Jubelnde Türken stehen mit Bengalos am 16.04.2017 vor dem Hauptquartier der AKP in Ankara (Türkei) und feiern eine Zustimmung für das Verfassungsreferendum
Jubelnde Erdogan-Anhänger: „Krieg, Dschihad, Märtyrertum!“ / picture alliance

Türkei-Referendum - Drehbuch für einen Gewaltfilm

Weder die Analysten in der Türkei noch die Politiker in Europa scheinen die Konsequenzen des Referendums begriffen zu haben. Warum im Land selbst jetzt Misstrauen und Zwist drohen, und das weltpolitische Gleichgewicht zwischen Ost und West aus den Fugen geraten könnte

Autoreninfo

Cem Sey, 54, ist ein freier Journalist, der für deutsch- und türkischsprachige Medien arbeitet. Für Medien wie Cumhuriyet, CNN Türk, Deutsche Welle und BBC war er als Korrespondent tätig.

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Das Wahlvolk hat abgestimmt. Das Verfassungsänderungspaket des Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan ist, so scheint es „durch“. Und Kommentatoren und „Experten“ in türkischen Fernsehsendern analysieren und zerpflücken die Wahlkreisauszählungen, als wäre das gestrige Referendum eine Parlamentswahl gewesen.

Sie palavern darüber, was nun aus der Stimmenkonstellation für die nächsten Parlamentswahlen herauszulesen wäre. Welche Partei gestärkt und welche geschwächt sei. „Ähem!“, möchte man dazwischenrufen: Welche Parteien, welches Parlament?

Parteien und Parlament vor Bedeutungslosigkeit

Offenbar haben die türkischen Meinungsmacher noch gar nicht realisiert, was gerade mit hauchdünnem Stimmenvorsprung entschieden worden ist: In der Türkei wurde die parlamentarische Demokratie abgeschafft; einem Präsidialsystem – zudem einem sehr schlechten – der Weg bereitet. Parteien und das Parlament werden künftig kaum noch eine Rolle spielen.

Das Ergebnis ist knapp. Mit etwas mehr als 50 Prozent siegte die islamistisch-nationalistische Koalition, die Erdogan zu diesem Zweck schon lange geknetet hat. Wohl nur mit Hilfe der Auslandstürken, vor allem denjenigen in Deutschland, konnte die „Ja“-Fraktion die 51-Prozent schaffen.

Erdogan ist das womöglich egal. Vernünftige Ratgeber sagen jetzt, dass nach diesem knappen Ausgang des Referendums die grundlegende Umgestaltung des türkischen Staates moralisch fragwürdig sei. Dass mit diesem Ergebnis die eine Hälfte der Gesellschaft nicht nach Belieben über die andere Hälfte im wahrsten Sinne des Wortes herrschen dürfe. Wer Erdogan kennt, weiß, dass er selbst mit einer Mehrheit von einer einzigen Stimme (das wäre in dem Fall, theoretisch seine eigene) sich dazu berechtigt sehen würde.

Ein Morast wurde angelegt

Das Drehbuch für die nahe Zukunft der Türkei wurde quasi über Nacht schon geschrieben. Zwist, Misstrauen und Gewalt werden eine prominente Rolle spielen. Erdogans Gegner sind wütend. Zurecht weisen sie auf Regelverstöße und fragwürdige Abstimmungen hin. Denn nachdem der Urnengang begonnen hatte, änderte die Wahlkommission die Regeln und öffnete damit die Tür für Manipulationen. Der Vorsitzende der Republikanischen Volkspartei (CHP), Kemal Kilicdaroglu, protestierte: „Die Wahlkommission sorgt dafür, dass die Legitimität dieses Referendums anzweifelbar ist.“ Juristisch, moralisch, politisch wurde ein Morast angelegt, aus dem heraus es keinen leichten Ausweg mehr geben wird.

Erdogan wartete gar nicht erst das Auszählungsergebnis ab. Noch bevor das Endergebnis verkündet wurde, drohte er unverhohlen, dass die Opposition sich keine weiteren Hoffnungen machen solle. Ab jetzt sei das politische System der Türkei anders. „Die Nation hat über das 200 Jahre alte Verwaltungssystem geurteilt“, sagte er. Was er meinte, war, dass sich vor 200 Jahren die türkische Gesellschaft, damals noch Osmanisches Reich, nach Westen hin öffnete.

