume bleiben, muss m.E. begründen, warum das so sein soll.

Robert aus Wien | So., 25. Juni 2017 - 11:05

Antwort auf von Norbert Schnitzler

"aber man kann natürlich verschiedener Ansicht sein"

Ja, sicher, man kann auch die Ansicht vertreten, die Erde wäre eine Scheibe und der Mond bestünde aus grünem Käse. Aber kein vernünftiger Mensch würde solche Ansichten als Grundlage für politische Entscheidungen heranziehen, oder?

Daniel Sunnus | Sa., 17. Juni 2017 - 15:07

im Angesicht dieses Irrsinns. Nicht erst seit heute.

Und wissen Sie was, Herr Grau? Ich vermute, genau das ist der Zweck dieser Ideologie. Wer schon über Wörter stolpern muss, wird niemals zum Kern einer Sache vordringen können. Aus Wahnsinn wird Methode, aus der Methode ein Herrschaftinstrument.

Danke, dass Sie meine Fassungslosigkeit in Worte gefasst haben.

Ulrich Bohl | Sa., 17. Juni 2017 - 16:26

Unter den sehr gut beschriebenen Zuständen
die als ich Deutschland-Syndrom bezeichne, da mir
nicht bekannt ist wie weit dieser Prozess in
anderen Ländern fortgeschritten ist, leidet das Land.
Es kann einem schon peinlich sein daran zu denken
die Außerirdischen würden z.B. die Bullenringe aus
den Nasen vieler "MODERNER" finden und daraus
schließen wir wollten alle zu Bullen mutieren.
Es wird immer neue Trends geben, aber wenn der Irrsinn zum Normalfall wird ist etwas unheilbares
daraus geworden. Herr Grau befinden wir uns mit den ganzen Absurditäten als Normalfall nicht
schon im Krisenmodus nur eben nicht am
Kulminationspunkt bei dem es eine Umkehrung
geben muss?
Es scheint alles leider ein bisschen typisch zu sein.
Man muss nur hier nachlesen oder auch ansehen.
https://tickets.rtl.de/jens-neutag-110223/jens-neutag-das-deutschland-s…
Der erste Satz sagt schon alles.
Der Deutsche neigt zu skurrilen Verhaltensweisen. Usw.

Dr. Roland Mock | Sa., 17. Juni 2017 - 16:37

"Ärgernis" ist ein milder Begriff. Es ist wirklich saudumm, daß sich Parteien, die ohnehin mehrheitlich nicht von Studenten, "Intellektuellen", Künstlern etc. gewählt werden, diesem Unfug nicht entgegenstellen. Dies fordert mitnichten Mut, da das Gender-Gequatsche von der sehr großen Mehrheit der Bevölkerung ohnehin nicht ernstgenommen, sondern als eher lästig empfunden wird (Grau: "Wohlstandsnarzissmus"). Ähnlich wie der Hype um den Veganismus. Warum also überlassen die noch wenigstens als halbwegs realitätsnah zu bezeichnenden Parteien das Thema Genderwahn dann kampflos der AfD? Mir ein Rätsel.

Stefan Schlegel | Sa., 17. Juni 2017 - 17:55

Auf normalem Wege kann nur neues Leben entstehen zwischen Mann und Frau und deshalb ist eine solche Partnerschaft besonders schützenswert! Menschen mit anderer Gesinnung können gerne in den von ihnen gewünschten Lebensformen zusammenleben, dass Geschlecht wechseln usw., dass akzeptier ich ausdrücklich, aber hier endet auch meine Toleranz. Eine Ehe kann es aber nur zwischen Mann und Frau geben und gehört deshalb geschützt und auch nur Eheleute sollen Kinder adoptieren können. In meinen Augen sind Kinder keine Ramschware. Besonders fasziniert mich, wenn gerade die Grünen/B90 die anderen Partnerschaftsformen gesetzlich komplett gleichstellen wollen und das als ökologische Partei!!! Was Naturgesetze nicht hergeben, soll anderweitig legitimiert werden. Man kann sich auch die Frage stellen, weshalb es Tofu in Hähnchenform gibt? Im Moment haben wir andere Probleme, diese Randgruppenthemen nerven doch nur!

Dietmar Franz | Sa., 17. Juni 2017 - 18:43

Diesem Artikel ist nichts zuzufügen. Wir sind mittlerweile im dekadenten Zeitalter. Eine kleine Minderheit aus grün- roten Pseudointelektuellen gibt den Ton an und alle klatschen Beifall.

Karin Zeitz | Sa., 17. Juni 2017 - 18:45

hat diese richtige These zu einer Zeit entwickelt, als die Unterschiedliche im gesellschaftlichen Sein bei der Mehrheit der Menschen existenzieller Natur war und hat sich nicht träumen lassen, dass ein Teil der Gesellschaft so übersättigt sein könnte, einen derartigen Unfug zu verzapfen. Derzeit ist es Kult, seinen Körper nach eigenen Vorstellungen zu Verschlimmbessern, um irgendwelche Promis zu ähneln oder eben das “gefühlte Geschlecht“ zu verkörpern. Dabei verleugnet und verändert man die Tatsachen, die Mutter Natur in ihrer Weisheit geschaffen hat. Im Ergebnis rächen sich solche Eingriffe regelmäßig zu einem späteren Zeitpunkt.

Mathias Trostdorf | So., 18. Juni 2017 - 18:51

Antwort auf von Karin Zeitz

...ist, glaube ich, ein wichtiges Stichwort. Aber es nicht nur der Ehrgeiz einiger, die Gesellschaft mit angeblich tollen und revolutionären Ideen mitzuformen, sondern es gibt ja auch zehntausender, eigentlich vielfach sinnloser Stellen für Soziologerlnnen, Literatur- und Sprachwissenschaftlerinnen, Genderforscherinnen etc. die natürlich auch ihre Existenzberechtigung daraus ziehn, immer noch wieder neue, vielfach krude Thesen zu veröffentlichen und ihr Geld damit verdienen.
Deutschland leistet sich laut Focus derzeit 250(!!!) Lehrstühle und Zentren für "Genderstudies". Abgesehn von dem vielen Unsinn, der bisher dabei rauskam: Was für eine Verschwendung von Ressourcen.

Max Hoffmann | Di., 20. Juni 2017 - 09:56

Antwort auf von Mathias Trostdorf

Das ist keine Verschwendung. Denn Verschwendung hieße,die Leute, die auf diesen Professuren sitzen, würden in anderen Fachrichtungen dringend gebraucht. Dem ist aber nicht so. Diejenigen, die auf diesen Genderstühlen sitzen, sitzen dort, weil sie zu nichts anderem fähig sind. Man sollte nicht glauben, diese ProfessorInnen könnten irgend eine Naturwissenschaft lehren oder Philosophie. Diese Genderstühle sind der reine akademische Abfall und die darauf sitzen, haben hiefür das geeignete intellektuelle Niveau oder eine überragende politische Bauernschläue.