Damit lässt er keinen Zweifel aufkommen, dass es aus seiner Sicht bei diesem Referendum nicht lediglich um die Abkehr vom parlamentarischen hin zum präsidialen System ging. Vielmehr wurde in seinen Augen dem Projekt zugestimmt, eine grundlegende Neuorientierung der türkischen Politik gen Osten und Islam – und damit gegen den Westen – einzuleiten.

Erdogan will Wiedereinführung der Todesstrafe 

„Krieg, Dschihad, Märtyrertum!“, grölten denn auch seine jungen Anhänger in den Straßen Istanbuls. Sie sind schon längst eingestimmt auf diesen Plan. Und Erdogan selbst fügte hinzu, was sein erster Schritt als Präsident sein werde: die Wiedereinführung der Todesstrafe – wohlwissend, dass diese Aussage einer Absage an Europa gleichkommt.

Die Absage an die andere Hälfte der eigenen Bevölkerung erklärten unterdessen seine Anhänger. Als die enttäuschten Erdogan-Gegner nach der Wahl aus Protest auf die Straße gingen, drohte ihnen der Erdogan-nahe Journalist Ömer Turan mit einem Tweet: „Wer heute eine zweite Auflage von Gezi-Protesten anzuzetteln versucht, würde auch die Zeche der ersten Proteste von damals bezahlen. Wir sind nicht in 2013.“

Erdogan-Fans, wahrscheinlich Mitglieder seiner inoffiziellen Milizen, dem „Ottomanen-Zentrum“, griffen dann auch die Protestierenden tätlich an. Mehrere Personen wurden verletzt. Auch die Polizei ging mit Gewalt gegen Protestierende vor.

Türkei steht vor großen Problemen

Erdogan ist allerdings mit gewaltigen Problemen konfrontiert. Just einen Tag nach dem Referendum wurde die offizielle Zahl der Arbeitslosen in der Türkei bekannt gegeben. Demnach stieg die Arbeitslosigkeit in einem Jahr um 1,9 Prozent und erreichte 13 Prozent – unter Jugendlichen sogar 24,5 Prozent. Die Wirtschaft steht vor einem schmerzhaften Umstrukturierungsprozess. Viele befürchten nicht unbegründet, dass der gestärkte Erdogan die Lösung der Probleme erneut in außenpolitischen Abenteuern suchen könnte.

Wunschdenken von Merkel und Gabriel

Ist daher die Antwort von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Außenminister Sigmar Gabriel angemessen? Sie begrüßten offiziell das Ende des Wahlkampfes und hoffen, dass die türkische Regierung „nun einen respektvollen Dialog mit allen politischen und gesellschaftlichen Kräften des Landes sucht“. Dass das Wunschdenken ist, wissen sie wahrscheinlich auch selbst.

Elmar Brok, Vorsitzender des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten des EU-Parlamentes und ewiger Gegner eines EU-Beitritts der Türkei, erklärte dagegen die Beitrittsverhandlungen endgültig für gescheitert. Auch der CSU-Mann Manfred Weber, Vorsitzender der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament, erklärte die Welt aus seiner Sicht im ZDF: „Diese Lebenslüge, die wir in den Beziehungen zwischen der EU und der Türkei haben, nämlich die Vollmitgliedschaft, die muss jetzt ernsthaft diskutiert werden und aus unserer Sicht vom Tisch genommen werden.“

Europa in der Sackgasse

Diese Reaktionen verdeutlichen, wie ratlos europäische Politiker vor der neu entstandenen Situation stehen und dass auch viele Europäer die Konsequenzen dieses Referendums noch nicht verstehen –  vor allem im konservativen Lager. Denn nun ist man in der Sackgasse angelangt, vor der EU-Befürworter in der Türkei seit Jahren warnten: Die Türkei wird nicht einfach zum alten Status Quo zurückkehren und den Gendarm am Südostflügel der Nato für Europa spielen. Vielmehr verabschiedet sie sich gerade endgültig von der westlichen Gedankenwelt, wechselt die Seiten, bleibt aber dennoch fester Bestandteil westlicher Sicherheitsarchitektur.

Damit sind die nächsten schweren Belastungen für das empfindliche Gleichgewicht zwischen Ost und West programmiert.

Zu diesem Artikel gibt es eine Umfrage
Cicero arbeitet mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey zusammen. Civey erstellt repräsentative Umfragen im Netz und basiert auf einer neu entwickelte statistischen Methode. Wie das genau funktioniert, kann man hier nachlesen. Sie können abstimmen, ohne sich vorher anzumelden.
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Beat Leutwyler | Mo., 17. April 2017 - 16:59

Mit dem Gewicht der Politischen Neutralität hätte "das empfindliche Gleichgewicht zwischen Ost und West" sich längst auf höchste Stabilität geneigt.

Dazu müsste aber Deutschland bereit sein, diese Politische Neutralität auszurufen. Zusammen mit Österreich, Schweden und der Schweiz würde das grösste Bollwerk des Friedens auf dem Kontinent geschaffen. Ein weit effizienteres, als es die EU jemals war.

Stattdessen zieht es Deutschland vor im Deckmantel der NATO in verschiedenen Ländern der Welt Krieg zu spielen, dies ohne UNO-Mandat.

Es ist Deutschland, das ein Doppelspiel spielt. Da sei die grösste Einsatzzentrale der US-Streitkräfte für Drohnenangriffe gegen Asien und Afrika nur am Rande erwähnt.

Kleine Staaten wie die Schweiz oder Österreich können sich Neutralität leisten. Wobei auch diese sich eindeutig zum Westen zugehörig fühlen. Wenn ein großer Staat wie Deutschland das Gleiche macht, bildet sich ein Vakuum das früher oder später gefüllt wird. Natürlich könnte man militärisch so aufrüsten, dass sich kein Vakuum herausbildet. Nur, das hatten wir schon. Die historischen Erfahrungen damit sind nicht positiv. Es fällt auf, dass in Deinem "Bollwerk des Friedens" Polen und die baltischen Staaten fehlen. Das wären wohl die ersten Opfer des "Friedens".
Die Aufgabe der Westbindung ist ein Traum vom rechten und linken politischen Rand mit dem man meint der komplizierten Welt entfliehen zu können.

Genau richtig. Da lässt sich Deutschland wie 1940 gegen Russland wieder zum Verfechter angloamerikanischer Interessen machen.

Jacqueline Gafner | Mo., 17. April 2017 - 17:58

Wenn das Plebiszit über die Verfassungsreform eines unmissverständlich klar gemacht hat, dann dass die Erdogan-Türkei als Partner des Westens ausgedient hat. Als Staat steht sie nicht mehr auf dem Boden von Recht und Demokratie, als Wirtschaftsraum verliert sie laufend an Bedeutung ein und als NATO-Mitglied ist sie von einem festen Wert zu einem Trojanischen Pferd mutiert. Daraus gilt es die nötigen Konsequenzen zu ziehen, und das rasch, hart und konsequent. Denn eine andere Sprache versteht der vermeintlich starke Mann vom Bosporus offenkundig nicht, der gestern eine empfindliche Niederlage erlitten hat, wenn man mit in Rechnung stellt, unter welchen Rahmenbedingungen das äusserst knappe Ja zur Umwandlung der türkischen Republik in eine Einmann-Diktatur zustande gekommen ist. So, und nur so, hat das Land vielleicht noch eine Chance, diesen egomanischen Machtmenschen innert nützlicher Frist wieder los zu werden. Das hat seinen Preis, für beide Seiten, doch führt daran kein Weg vorbei.

Hypostasenbildung ("die" Türkei "steht" bzw. "steht nicht") ist sprachlich natürlich möglich, führt aber in der Sache auch zu keinen Verbesserungen. Die Welt ist bekanntlich alles, was der Fall ist. Damit müssen "wir" nun umgehen. Der Wunsch nach harten, schnellen und konsequenten Konsequenzen (Ihre Formulierung) ist verständlich, aber m.E. von dem gegebenen Personal in den entscheidenden Positionen schlicht nicht zu erwarten. Bzw. liegt außerhalb aller Erfahrung der letzten ca. 20 Jahre. Fündig würde man da wohl am Ehesten beim gegenwärtigen US-Präsidenten, das harte Entweder-Oder ist aber als Politikstil ansonsten weithin unüblich, zumindest im sog. Westen. Also werden Sie und ich damit leben müssen, dass die EU-Politiker mit Cumhurbasbakani Recep Tayyip Erdogan selbstverständlich und alternativlos auszukommen trachten werden. Mit der "richtigen" Geschichtsseite hat dies natürlich wenig zu tun, eher aber mit den Mühen der Ebene, die nach allen Seiten offen und flach ist.

bruno leutze | Di., 18. April 2017 - 14:28

Antwort auf von Peter Steinbacher

wenn ich ihre Antwort auf den Beitrag von Frau Gafner richtig verstehe, halten Sie das ggw. politische Personal für unfähig, die "harten schnellen Konsequenzen" zu ergreifen und umzusetzen. Was soll man sich darunter vorstellen?