Michaela Diederichs | Sa., 17. Juni 2017 - 19:53

"Entsprechend steht zu befürchten, dass nur eine erhebliche Krise uns wieder von ihr befreien wird. Trübe Aussichten." Langeweile macht kreativ. Der Trans-Gender-Wahn bestätigt dies einmal mehr. Und, Sie haben leider recht, vermutlich kann uns nur eine erhebliche Krise von diesem Wahnsinn befreien.

Adrian van Mechelen | Sa., 17. Juni 2017 - 19:59

Die ganze Gender-Debatte ist basiert auf ein (extrem)sozial-konstruktivistisch basierte (radikal)feministische ideologie.
So auch die "Schwangere Personen" von Annika Spahn welche tatsächlich kein Scherz sind. Es steht in ihren Masterarbeit mit dem Titel "Subversion oder Assimilation"? Trans* und Schwangerschaft in ein heteronormativen Geschellschaft"", geschrieben an der Uni Freiburg. Hier der Link zu herunterladen von der Arbeit (70 Seiten PDF):
https://freidok.uni-freiburg.de/fedora/objects/freidok:12314/datastream…
Das Kommentieren dieser Arbeit überlasse ich dem Cicero-Leser welche mehr Ahnung haben von dieser Materie.
Mit Geschlechter, Orientierungen usw. habe ich mir in ein eigene Paper beschäftigt:
https://www.academia.edu/28142857/Evolution_Identity_Orientations_and_s…

wieso ein solches Thema überhaupt als Masterarbeit angenommen wird und welcher Personenkreis solches genehmigt. Wer also steuert das Ganze?

Harald Pflüger | Mo., 19. Juni 2017 - 15:12

Antwort auf von Joachim Wiemann

Wer solche Themen und deren Verbreitung fördert bis hin zu Promotionen, Habilitationen und endlich dann "Leerstühlen"? Na, die Protagonisten sitzen in ihrer Wahrnehmungsblase und befördern sich gegenseitig. Abweichende Meinungen werden nicht zugelassen, Gegner diffamiert und schließlich behauptet, es gäbe natürlich keinen Zweifel an der Richtigkeit der (einzig!) vorherrschenden "Leer"-meinung in Sachen Gender. In Sachen erristischer Dialektik sind das Meisterstücke, in Wirklichkeit ist es für alle, die der Mode des ständig Neuen nicht hinterherlaufen, ein trauriges Stück Propaganda.

Very interesting. An english editor might be useful.

Bernhard Kopp | Sa., 17. Juni 2017 - 20:03

Wir haben uns an die aus den USA kommenden, im amerikanischen Sinn ultra-liberalen Ideen mehr oder weniger, und mehr oder weniger begeistert gewöhnt. Können wir uns vorstellen, wie Polen oder Ungarn, um zwei prominente Beispiele zu nennen, von Russland gar nicht erst zu reden, mit diesen von NGOs und auch von den Akademikern der Soros-Foundation und der Central European University (Budapest) transportierten Themen umgehen. Wie wäre man in D vor den 1970ern damit umgegangen ? Trübe Aussichten.

Michaela Diederichs | Mo., 19. Juni 2017 - 20:10

Antwort auf von Bernhard Kopp

Danke, dass Sie über den Tellerrand schauen. In D wird jede noch so unsinnige Mode, Sport, Strömung aus den USA sofort begeistert und unreflektiert aufgenommen. Das ist gesteuert und politisch m. E. auch so gewollt. MINT wird immer wieder angemahnt, aber nur wenig gefördert. Uns fehlt das Selbstbewusstsein, der Mut der Ungarn, Tschechen und Polen. Einfach mal sagen: mit uns nicht. Wir machen nicht mit. Einfach mal den 68er in sich entdecken und aufmucken.

Susanne Baumstark | Sa., 17. Juni 2017 - 20:05

Schade, dass dieser Beitrag mit einer groben Pauschalisierung beginnt und damit den Aspekten „Selbstverwirklichung“ und „Individuum“ eine negative Rolle zugedenkt. Es ist sicherlich immer noch die Minderheit, die Selbstverwirklichung oder Individualität grenzenlos (miss)versteht und auf den absurden Gender-Zug aufspringt. Der Rest ist Mitläuferschaft, wie ja dann deutlich im Beitrag herausgearbeitet ist. Die Mehrheit derer, die Selbstverwirklichung und Individualität anstreben – mit oder ohne Familie – und sich der vernünftigen Grenzen bewusst sind, werden wohl aufgrund ihrer Loslösung von kollektiven Zwängen die letzten sein, die auf den Gender-Zug aufspringen würden.

Dr. Ulrich Opfermann | Sa., 17. Juni 2017 - 21:32

Ich kann Ihnen nur zustimmen. Es macht mich sehr nachdenklich, dass eine so dümmliche Ideologie so weit in den Alltag eindringen könnte, dass man sich vor lauter gender-gaps, Sternchen und -Innen wirklich fragen muss, ob wir nicht wichtigere Themen in diesem Land haben, die unsere Gesellschaft zu bewältigen hat? Dieses Kreisen um das vermeintlich unterdrücke Selbst ist meiner Ansicht nach Ausdruck einer tiefsitzenden Ziel- und damit verbundener Zügellosigkeit eines Teils der Gesellschaft, die nicht mehr produktiv zum Wohle der Gemeinschaft , sondern nur noch spaltend agieren kann.

Klaus Göhn | Sa., 17. Juni 2017 - 21:50

Wie im Kommentar dargestellt, ist dieser Wahnsinn
kaum zu überbieten. Ich erwarte auch eine Gegenreaktion von Frauen, die sich als Frauen wohlfühlen und auch von Männern, die sich männlich fühlen. Dies setzt natürlich die Gleichberechtigung in allen Lebensbereichen voraus.

Thomas Radl | Sa., 17. Juni 2017 - 23:15

"...oder ob die binäre Geschlechterlogik im Grunde repressiven Rollenzuweisungen diene." Der schwere Kampf, den der Mensch um seine Rolle in der Welt führen muss, ist eine Krux! Meiner Meinung nach ringen diese Leute insbesondere mit der Realität und sind nicht in der Lage, die normative Kraft des Faktischen anzuerkennen. Pah! Sachzwänge! Gesellschaftlich erzwungen! Böse Gesellschaft!
"Wie weit diese unsägliche Gender-Debatte schon in den Alltag eingedrungen ist", ist manchmal für jemanden, der an diesem Problem nicht so mit sich und der Realität ringen muss, kaum zu ertragen. Und gänzlich unerträglich wird es, wie z.B. heute auf Seite 1 des Bonner General Anzeigers, sich über Menschen lustig gemacht wird, die sich selber heiraten! Wie sagte schon Woody Allen über Onanie: "Das ist wenigstens Sex mit jemandem, den man liebt!"
(Leider nicht online gestellt, deshalb kein Link möglich!) Diese Selbstheirater sind bei den Gender-Wissenschaften noch gar nicht erfasst? ist doch voll un-pc!