Die politische Strategie unserer ggw. politischen Macher, nach allen Seiten offen zu sein, soweit es den imperialen wirtschaftlichen + politischen Interessen dient, sollte Ihnen jedoch zu denken geben. Sie sollten sich die Frage stellen, wieso die EU daran interessiert ist, eine Türkei zu haben, die ihre Souveränität für die EU-Mitgliedschaft einzuschränken bereit ist.
Die Nützlichkeit für's Geschäft ist maßgeblich, wenn nicht einfach dann auch mit Hindernissen, wie in der Vergangenheit möglich war und zukünftig zu erwarten sein wird. Egal ob Diktatur oder Demokratie.
Da spielt die Herkunft der "Macher" keine Rolle. Und lustig wird es für den Bürger mitnichten. Dafür aber darf er selbst die nächsten auswählen, die die "Eier in der Hose haben"...

ein bekannter Politiker hat einmal gesagt: entscheidend ist, was hinten rauskommt. Ob das Ergebnis jetz knapp war, die Wahl unfair und mit Auffälligkeiten-egal. Wiedereinführung der Todesstrafe-egal. Staat nach islamischen Grundwerten und Kultur-egal. Keine Demokratie mehr-egal. Hören Sie sich doch das Herumgeeiere unserer Politgrößen an: welche Konsequenzen erwarten Sie? Haben wir von Frau Merkel ein Statement zu Voraussetzungen für die weitere Zusammenarbeit gehört, wie sie es nach der Trump Wahl von sich gegeben hat? Im globalen Machtkampf spielt das für die USA doch überhaupt keine Rolle, Amerika macht die Musik,
Europa tanzt danach. Glauben Sie doch nicht, dass deswegen unsere Soldaten aus Incirlik abgezogen werden oder Finanzhilfen in großem Umfang eingefroren werden.
Man darf ja jetzt nicht auch noch die knappe andere Hälfte, die Hayir Wähler, bestrafen. Und ob jemand auf der richtigen oder falschen Seite steht oder stand, entscheidet am Ende der Sieger und die Geschichte.

Dass Geschichte, soweit sie zwischen zwei Buchdeckel eingepasst wird, in aller Regel von den Siegern geschrieben wird, ist bekannt. Allerdings tun die das kaum je ein für alle Mal, da die Verlierer von gestern nicht selten die Sieger von morgen sind. Über alles gesehen ergibt sich über die Zeitachse jedenfalls ein Muster, welche Modelle staatlicher Ordnung sich im Vergleich mit andern in bestimmten Kulturkreisen als eher langlebig und durchsetzungsstark erweisen und welche nicht. Diktaturen gehören im jüdisch-christlich geprägten Abendland seit der Epoche der sogenannten Aufklärung nicht mehr zu den Rennern, ungeachtet der leider nur zu bekannten Rückschläge in den letzten gut 200 Jahren. Europa tut derjenigen Hälfte der türkischen Bevölkerung, die in diesem Sinne abendländisch tickt, somit keinen Gefallen, wenn es sich mit der Erdogan-Türkei arrangiert statt - einmal mehr - Flagge zu zeigen. Im Gegenteil: es verrät die vorgeblichen Verlierer, wenn es auf die Appeasement-Karte setzt.

Armin Latell | Mi., 19. April 2017 - 15:17

Antwort auf von Jacqueline Gafner

ich wollte Ihnen nicht prinzipiell widersprechen, sondern aufzeigen, dass für unsere Politiker das Wort und seine Bedeutung "Konsequenzen" nicht existiert, das Gerechtigkeitsempfinden des einfachen Bürgers interessiert nicht, wenn nötig (warum auch immer) werden auch Werte, die bis heute als fix galten, verkauft oder verraten, auf neudeutsch: man zeigt sich opportunistisch, da stört ein Gewissen nur.

dann haben wir ja weitestgehend Konsens. Ich mache mir wenig Illusionen, wie Politik im Kleinen wie im Grossen funktioniert, bin mir indessen ziemlich sicher, dass gewohnheitsmässige Opportunisten den Bumerang-Effekt unterschätzen, der mit einer entsprechenden Haltung einhergeht. Denn mit der Glaubwürdigkeit der eigenen Position verhält es ähnlich wie mit der Unschuld: hat man sie erst einmal verloren, bringt sie nichts und niemand mehr zurück.

Mathias Trostdorf | Mo., 17. April 2017 - 18:24

Es wird bald noch gewaltig krachen, und zwar nicht nur in der Türkei, sondern auch in Westeuropa, wo man sich diverse Konfliktparteien ins Haus geholt hat und weiter holt. Aber Merkel, Gabriel und Roth wollen immer noch nicht merken, daß sie mit ihrer unterwürfigen Leisetreterpolitik gescheitert sind, und daß mit einer steigenden Anzahl demokratiefeinlichen Migranten im Land auch deren Traum von der multikulturellen Gesellschaft nicht den Funken einer Zukunft hat.

Arndt Schuster | Mo., 17. April 2017 - 18:31

Und wieder hält es Frau Merkel für nötig, einem anderen souveränen Land Ratschläge zu erteilen: Sie fordert von der türkischen Regierung, dass sie "nun einen respektvollen Dialog mit allen politischen und gesellschaftlichen Kräften des Landes sucht". Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen! Es ist genau dieser Dialog, den sie den "Rechtspopulisten" (dazu zähle ich mittlerweile auch große Teile der gesellschaftlichen Mitte) verweigert. Hätte sie nämlich mit einer vernünftigen und kontrollierten Einwanderung und mit damit verbundenen konsequenten Grenzkontrollen die Zahl der Zuwandernden auf ein für Deutschland verkraftbares und vertretbares Maß gehalten, dann hätte es das sehr fragwürdige EU-Türkei-Abkommen gar nicht zu geben brauchen. Deutschland hätte sich dann nicht in die Hand eines Despoten begeben müssen. Vielleicht wäre dann manche politische Entwicklung ganz anders verlaufen. Zumindest hätte man Fehlentwicklungen in der Türkei viel deutlicher ansprechen können.

Reinhard Oldemeier | Mo., 17. April 2017 - 20:32

Die leisen Töne von Frau Merkel und Herrn Gabriel, hören sich an wie das Pfeifen im Wald.
Es ist die schiere Angst, dass Erdgogan, den mühsam ausklamüsterten Flüchtlingsvertrag ins wanken bringt. Aber auch das Stimmvieh, welches den Ausschlag gegeben hat für Erdogans Verfassungsänderung, welches mit Leichtigkeit zu mobilisieren ist, kann den deutschen Staat nun arg ins schwitzen bringen.
Die Zeiten werden nicht leichter, und ich denke mal Frau Merkel verflucht Heute den Tag an dem sie sich nochmal als Bundeskanzler aufstellen ließ.
Denn die deutsche und europäische Politik befindet sich in einer Sackgasse. Ein weiter so wird es nicht mehr geben können. Erdogan hat mit dem Referendum sich nun aus der Nato und der EU verabschiedet. Es sind Fakten geschaffen worden, die niemand nach den Osterfeiertagen mehr ignorieren kann. Aber auch innenpolitisch ist die doppelte Staatsbürgerschaft durch die türkischen Migranten selbst an die Wand gefahren worden, das sollte Jedem klar sein.

Eckhard Kröncke | Mo., 17. April 2017 - 23:19

Die Erdogan-Türkei entwickelt sich zu einem islamischen Staat. Schritt für Schritt. Das war und ist das Ziel von Erdogan. Er war der Wolf im Schafpelz. Saudi Arabien unterstützte finanziell diesen Prozess. Langfristig will man die Islamisierung in Deutschland bzw ganz Europa erreichen. Über tausend türkische Imane Staatsbeamte) predigen jede Woche in den Moscheen wie verwerflich das westliche Leben ist und nur der reine sunnitische Islam (nach Saudi Arabien)die Glückseligkeit bringt. Wir können und dürfen unsere Wertegesellschaft nicht vor die Hunde gehen lassen! Ein Bleiberecht in Deutschland muss verbindlich und schriftlich mit unseren Gesetzen und Werten verbunden werden.

Berthold Bohner | Mo., 17. April 2017 - 23:42

Dem Artikel kan ich vollumfassend zustimmen.
Dies gilt aber nicht für die Reaktionen unseres politischen Personals. Die Türken haben sich mit dieser Abstimmung endgülig aus Europa verabschiedet , das sollten unsere Politiker endlich zur Kenntnis nehmen , aber nein , wie trotzige Kleinkinder will man die Realität nicht sehen.Wenn ich erleben muß , dass offensichtliche Tatsachen notorisch ignoriert werden , zweifle ich an der menschlichen Vernunft. Wie kann man mit solchen Leuten noch diskutieren ?

Christop Kuhlmann | Di., 18. April 2017 - 01:37

dann kann ihr die Türkei egal sein. Aus selbstverschuldeter Seenot gerettete Flüchtlinge könnten ja irgendwo in Westafrika angesiedelt werden. Schließlich geht es ja um Schutz vor Verfolgung und nicht um Einwanderung. Ein Mandatsgebiet würde zwar etliche Milliarden kosten, ist aber am ehesten geeignet den Markt für Schlepper auzutrocknen. Das ist jedenfalls besser als Diktaturen mit Entwicklungshilfe zu stabilisieren. Humanitäre Lösungen lassen sich nun einmal nicht mit Bomben verwirklichen, wie man in Syrien sieht und die Wüsten Namibias sind groß.