Roland Hinke | Sa., 17. Juni 2017 - 23:38

Das darf man doch nicht so eng sehen. Ich zum Beispiel bin 66 Jahre alt, habe einen Wohlstandsbauch (meine Frau sagt Bierbauch dazu, aber nur, weil sie sich im Gendern nicht so auskennt...) und ich habe erkennen müssen, dass ich ein Mann bin, der sich wie eine Frau Fühlt, die sich wie ein Mann fühlt. Vermutlich bekomme ich gerade ein Kind. Dafür spricht, dass ich schon länger keine Periode mehr gehabt habe...Früher nannte man das "Frauenversteher". Dafür gibt es sogar Whiskeysorten, zu meinem Glück...

Hans Page | So., 18. Juni 2017 - 08:09

Ich hatte nie verstanden wie offensichtlicher Blödsinn überhaupt die Sichtbarkeit in Medien und Ämtern erreichen kann. Aber Sie haben eine schlüssige Antwort gefunden die einigermassen Sinn macht. Ich vermute die Lösung kann nur sein, den Geldhahn zuzudrehen, dann kehrt der Quatsch wieder dahin wo er hin gehört, in die verrauchten/alkoholseligen/Drogenversiften Kneipen wo man nicht nur diese sondern auch vielen anderen Blödsinn diskutieren kann bis die Sonne aufgeht.

Marianne Bernstein | So., 18. Juni 2017 - 09:33

Auch wenn es ziemlich uncool ist, die meisten Menschen haben ein eindeutig bestimmtes Geschlecht, dass ohne medizinische Eingriffe und lebenslange Therapie nicht geändert werden kann.
Warum also ständig das Geschlecht in Frage stellen.
Ist es nicht eher so, dass innerhalb des Geschlechts eine riesige Spannbreite gibt, die eben nicht auf eine Rolle festgeschrieben werden kann.
Ich sehe die Toleranz innerhalb des biologischen Geschlechts als wesentlich wichtiger an als die Definition von neuen Geschlechtern.

dr. kira mandini | Di., 27. Juni 2017 - 15:39

Antwort auf von Marianne Bernstein

Das sehe ich auch so, Frau Bernstein. Normative Konzepte für Weiblichkeit und Männlichkeit braucht kein Mensch. Es gibt 7 Milliarden Menschen, also ca. 3,5 Milliarden verschiedene Weiblichkeiten und 3,5 Milliarden verschiedene Männlichkeiten.

Reiner Schöne | So., 18. Juni 2017 - 12:18

Nimmt man die 68 als Grundlage, wurde hier wenig über Sex geredet aber viel Sex gemacht. Heute ist Sexualität in aller Munde. Reden, reden, reden. Wer, wann, wo und wie, natürlich auch mit wem. Warum rückt die Sexualität in der heutigen Zeit so in den Vordergrund? Wem interessiert es ab jemand schwul oder lesbisch ist? Laßt die Menschen einfach ihr Leben leben, man muß doch nicht wissen wer es ist!! Schwule und Lesben gab es schon immer, den "Normalo" hat es nie interessiert. Erst seit die Grünen ständig darauf herum hacken, ist dieses Thema plötzlich in aller Munde. Wer hat was davon? Hat man die Betroffenen schon einmal gefragt ob sie das wollen?

robert renk | So., 18. Juni 2017 - 12:42

Grenzen ? Die 68er und ihre ideologisch kontaminierten Nachfolger mögen keine Grenzen, bekannterweise auch nicht im wörtliche Sinn.
Die westliche Gesellschaft demontiert sich in ihrer Dekadenz und Gottesverleugnung selber und weiht sich dem Untergang.

Markus Rothhaar | So., 18. Juni 2017 - 12:54

Ein sehr treffender Beitrag, der das Phänomen auf der grundsätzlichen Ebene angeht: Dem (post)modernen Bewußtsein gilt jede Bestimmtheit, die einfach gegeben ist und nicht vom Subjekt selbst gesetzt, als Skandal, weil solche Bestimmtheiten ihm zeigen, dass es nicht selbstherrlich über alles verfügen kann.

Damit zeigt sich dann aber auch, dass dieses Bewußtsein nicht wirklich auf Vielfalt aus ist, wie von seinen Protagonisten immer wieder behauptet, sondern auf Einförmigkeit: Alles, was nur selbst gesetzt ist, verdankt seine Existenz dem setzenden Subjekt und existiert folglich nicht ohne dieses. Es kann daher jederzeit aufgehoben und durch eine neue Setzung "ersetzt" werden.
Das was eigentlich als existierend gilt und als legitim anerkannt wird, ist also nur die setzende Subjektivität selbst: das leere, bestimmungslose Ich = Ich.
Damit ist diese Position gerade nicht eine der Vielfalt, sondern eine der leeren Bestimmungslosigkeit.

Philipp Meier | So., 18. Juni 2017 - 13:43

Sobald ich gesehen habe, dass der Artikel von Herrn Grau geschrieben wurde, wusste ich schon was mich erwartet.
Man kann über Sinn und Unsinn so mancher sprachlicher Trends ja durchaus streiten, aber Herr Grau belässt es nicht dabei. Er unterstellt denjenigen, die es wagen nicht in das binäre Bild der Gesellschaft zu passen Narzismus. Niemand zweifelt am Vorhandensein zweier biologischer Geschlechter.

"Befindlichkeiten werden zum Maßstab wissenschaftlicher Taxonomie", beschwert sich Herr Grau. Wenn diese Taxonomie biologischer Natur wäre, wäre Herr Graus kritik vlt gerechtfertigt. Aber es handelt sich um eine soziale Taxonomie. Und da das Soziale nicht direkt greifbar ist. MUSS eine soziale Taxonomie Befindlichkeiten berücksichtigen.

Nicht jeder der nicht ins Geschlechtsschema passt befürwortet übrigens Binnen I * etc. Gibt genug die das auch für übertrieben halten. Aber allen die damit ein Problem haben pauschal Narzismus zu unterstellen schlägt dem Fass den Boden aus.

Philipp Meier | So., 18. Juni 2017 - 13:43

Herr Grau pflegt einen Stil, der keinen Zweifel zulässt. Er schreibt in einer Art, die vorgibt die Objektivität für sich gepachtet zu haben. Sein lächerliches „Gedankenexperiment aus dem Genre Science-Fiction“ ist einfach nur peinlich. Genausogut wäre es möglich, dass besagte Außerirdische verwundert wären weil unsere Gesellschaft dem Geschlecht überhaupt so eine große Bedeutung beimisst. Aber Herr Grau kann sich eben nicht vorstellen, dass für Aliens das Geschlecht – von der Partnerwahl mal abgesehen – keine Rolle spielen könnte. Wäre ja auch gut möglich, dass die Aliens Zwitter sind und der Gedanke, es könnte Geschlechter geben an sich schon außergewöhnlich finden. Aber nein, Herr Grau weis wie Aliens denken, denn so entwickelte Wesen müssen ja Objektiv denken, und wer denkt schon objektiver als unser Herr Grau.
(technisch betrachtet impliziert er die Verwunderung der Aliens nur, da Diese anhand der Knochen nicht darauf kommen es könnte diese Debatte geben, allerdings ist

Franz Ruprecht | So., 18. Juni 2017 - 13:45

Herr Grau, ihr Beitrag sollte so in den Geschichtsbüchern stehen. Ich bin voll und ganz bei Ihnen und spreche Ihnen für diese mutige Kritik mein vollstes Lob und unbedingten Respekt aus. Danke.