Joachim Florian | Di., 18. April 2017 - 08:55

Jetzt haben wir hier in Deutschland ein Problem mit der doppelten Staatsbürgerschaft!

Wenn ERdowahn in Zukunft seine Macht in der Türkei nicht mehr reicht und hier in Deutschland seine eigene Partei gründen lässt haben wir hier noch weit mehr Probleme. Das kann man nur ausschließen in dem man schnellstens die Doppelte Staat6sbürgerschaft abschafft und somit den Türken denen an Deutschland etwas liegt auch die Möglichkeit gibt sich auch für Deutschland und deren Westliche demokratische Werte zu bekennen. Und die anderen können Ja gern zu Ihren Diktator ins eigene Land ziehen

Jürgen Rochnow | Di., 18. April 2017 - 11:56

Die Erkenntnis kommt spät, halbherzig und mal wieder mit politischer Intention. Als neutraler Beobachter musste man sich geduldig wundern, darüber wie demokratisch-westlich-reformerische Kräfte der AKP bei der Entmachtung des laizistischen Militärs zugejubelt haben, wie man es als Sieg der Rechtsstaatlichkeit und der Religionsfreiheit gefeiert hat, dass sich Erdogan die Mühe macht ein Kopftuchverbot z.B. in den Universitäten aufzuheben und wie die westlichen "Wirrköpfe" Schlange standen, um Erdogan als erster zur Niederschlagung dieses "verfassungs- und demokratiefeindlichen Putsches" zu gratulieren. Und nun wieder nur halbherzige Ernüchterung ohne Konsequenzen im Umgang mit der hier vielzuselten so treffend bezeichneten islamistisch-nationalistischen! AKP zu ziehen. Statt dessen mäkelt man sich das Wahlergebnis zu Recht, um so das Tor zum "Weiter so" inklusive Visafreiheit, Beitritt zur EU, Milliardenzahlungen an die Türkei und "zuverlässigen und treuen Bündnispartner" offen zu lassen

Sebastian Grünitz | Di., 18. April 2017 - 12:23

Interessanterweise sind es gerade die westlichen Politiker und die unterlegene türkischen Parteien, die nun von Gewalt, Spaltung und Bürgerkrieg sprechen. Von der aggressiven AKP und Erdogan hört man solche Töne nicht. Mögen sich die europäischen Politiker mit ihren NGO Claqueuren auf das hohe Ross des Regime-Change in der Türkei begeben. Einen besseren Gefallen wird man Erdogan gar nicht geben können und er hat Menschen hintersich, die wissen, dass man ihnen nichts entgegen setzen wird. Man hat ja mit der knapp 1 Millionen Türken in Deutschland in 2. bzw. 3. Generationen soviele Schwierigkeiten, dass man verzweifelt auf Staatsautorität verzichtet und hofft, dass eine mehrfache Staatsangehörigkeit zusammen mit üppigen sozialen Zuwendungen zu mehr Dankbarkeit führen wird. Dazu kommt noch die prinzipienlose deutsche Außenpolitik, damit die "Willkommenskultur" zur "kulturellen Bereicherung" nicht vollends in "Euphorie" überschwappt.

jürgen pauls | Di., 18. April 2017 - 13:09

Die Reaktionen von Gabriel und A.Merkel auf das Ergebnis des Referendums sind typisch für die Leisetreterei unserer Regierenden. Was soll die naive Erwartung, Erdogan werde respektvoll mit der Opposition umgehen. Er hat es vor dem Referendum nicht getan und wird es jetzt umso weniger tun, sondern eher noch verschärfen. Das zeigt dich auch die prompte Verlängerung des Ausnahmezustands, obwohl dafür kein Anlass besteht. Sinn und Zweck ist allein, Erdogan die Befugnis einzuräumen, weiterhin mit Dekreten zu regieren. Meiner Meinung nach hätte er auch im Falle einer Niederlage so reagiert und sich nicht um Recht und Verfassung gekümmert. Bis zum Inkrafttreten der neuen Präsidialverfassung wird er das auch weiterhin tun, bis er dann seine Gegner nicht nur einsperren, sondern auch töten lassen kann. Wenn sich Europa auch jetzt noch sträubt, die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei abzubrechen, ist seinen Politikern nicht mehr zu helfen, allen voran unsere Kanzlerin.

Robert Müller | Di., 18. April 2017 - 13:56

Was soll denn dieses "weltpolitische Gleichgewicht zwischen Ost und West" sein? Bekanntlich gibt es die Sowjetunion nicht mehr und große Teile des "Ostens" sind heute in der NATO und EU oder wollen noch rein (Ukraine). Im übrigen will die Türkei nicht zu Russland wechseln, sondern zu China. Russland hat ein Bruttosozialprodukt, welches kleiner als das von Italien ist. Putin hat nichts zu bieten außer Erdöl und Erdgas! Schon die Griechen mussten das lernen. Das heißt, die Türkei steht genauso nackt da wie Griechenland, nur steht der wirtschaftliche Zusammenbruch noch bevor. So sieht es aus!

Nilo Baum | Di., 18. April 2017 - 14:08

Was werden die Auswirkungen der durch Wahlmanipulationen erreichten Präsidialdiktatur sein ? Man kann davon ausgehen, dass Erdogan die Oppositionskräfte noch stärker drangsalieren wird. Auch die Kurden werden vermehrt unter Repressionen zu leiden haben. Ein grosser Teil der intellektuellen Eliten werden das Land wohl verlassen, wie auch Millionen von anatolischen Kurden, denen Erdogan ja schon vor langem mit der Vertreibung gedroht hatte. Im Vergleich zu dem in den kommenden Jahren zu erwartenden Flüchtlingsstrom aus der Türkei ist der gegenwärtig aus Syrien einfliessende Migranten Zufluss lediglich ein kleines Rinnsal.

Roland Weinert | Di., 18. April 2017 - 14:52

1. Natürlich haben die Politiker Europas begriffen, welche Stunde es in der Türkei und darüber hinaus geschlagen hat. Sie sagen jedoch aus Machtkalkül-Optionen selbstverständlich nichts.
2. Mit ihrer 'Reaktion' im Vorfeld ( dass z.B. AKP-Wahlkampf in Deutschland gemacht werden durfte usw. ) und auch bis heute verleugnen sie sämtliche Werte des demokratischen Parlamentarismus. Sie haben die Menschenrechtscharta verraten. D a s ist das Eigentliche. Das ist das Furchtbare.
3. In diesen Kontext passt es daher 'gut', dass US-Präsident Trump, als Repräsentant des 'demokratischen Westens', Herrn Erdogan zum Referendum-Ergebnis sehr zeitnah gratulierte.
4. Dann die Mediennomenklatur, dass in der Türkei ein "Präsidialsystem" entstünde; es entsteht eine knallharte Diktatur. Ihr Präsident kann nicht kontrolliert werden.

FAZIT
Die parlamentarische Demokratie ist gescheitert; sie wird zum Auslaufmodell. - Westliche PolitikerInnen haben sie zu Fall gebracht. Endgültig. Sonst niemand.

Dr. Rainer Berger | Di., 18. April 2017 - 18:36

Cem Sey behauptet Elmar Brok halte die Beitrittsverhandlungen für "gescheitert". Das Gegenteil ist richtig (Quelle: Die Welt). Richtig ist aber wohl, dass der Beitritt nie wirklich gewollt wurde sondern ein Vorwand für die Milliardenzahlungen war, mit denen die militärische "Westbindung" bezahlt wurde. Und die wird selbstverständlich weiter bestehen, anderes werden die USA nicht zulassen. Im übrigen dürfte uns die Demokratie in der Türkei vollkommen gleichgültig sein, ein Libyen unter Gaddafi war uns auch nützlicher als das jetzige Chaos. Auch stört das Wahlverhalten der Deutschtürken nicht, im Gegenteil sie sollten das Wahlrecht jetzt erst recht bekommen (Roth). Warum auch nicht, Deutschland ist ohnehin ein Land auf dem Weg in eine autoritäre Demokratie, in dem selbsternannte Antifaschisten - mit breiter Zustimmung - mal eben die Versammlungsfreiheit des GG in Köln aufheben dürfen. Wir hinken der Türkei also noch etwas hinterher, aber die Angleichung wird schon werden.

mit dem innerdeutschen Bezug auf den Punkt gebracht. Es ist immer ein probates Mittel, auf Andere zu zeigen, um von Ungereimtheiten und Missständen bei sich selbst abzulenken.