Philipp Meier | So., 18. Juni 2017 - 13:57

Ich kann durchaus verstehen wenn Leute Probleme mit der doch sehr umständlichen Gendergerechten schreibweise haben. Ich persönlich finde das zuweilen auch absolut übertrieben, da es so umständlich ist. Was ich hingegen nicht mache, ist die Befindlichkeiten der Betroffenen per se als narzistischen Trend abzutun. Das zeugt von einer Dreistigkeit die ich vielleicht am Stammtisch erwarte, aber nicht von einem Philosophen.
Auch der Absatz in dem Herr Grau die angeblichen Strategien bespricht ist an logischen Fehlschlüssen kaum zu überbieten. Er schreibt es wird versucht das biologische Geschlecht infrage gestellt. Das ist nicht der Fall es wird lediglich festgestellt, dass biologisches und soziales Geschlecht nicht immer gleichzusetzen sind (sollte es wirklich zwei Spinner im Internet geben die es tatsächlich in frage stellen wäre das kein Punkt für herrn Grau, denn diese wären eine winzige Minderheit).

Ulf Wagener | Sa., 24. Juni 2017 - 13:31

Antwort auf von Philipp Meier

Sehr geehrter Herr Meier, die Lektüre der Artikels von Herrn Grau hat mich beschäftigt. Ich war dann aber zu faul und bequem meine Gedanken und auch leicht irritierende Empörung so zu ordnen, um einen nennenswerten Kommentar zu verfassen. Ich bin froh, daß Sie (und Herr Wirtz) quasi alle relevanten Punkte benannt haben, die mir fragmentarisch durch den Kopf gegangen sind. Zum einen die auch aus meiner Sicht in Teilen ärgerlichen Auswüchse in der Gender Forschung, mitunter ideologisch engstirnig und natur- und sozialwissenschaftlich nicht haltbar, genauso aber die fundierte Kritik an der schwachen Analyse und Bestandsaufnahme von Herrn Grau, die tatsächich eher am bierseligen Stammtisch entstanden sein könnte und nicht einem philosophischen Geist ensprungen.
"...es wird lediglich festgestellt, dass biologisches und soziales Geschlecht nicht immer gleichzusetzen sind". Wer mit dieser Erkenntnis Probleme hat, dem ist letzlich der Geisteskern der Aufklärung wohl ein Dorn im Auge.

Philipp Meier | So., 18. Juni 2017 - 14:04

Was hat es denn mit Selbstinszenierung zu tun es Menschen zu ermöglichen als das andere Geschlecht zu leben und so behandelt zu werden, oder anzuerkennen, dass es Menschen gibt die eben irgendwie dazwischen liegen. Auch wird das biologische Geschlecht nicht marginalisiert indem man die Kategorie des sozialen Geschlechts anerkennt. Herr Grau wirft der Gegenseite vor Ideologisch zu sein. Ich hasse dieses Wort, weil immer die Anderen Ideologen sind. Man selber ist Rational, die Anderen sind Fehlgeleitete wird damit impliziert. Es gibt keine Unideologische Betrachtung. Und wenn Herr Grau sowas wie intellektuelle Aufrichtigkeit besitzen würde, dann würde er solche billigen Angriffe unterlassen und seine Argumente für sich sprechen lassen. (wenn er denn Argumente hätte)
In Wirklichkeit ist die Welt halt nicht so einfach wie der Autor es sich vorstellt. Das Bedeutet nicht, dass das Binnen-I und sontiges sinnvoll sind, aber dass der Schluss von sich auf andere ins leere führt.

Thomas Wirz | So., 18. Juni 2017 - 21:42

Antwort auf von Philipp Meier

Ich stimme Ihren längeren Ausführungen weitgehend zu. Herr Grau verrührt alles mögliche zu einem Brei und holt sich bei den meisten Kommentatoren billigen Applaus ab. Dass Geschlecht auch (nicht nur) eine soziale Kategorie ist, müsste jedem Geisteswissenschaftler klar sein. Aber die paar radikalen Gender-TheoretikerInnen mit ihren intellektuellen Fingerübungen müssen als Beispiel für einen "Genderwahn" herhalten. Zweierlei beschäftigt mich:
1. Wenn das ganze Thema so banal und unwichtig ist - warum wird es dann von Konservativen bis hin nach weit rechts permanent thematisiert?
2. Wann und wie wird man in seinem Alltag mit dieser "Ideologie" konfrontiert? Also ich werde das nicht.
Wenn man Leute mit seltenen oder für den Außenstehenden z.T. merkwürdigen sexuellen Identitäten für Menschen zweiter Klasse hält, sollte man wenigstens so redlich sein, das auch zu formulieren. Sich aber gehässig über Minderheiten lustig zu machen finde ich - ziemlich unbürgerlich und wenig souverän.

Philipp Meier | Mo., 19. Juni 2017 - 19:36

Antwort auf von Thomas Wirz

@Thomas Wirtz: Ich weis nicht ob Sie meine Antwort noch erreicht, da der Artikel ja schon etwas älter ist, würde mich aber über eine Antwort freuen.

Ich hab den Eindruck, bestimmte konservative Kreise sind überhaupt nicht an einer ernsthaften Auseinandersetzung mit dem Thema interessiert. "Gender" ist für Diese zu einem Unwort geworden. Jegliche Kritik wird mit billiger Mann + Frau = Kind Logik erschlagen.
Ich finde viele Kritiker erwecken den Eindruck als ob Ihnen, durch die Anerkennung der sozialen Komponente von "Gender", etwas weggenommen wird. Niemand möchte Leute daran hindern sich mit ihrem biologischem Geschlecht zu identifizieren. Anders kann ich mir die aufgeblasene Empörung, die diese Themen hervorrufen, einfach nicht erklären.
Wer glaubt denn ernsthaft, dass sich ein Mann den - leider immer noch vorhandenen - negative gesellschaftlichen Implikationen aussetzt eine Frau werden zu wollen nur um eine narzistische Hoheit über die Selbstdefinition zu erlangen.
MfG

Philipp Meier | So., 18. Juni 2017 - 14:16

Ich denke viele Leute haben ein Problem damit Inter- Trans- und sogar Homosexualität anzuerkennen weil sie denken, es dient nicht der Fortpflanzung ergo ist es nicht natürlich. (An sich erstmal logisch)

Die Natur hätte bestimmt Mittel und Wege die Gehirne von Mann und Frau so unterschiedlich zu gestallten, dass es nicht zu diesen Phänomenen kommt. Warum gibt es sie dann? Ich habe darüber lange nachgedacht (weil auch ich meine Vorurteile hatte). Ich bin nach langer Suche auf eine Theorie gestoßen. Wenn unsere Gehirne zu unterschiedlich wären, wäre es schwierig empathisch gegenüber dem anderen Geschlecht zu sein. Und Empathie ist ein großer reproduktiver Vorteil (nicht nur Kraft zählt!).
Das führt halt dann dazu, dass es auch Transsexuelle, Homosexuelle etc. gibt. Und wenn man sich die Welt anschaut bräuchten wir mehr Empathie gegenüber den Menschen die anders strukturiert sind, wie auch dieser Artikel eindrucksvoll belegt.