Dr. Lothar Sukstorf | Di., 18. April 2017 - 19:22

Die Türken haben mit Mehrheit für ein System entschieden, was uns - vielen von uns - nicht passt. Generell gilt, was geht es uns an? Ist es unsere Sache? Nein! Die Türkei ist ein souveräner Staat. Also, können die wählen, was sie wollen. Uns geht es jedoch etwas an, wenn sich die Türken hier bei uns aufführen als ob wir eine türkische Provinz wären, und sich Dinge herausnehmen, die sich nicht gehören. 1,4 Mio. Türken in D.: davon haben rund die Hälfte gewählt, und davon wiederum entschieden sich 62,7% für Erdogan. Das wären knapp 450 Tsd. die sich für Erdogan entschieden haben. Folgerichtig wäre, diese Leute zu fragen, wann sie Deutschland verlassen und in die Türkei gehen wollen. Können die mit der Last der schwerwiegenden Ambivalenz ihres Daseins leben? Klar können die, "Hier ist es leichter, die Kohle zu verdienen" oder ins soziale Netz zu fallen. Deswegen bleiben sie auch alle hier. Aber D. verachten. Etwas stimmt doch nicht mit uns? Wir sind doch krank, oder?

Dieter Wenzel | Mi., 19. April 2017 - 09:40

ich persönlich denke dies wird eine Serie, es wird noch viele Fortsetzungen geben. Ein unfähiges Europa das mit sich selbst zufrieden und beschäftigt ist, auf der anderen Seite eine Türkei die man lange genug hingehalten hat mit dem versprechen in diese EG als Partner zu kommen. Wie würden sie sich vorkommen wenn sie merken das ihre Bekannten sie vorführen. Ein Erdogan gibt ihnen die Ehre zurück so sehen es jedenfalls laut Referendum ca. 51% des türkischen Volkes, wenn es den stimmen sollte. Politiker dieser EG buckeln auch noch vor dem Heilsbringer- Führer oder Sultan nur um faule Abkommen zu halten. Statt die andere Hälfte des türkischen Volkes zu unterstützen und zu helfen buckeln sie vor einem angehendem Despoten. Falsche Politik aller Ortens. Was will man speziell von der Dame aus der Uckermark und ihren Vasallen auch erwarten. Jedenfalls nicht das Kassieren der doppelten Staatsbürgerschaft und Entzug der Aufenthaltserlaubnis und Rücküberweisung von Erdogan Machern in die TR

Marianne Bernstein | Mi., 19. April 2017 - 10:43

51% sind ein schlimmes Ergebnis bei einer Wahlbeteiligung von 84%. Es zeigt nämlich, dass das Land dafür und dagegen ist. Erdogan sieht eine Bestätigung seiner Politik und verschärft sie gegen die anderen 50%. Ob die Türkei mit dem Präsidialsystem in eine Diktatur driftet kann ich nicht sagen. Aber Erdogan wird weiter versuchen seine Macht auszubauen und das geht klar in Richtung Diktatur. Seine Erklärungen nach der Abstimmung gehen klar in diese Richtung.

Doug Stern | Do., 20. April 2017 - 02:06

Wenn Euch jetzt der eigne Mut Angst einjagt, dann dürfte euch auch der Unterschied bewusst werden, der zwischen bloßen (niedergeschriebenen) Worten und konkreten Taten besteht.
Die Geschichtsschreibung ist immer auf der Seite der Mutigen. Immer!
Wenn Ihr auf letzteres Wert legt, dann trefft jetzt eure Entscheidung, auf welcher Seite der Geschichtsschreibung Ihr stehen wollt. Jetzt!

Rolf Lindner | Do., 20. April 2017 - 19:03

Geschichte ist schnelllebiger geworden. Erdogan selbst, seine Anhänger und auch seine Gegner denken sicher nicht daran, dass vor "nur" 27 Jahren eine Einmanndiktatur vor allem an ihrer ökonomischen Unfähigkeit gescheitert war. Dabei waren die äußeren und inneren Bedingungen für die DDR wesentlich besser als für die Türkei heute. Es gab immerhin keine Arbeitslosen, gute Sozialleistungen und bis auf die letzten Wahlen stimmten über 90 % mit Ja und die Wahlbeteiligung war fast 100 %. Es endete damit, dass der Diktator vor Gericht gestellt wurde. Sein Freund in Rumänien wurde gelyncht. Andere Diktatoren in der arabischen Welt sind inzwischen ebenfalls ins Jenseits befördert worden. Über längere geschichtliche Zeiten betrachtet weiß man, dass Diktatoren selten an Altersschwäche sterben. Offenbar ist bei denen der Selbsterhaltungstrieb ausgeschaltet. Dagegen gibt es Fachärzte.