Detlef Meier | So., 25. Juni 2017 - 19:47

Antwort auf von Philipp Meier

Hallo,
leider sind Sie nicht ausreichend informiert. Es gibt durchaus ernstgenommene Stimmen innerhalb der ultraliberalen Szene, die der absoluten Überzeugung sind, es gäbe keine biologischen Geschlechter. Ein berühmt gewordenes Beispiel finden sie in einer Diskussion zwischen Nicholas Matte und Jordan B Petterson. "There is no such thing as biological sex." Erste Anklänge zu dieser Extremposition findet man bereits bei Butler. Insofern legen Sie also falsch, wenn Sie Grau einen Strohmann unterstellen.
Zwar stellen diese Positionen Minderheitenmeinungen dar, aber diese werden als diskutabel rezipiert. Überhaupt tut sich die Forschung im Gender Mainstreaming unheimlich schwer damit, biologische Tatsachen zu diskutieren. Immerhin beginnt dazu endlich eine Diskussion innerhalb der Soziologie. Siehe auch Stern, 2016, ECON J Watch und Söderlund & Madison, 2017, Scientometrics.

Jacqueline Gafner | So., 18. Juni 2017 - 15:15

Es ist auch in Europa noch nicht allzu lange her, dass Menschen, die dem "Standardmodell" der Mehrheitsgesellschaft augenscheinlich nicht entsprachen, riskant lebten oder zumindest offen diskriminiert wurden. Dass Angehörige von Minderheiten kein Freiwild sind, sondern Anspruch auf Schutz vor Übergriffen, Benachteiligungen und Herabwürdigungen haben, ist inzwischen gesellschaftlich über weite Strecken akzeptiert und auch paragraphenmässig vollzogen worden. Der Minderheitenkult, der in den westlichen Wohlfahrtsstaaten neuerdings um sich greift, ist Ausdruck eines über das Erreichte und Erkämpfte hinausgehenden Versuchs, das "Standardmodell" als Fiktion zu deklarieren, bis hin zu der absurden These, dass es, unbesehen der Säugetiernatur der Spezies Mensch, kein biologisches Geschlecht gebe. Was die/der/das Versuchsleitende dabei übersieht, ist, dass der Schuss auch nach hinten losgehen könnte, sollte die "Fiktion" die nur bedingt amüsanten exotischen Spielchen irgendwann dicke haben.

Sie haben es im ersten Teil gut beschrieben. Anfang der 90er Jahre war die Bundesrepublik bezüglich Toleranz, Frauen- oder Minderheitenrechte bereits gut aufgestellt. Heutzutage hat sich das irgendwie institutionalisiert, auch, weil alle möglichen Organisationen, Komitees, Anlaufstellen für "Minderheiten" ja von Fördergeldern leben und darauf auch nicht verzichten wollen. Ich denke, daß viele "normale" Leute überhaupt keine Probleme mit sexuellen Abweichungen von der Norm haben, es nur nervig finden, wenn ihnen das täglich in den Medien um die Ohren gehaun werden wird- zumal das auch- wie in anderen Bereichen der Gesellschaft- oft belehrend oder aktionistisch daherkommt. Man tut also politisch so, als würde man das alles sehr wichtig nehmen, läßt aber gleichzeitig eine Rückentwicklung der Gesellschaft durch den Islam zu, mit dem wir wieder da ankommen, wo wir eigentlich nicht mehr sein wollen.

Im Falle des Islams würde ich sogar zustimmen, dass die Akzeptanz hier und da etwas zu weit geht. Im Falle von Transpersonen kann man aber doch kaum von einem Kult sprechen.
Es ist ja wohl Fakt, dass diese Gruppe anfeindungen ausgesetzt ist wie kaum eine Andere. Wenn noch nichtmal die Existenz einer, unabhängig vom biologischen vorhandenen, Geschlechtsidentität von weiten Teilen der Bevölkerung akzeptiert wird, kann man doch wohl kaum von einem Kult um die Betroffenen sprechen.
Wiese wird immer gleich der Untergang des Abendlandes heraufbeschworen sobald Menschen Anerkennung einfordern.

Musste bei Frau/Herr/* Meier ein wenig lachen. Ich kann sie aber beruhigen ich hab kein Problem mit meinem biologischem Geschlecht. Herr Meier hätte ausgereicht.

Schönen Abend noch

Detlef Meier | So., 25. Juni 2017 - 20:03

Antwort auf von Philipp Meier

Vllt. lesen Sie mal "Beissreflexe" von Patsy L'amour. Die Salonkolumnisten haben dazu ein sehr gutes Interview veröffentlich, vor just wenigen Tagen.
Das Buch macht in erschütternder Weise deutlich, daß es sich beim Queer-Aktivismus der letzten Jahre sehr wohl um einen autoritär strukturierten, quasi-religiösen Kult handelt. Viele dieser Aktivisten haben versucht, diese Publikation zu verhindern.
Übrigens haben sich in den letzten Dekaden die Geschlechtsumwandlungen bzw. die Personen, die dieses wünschen, ver-n-facht. Transmenschen und Sex Reassignment waren noch nie so anerkannt, wie das heute in westlichen Demokratien der Fall ist, auch wenn die offizielle Narrative ala "Es ist niemals gut genug" etwas anderes behauptet. Interessant dabei: Sex Reassignment ist oftmals nicht mal ausreichend zur Lösung der psychischen Probleme der Betroffenen (Dhejne et al 2011). Zum anderen sind es signifikant häufiger weisse, gutsituierte Menschen, die sich trans-positionieren.

ingrid Dietz | So., 18. Juni 2017 - 18:54

formuliert - danke und weiter so !
Habe mich köstlich amüsiert.

Mathias Trostdorf | So., 18. Juni 2017 - 18:54

"Absurde Diskussion sorgenfreier Individuen"

das trifft den Nagel auf den Kopf!

Christiane Bohm | So., 18. Juni 2017 - 19:11

Die Frau bekommt die Kinder. Egal, ob sie sich als Mann fühlt, der sich als Frau fühlt, oder nicht. Diese biologische Realität besteht. Vergewaltigt ein Mann eine Frau, kann er dann sagen: ich habe mich aber dabei als Frau gefühlt? Bekommt er dann mildernde Umstände? Werden Frauen und Kinder nicht mehr belästigt, wenn sie auf Gendertoiletten gehen? Fragen über Fragen. Dekadenz ist der Untergang von Völkern, wie die Geschichte zeigt. Wie konnte es so weit kommen, dass es dafür Universitätsdiplome gibt. Früher machte man darüber Scherze. Staatlich zertifizierter Dummkopf nannte sich der brave Soldat Schweijk.

"Früher" erscheint mir selten ein gutes Argument. "Früher" (vor gar nicht so langer Zeit) durfte man seine Kinder auch noch legal schlagen, die Frau nur arbeiten gehen war der Ehemann einverstanden, Frauen durften nicht wählen, studieren... Ja, auch Frauen an der Uni waren ein Scherz. Wünschen wir uns "früher" also wirklich zurück?
Kleine Verständnisfrage: Was würde mildernde Umstände begründen, würde eine Frau eine Frau vergewaltigen?!?
Ah, und wo wir eben noch von früher sprachen: "Früher", vor etwa 100 Jahren, trugen Jungen noch rosa und Mädchen hellblau. Und viele Jahrhunderte davor auch. Hat das vielleicht etwas mit Konditionierung zu tun? Oder haben männliche und weibliche Gene spontan ihre "Farbpräferenz" getauscht?
Wer weiß, aber früher war doch alles besser...

Laura Ahlers | So., 18. Juni 2017 - 19:37

Und was die Meinung betrifft, das seien alles Wohlstandsprobleme: Ja, solche Diskussionen tauchen wohl nur in Gesellschaften mit einem gewissen materiellem Wohlstand auf. Aber wünschen Sie sich etwa Zeiten von Hunger, Krieg, Epidemien oder sonstigem zurück? Damit man Sie von Genderdebatten "befreit"?

Und da es in einem Kommentar bereits angesprochen wurde: das Adoptionsrecht für homosexuelle Paare. Wie glauben Sie, geht es den vielen Kindern in Deutschland, die auch in 2017 noch geschlagen und missbraucht werden? Oder die von ihren Eltern, die sie nie wollten, einfach Liebe und Aufmerksamkeit verweigert bekommen? Die homosexuellen Paare jedoch wünschen sich von Herzen Kinder und würden sich vorbildlich um sie kümmern.
Ein weiterer Punkt: Zur Aufnahme von Pflegekindern, die häufiger traumatisiert und somit schwieriger im Umgang sind, sind die homosexuellen Paare dem Staat gut genug. Aber Adoption?! Nein, das geht nicht! ??Wer kann mir diese Logik erklären??

Willi Mathes | So., 18. Juni 2017 - 20:48

Top, Herr Grau !

" Grauzone " wieder erfrischend erhellend !
Was einem gewissen Herrn, namens Phillipp Meier nicht sonderlich " einleuchtend " vorkommt. Infolge mehrerer Kommentare, versucht er dies äußerst erfolglos zu widerlegen.
Danke für den " Zerriss " des Genderquatsches !

Freundliche Grüsse

willi Mathes

Philipp Meier | Mo., 19. Juni 2017 - 21:23

Antwort auf von Willi Mathes

Man mag meine Argumente nicht stichhaltig finden, damit kann ich leben. Wenn es um schwer greifbares wie soziales geht ist die Beweisführung eben schwierig. Aber im Gegensatz zum Autor bediene ich mich nicht irgendwelcher stilistischer Elemente um Objektivität vorzugaukeln wo keine ist. Ich lasse meine Argumente sprechen. Ich kann mich irren.
Ich schreibe nicht aus der Position des Allwissenden der die Gegenseite lächerlich macht, sondern aus der Position des nach Antworten Suchenden. Das ist die intellektuell redliche Vorgehensweise.
Was Herr Grau macht ist billige Polemik. Intention ist nicht die Auseinandersetzung mit der Thematik, sondern die Zustimmung derer, die seine Meinung bereits teilen.
Was daran Top ist erschließt sich mir nicht.

... damit kann ich leben."

An dieser Stelle gehts mir wie Ihnen Herr Meier. Aus exakt diesem Grund kommt von meiner Seite auch kein Argument sondern lediglich der schlichte Hinweis:
Mir ist`s sozusagen schnuppe wer, wen, wann, wo, wie, sexuell bevorzugt. Somit wär dies Thema für mich erledigt und ich muss, über meine derzeitige Partnerin hinaus, auch nicht wissen wer, wen, wann, wo, wie sexuell bevorzugt.

Rolf Lindner | So., 18. Juni 2017 - 22:41

In meiner Kinderzeit haben ich und meine Freunde Holzschwerter, Holzgewehre und Pfeil und Bogen gebastelt, nicht weil uns jemand erzählt hätte, dass das jungentypische Spielzeuge wären, im Gegenteil, wir haben das heimlich getan, weil es in dieser Zeit Kriegsspielzeug nicht zu kaufen gab und gesellschaftlich geächtet war. Wir haben auch zu keiner Zeit Mädchen von unseren Kampfspielen ausgeschlossen. Es hat nur keines Bedarf angemeldet. Gelegentlich provoziere ich Menschen in meinem familiären oder kollegialen Umfeld, indem ich behaupte, dass das alles anerzogen wäre, wenn sie von den geschlechtstypischen Spielen ihrer Kinder berichten. Die am wenigsten beleidigenden Antworten waren „So ein Quatsch“ oder die bekannte Geste mit dem Zeigefinger zur Stirn. Diese Form der Antworten halte ich für die einzige vernünftige.

Felix Katz | Mo., 19. Juni 2017 - 00:25

Wie wäre es mit einem alternativen Gedankenexperiment: Stellen wir uns ein fiktives Land vor, in dem Jungen typischerweise mit Puppen spielen, Frauen Karriere machen und Männer sich um Haushalt und Kinder kümmern und bei dem alle übrigen Geschlechterstereotype genau umgekehrt wie im Deutschland der 50er Jahre vorgelebt werden. Was wäre die Konsequenz? Frauen würden auch weiterhin schwanger, Männer wären auch weiterhin größer und vlt. kräftiger und hätten einen Bart und einen Penis; in allen anderen Dimensionen würde sich ein Junge jedoch im Durchschnitt zu dem traditionellen Frauenbild unserer Gesellschaft entwickeln. Mit anderen Worten, der biologische Unterschied zwischen Mann und Frau ist klein und der soziale/gesellschaftliche groß. Nun ändern sich Gesellschaften jedoch über die Zeit und damit was im Durchschnitt einen Mann und was eine Frau ausmacht. Entsprechend gibt es auch mehr als eine Null - Eins Entscheidung mit Lebensentwürfen zwischen Mann und Frau.

Und bei diesem gedankenexperimentellen Geschlechterrollentausch würden denn acht verschiedene Geschlechter, die entweder ein x, ein sternchen oder ein lnnerInnen hintendran haben und sich damit besser fühlen, rauskommen?

Michael Studer | Mo., 19. Juni 2017 - 11:28

So ungefähr würde in Lautschrift die politisch korrekt gesprochene Anrede lauten. Denn das "-innen" wird auch von den fortschrittlichsten Politikern verschluckt. Womit noch klarer wird, wie allein dieses Krampf-Konstrukt ausser Zungenbrecherei wenig zu einer (wünschenswerten und leider immer noch nicht vollständig erreichten) Gleichbereichtigung der beiden (!) Geschlechter beiträgt.

Zum Thema Gender: Natürlich gibt es (in sehr geringer Prozentzahl) auch Menschen mit nicht klar definierbarem biologischem (!) Geschlecht. Das muss aber nicht in Anreden oder Toiletten seinen Niederschlag finden. Sondern im gleichen Respekt und gleicher Menschenwürde wie allen anderen gegenüber.

Zum generellen Gender-Thema hat Herr Grau alles Wichtige gesagt und treffend formuliert. Ich bleibe optimistisch, dass wir diese von seriöser Wissenschaft nicht annähernd gestützten Geschlechter-Wortspiele irgendwann mit einem besonderen Zaubermittel, der Vernunft, in den Griff bekommen.

Karin Blum | Mo., 19. Juni 2017 - 12:43

Bei einem Fachaustausch zu geschlechtlicher Vielfalt im Bundesfamilienministerium wurden im Februar 2017 zwei Rechtsgutachten vorgestellt. Um die geschlechtliche Vielfalt und das Selbstbestimmungsrecht eines jeden Menschen zu schützen, empfehlen beide Gutachten eine Änderung des Rechts. Beide Gutachten kommen zu dem Ergebnis, dass geltendes Recht in diesen Bereichen nicht den aktuellen grund- und menschenrechtlichen Standards entspricht.

Wer Menschen mit sogenannten geschlechtlichen Normabweichungen unterstützen möchte, kann dem Beispiel vieler namhafter Persönlichkeiten aus Wissenschaft und Gesellschaft und PolitikerInnen auf Europa- Bundes- und Landesebene folgen.

Über 2.400 UnterzeichnerInnen stehen mittlerweile auf der Liste der "Stuttgarter Erklaerung".
www.die-erklaerung.de
Sie ist eine Übereinkunft, Menschen das Wissen über ihr Geschlecht zuzugestehen und anzuerkennen, und u. a. Schrittmachern eine Initiative zur Einhaltung ethischer Standards und Menschenrechten.

Bei "über 2400 Unterzeichnenden" scheint das dann wohl doch nicht das Problem zu sein, das die Massen bewegt?

Ulli Ramps | Mo., 19. Juni 2017 - 12:58

Einfach nur danke. Von einem toleranten Menschen, der Evolutionsbiologe ist und gern jeden nach seiner Facon leben lässt.
Der aber schlicht dennoch weiß, dass wir zwei Geschlechter haben, plus psychologischen Verhaltensstrukturen, die uns die genetisch geprägten Wege hier und da verlassen lassen.
Evolutionär: Ein Fehlweg. Sozialpsychologisch und -politisch: Warum nicht, solange niemand Drittes geschädigt wird.
Als Otto Normalbürger ergänze ich: ... und man nicht dauernd damit belästigt wird, mit binnen-"i" etc. Ich warte schon darauf, dass ich ein Berliner Formular ausfülle und dies abgelehnt wird - ich freue mich dann schon auf die rechtliche Überprüfung dessen.
Die Amtssprache ist Deutsch, da kann der Berliner Senat Wolkenkuckucksheim-Spielchen treiben, wie er will.

Anja Niksmer | Mo., 19. Juni 2017 - 18:25

Die Gegner werfen uns Konservativen vor, dass wir intolerante, unverträgliche Menschen seien. Wir wollten, sagen sie, andere Meinungen nicht tolerieren. Ich habe hier eines zu erklären: die Herren, Damen und Geschlechtsverwirrten haben ganz recht, wir sind intolerant.

Rolf Lindner | Mo., 19. Juni 2017 - 21:22

Wie es verschiedene Formen der körperlichen Intersexualität gibt, gibt es selbstverständlich Formen der geistigen Intersexualität, die jedoch auch an die Materie des Gehirns - also einem Körperteil gebunden sind und in beiden Fällen durch Veränderungen hormoneller Konzentrationsniveaus während der Schwangerschaft verursacht werden. Die Fiktion eines sozialen Geschlechts und dazu noch dessen freie Wählbarkeit ist allein durch Menschen möglich. Tiere haben wie Menschen ein Geschlechtsrollenverhalten, das man sogar durch Hormongaben in sehr frühen Entwicklungsphasen für das ganze Leben umpolen kann. In der Wissenschaft ein alter Hut. Ein noch älterer Hut ist jedoch, die Sexualität des Menschen von seinen evolutionären Wurzeln zu trennen. Der Hut reicht bis in die Zeit vor Darwin zurück. Auf diesem Niveau bewegt sich Genderdiskussion.

Rainer Holzmann | Di., 20. Juni 2017 - 07:50

Tja , endlich gehen wir mal die wirklich wichtigen Probleme an die wir haben ?
Schön , daß sich da endlich jemand drum kümmert .
Und auch gleich noch ein paar Arbeitsgruppen geschaffen die sich der Thematik mit ausreichend Personal annehmen können .
Und sollten wir nicht genügend Personal in unserer aufgeblähten Verwaltung finden weil die gerade mal wieder beschäftigt sind ein Bauvorhaben zu stoppen weil man die " ach so seltene Zauneidechse " gefunden hat lagern wir das aus an eine Privatfirma .
Soooooooooooo teuer kann das doch nicht sein .
Und wenn doch ist es uns sicher das Geld wert ?
Auf geht´s !

Felix Katz | Di., 20. Juni 2017 - 08:44

Wer behauptet bestimmte Personen würden doch gar nicht mehr diskriminiert, der sollte mal die Personen fragen, die davon betroffen sind. Sprich, wenn Männer sagen, Frauen werden nicht mehr diskriminiert; wenn Heteros sagen, Homos und andere Geschlechterrollen werden nicht mehr diskriminiert, und jetzt wäre auch mal gut, dann ist das meist ein Zeichen, dass noch sehr viel diskriminiert wird. Diskriminierung kann nur gestoppt werden, wenn wir uns an den Wünschen und Aussagen derjenigen orientieren, die diskriminiert werden. Ich vermute jedoch, dass weder Herr Grau, noch die anderen Kommentatoren hier (oder nur einzelne) zu der Gruppe der Transgender gehören.

Für weite Bereiche des Lebens spielt es doch gar keine Rolle, ob ich Hetero, Bi, Homo, Transgender oder sonst irgendwas bin: Ich stehe auf, ich wasche ab, ich lese ein Buch. Stehe ich anders auf, wenn ich trans oder homo bin, lese ich anders? Wenn jemand trans in irgendeiner Form ist, soll er sie es es doch sein und sich einordnen, wo er sie es will. Die Mehrheit der Mitbürger wird das doch gar nicht interessieren.

Felix Katz | Di., 20. Juni 2017 - 09:05

Sprache kann sehr viel zur Diskriminierung im Alltag beitragen. Die Nazis waren sich dessen sehr bewusst und haben zahlreiche Begriffe geprägt. Viele von diesen Begriffen werden auch heute noch (ahnungslos) verwendet. Vielen ist bspw. nicht mehr bewusst, dass der Begriff "Asoziale" eine Kategorie in den KZs war, für Menschen, die nicht der Nazinorm entsprachen.

Worte können vergiften, auch wenn die Sprecher dies gar nicht intendieren. Entsprechend ist hier die aufmerksame Wissenschaft oft weiter, als der "Volks"mund, der dies als Transgender-Gedöns von Universitäten abtut.

Laura Ahlers | Di., 20. Juni 2017 - 10:23

Ist es nicht verwunderlich, dass hier so viele intellektuelle Menschen mit schlauen Fachwörtern herumwerfen, aber das Binnen I oder * zu kompliziert finden? Und kann denn keiner "Schüler*innen" mit einer kurzen Pause sagen? Haben wir alle logopädische Probleme? Nein, ich glaube eher, es geht um den Willen. Und ich verstehe, dass bei "jedermensch" etc. viele geistig nicht mehr folgen. Ich nämlich auch nicht. Aber die Illusion des generischen Maskulins z. Bsp., das in Wahrheit zumeist nur als männlich verstanden ist, die ist doch von gestern. Viele wissenschaftlich Tests belegen, dass es nicht funktioniert. Und wollen wir eine Gleichstellung von Mann und Frau, und sollten wir mal über unseren Schatten springen...
Ich, vegan und relativ feministisch, finde es übrigens billig vom Autor, wie so viele einfach die radikalste Gruppe zu zitieren. Die "Veganen Feminist*innen" repräsentieren weder die Mehrheit der Veganer*innen, noch der Feminist*innen! Aber das Publikum feiert Extreme eben...

Swati Nadala Kapoor | Do., 6. Juli 2017 - 03:23

Als Transfrau erlebe ich Interessantes: von der heterosexuellen Mehrheit der Menschen werde ich vollkommen akzeptiert. Niemand hat ein Problem mit mir und wenn, dann nicht wegen Geschlecht oder sexueller Orientierung sondern wegen Verhaltensweisen...das liegt aber bei mir nicht vor. Die einzigen Menschen, die jedoch ein Problem mit mir haben sind manche Personen in LGBT Kreisen, die alles heteronormative für schlecht halten und mir selber anmahnen wollen, ich müsse doch mit ihren Glaubenssätzen dacor gehen. Kritik hatte ich schon gar nicht offen geäußert, da ich ja Harmonie wichtig finde und niemanden ja beleidigen möchte. Dennoch finde ich es fragwürdig von Gruppen die offen für Inklusivität und Akzeptanz stehen wollen dann Andere wegen anderer Meinungen systematisch auszugrenzen. Das zeigt mir das ein System als solches nicht wirklich geändert werden kann, nur die Fassade dessen kann ausgetauscht werden. Ob den Genderholics das auch bewusst ist, ich weiß ja nicht.

Swati Nadala Kapoor | Do., 6. Juli 2017 - 03:31

Als Transmensch betrachte ich es so. Es gibt einfach zwei biologische Geschlechter. Intergeschlechtlichkeit als Varianz mal außen vor. Dann gibt es zu den biologischen Geschlechtern noch Geschlechtsrollen, die natürlich nicht immer mit dem erwarteten Verhalten übereinstimmen. Dennoch haben Hormone und Gene Einfluss auf den Körper als solchen und dazu noch auf die individuelle psychosoziale Entwicklung. Testosteron sorgt eben prozentual für anderes Verhalten als Östrogen. Das natürlich nicht alle Mönner gleich sind in ihrer Lebensweise ist logisch, gleiches gilt auch für Frauen. Oder anders formuliert: es gibt eben Menschen mit Penis und Hoden und Menschen mit Vagina und Gebärmutter. Wie der Mensch sein sekundäres Geschlecht im gelebten Gender gestaltet ist ja seine individuelle Sache. Niemand zwingt einen Mann einen Bart zu tragen oder eine Frau große Brüste zu besitzen. Wer sich von Medien in seiner Selbstbestimmung manipulieren lässt, selber schuld.

Swati Nadala Kapoor | Do., 6. Juli 2017 - 03:42

Kurz gesagt, ich bin ein Mensch mit biologisch männlichem Körper und weiblicher Geschlechtsrolle und Geschlechtsidentität. Was bin ich dann nun? Ein Zweigeschlecht? Weder Mann noch Frau? Oder bin ich vielleicht doch in erster Linie Mensch, in zweiter Linie ein Mensch mit Penis und Gonaden und in dritter Linie erst geschlechtsrollenmäßig eine Frau? Letzteres trifft es eher. Aber ich finde diesen ganzen Sprachwirrwar selber bei logischer Betrachtung bescheuert. Erstens baut es keine Diskriminierung ab, da es auch ganze Nationen ohne Personalpronomen und grammatikalischem Geschlecht gibt, wo Frauen und Männer dennoch strukturell wie auch individuell diskriminiert werden. Z.b in Indonesien. Ob da Sprachimperialismus ausgehend von einer Ideologie hilfreich ist bezweifel ich. Liebe Mitmenschen; liebe Bürgerinnen und Bürger, lieber Muslime und Muslima, liebe Studentinnen und Studenten, die ihr gerade Studierende in einer Universität seit. Was ist daran so schwer? Oder gleich Dear students ;)

Swati Nadala Kapoor | Do., 6. Juli 2017 - 03:55

Heute gibt es schwule Männer. Früher war der Begriff schwul noch ein weitverbreitetes Schimpfwort. Doch was haben die homosexuellen Männer gemacht? Sie haben den Begriff entmachtet, indem sie ihn als Eigenbezeichnung übernahmen und positiv konnotierten. Genauso wie Afroamerikaner ein gewisses N Wort selber im Slang als Bezeichnung für Bruder etc nutzen. Was aber machen Feministinnen? Sie diktieren eine Schreibweise und mahnen zu gendergerechter Sprache an, die aber niemals die Denkweisen in den Köpfen der Menschen verändert. Anstatt auf Intention zu achten und den Gegenüber noch zu fragen wie etwas denn im Kontext gemeint sei wird einem gleich gerne Sexismus, Homophobie, Ausländerfeindlichkeit, Veganerphobie etc entgegen geworfen. Dabei merken sie nicht wie diskriminierend ihre Denkweise ist und welches Diktat sie dadurch anderen (auch selber manchen Transmenschen) aufzwingen, die Gender und Biologie unpolitisch differenzierter und wissenschaftlicher betrachten wollen und auch können.

Swati Nadala Kapoor | Do., 6. Juli 2017 - 04:06

Was brauche ich zur Fortpflanzung? Einen Penis mit Hoden und funktionierenden Spermien und eine Vagina mit Gebährmutter und befruchtbaren Eizellen. Diese Pole müssen zu einander finden um die Fortpflanzung zu gewähren. An sich brauchen wir nur Spermien und Eizellen und eine Gebährmutter, denn die Spermien kann man auch künstlich einer Eizelle hinzufügen. Ethisch diskutierbar aber medizinisch möglich.
Der Gender wäre die Rolle, die ich persönlich performe. Wie ich meine soziale Rolle gestalte und lebe. Ob ich dann Kinder gebäre oder den Samen spende hat primär nichts mit dem Gender zu tun sondern rein mit der biologischen Vorbestimmung. Ob ich es dann aber auch tue hat etwas mit der erwarteten Geschlechtsrolle zu tun. Alles andere ist reine individuelle Gestaltung vom Geschlechtsrollenbild und Körperdarstellung. Ich würde dann schon von Inszenierung sprechen. Das ist ja auch jedem freigestellt. Jeder kann sich so kleiden und stylen wie er möchte. Das ändert aber an der Biologie nichts