Martin Dutzmann, aufgenommen am 15.03.2012 bei der 57. Gesamtkonferenz Evangelischer Militärgeistlicher in Rostock.
In doppelter Mission unterwegs: Martin Dutzmann / picture alliance

Seelsorge im Bundestag - „Abgeordnete sind auch nur Menschen“

Populismus, Terrorismusgefahr und Flüchtlingskrise: Die Stimmung im Land ist angespannt – auch bei den Abgeordneten im Bundestag. Prälat Martin Dutzmann sorgt für den Seelenfrieden der Volksvertreter, gleichzeitig vertritt er als Lobbyist die Interessen der Evangelischen Kirche in Berlin

Lena Baseler

Autoreninfo

Lena Baseler hat Politikwissenschaft und Philosophie studiert.

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Kritik an Bundestagsabgeordneten wird heute oft und gerne geübt: Unterbeschäftigt und überbezahlt seien sie, heißt es dann. „Falsch“, sagt einer, der ganz nah an ihnen dran ist, denn er hört den Abgeordneten täglich zu.

Prälat Martin Dutzmann ist seit Oktober 2013 Bevollmächtigter des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland bei der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union. Übersetzt heißt das, dass er einerseits Chef-Seelsorger für die 631 Volksvertreter im Bundestag sowie für die Mitarbeiter der Ministerien ist, andererseits aber auch oberster Interessenvertreter der Evangelischen Kirche (EKD).

Direkter Draht zur Politik

Das bedeutet, dass er bei den Abgeordneten im politischen Berlin vor Ort ist und ihnen mit Rat und Tat zur Seite steht, währenddessen er zugleich Sprachrohr der EKD mit direktem Draht zur Politik ist. Zweimal die Woche wird im Andachtsraum des Bundestages ein protestantischer Gottesdienst abgehalten. Kirche und Staat sind in Deutschland nach wie vor eng beieinander.

In seinem Büro am Gendarmenmarkt, das dennoch nicht in unmittelbarer Nähe zum Bundestag liegt, empfängt Dutzmann die Abgeordneten zum Austausch. Krisengespräche sind das jedoch seltener. Eher werde über das aktuelle Politgeschehen debattiert, gegessen und – vorausgesetzt, die Zeit lässt dies im durchgetakteten Politikerleben zu – sogar gesungen, erzählt er.

Dutzmanns Büro ist protestantisch minimalistisch eingerichtet: kein Chi-Chi, ein paar Bilder, Teppichboden. Das schlichte Kreuz hängt hoch an der Wand, man übersieht es fast. Der Ausblick aus seinem Arbeitszimmer auf den französischen Dom ist dafür umso hübscher. Ab und zu schaut der Prälat für eine Weile aus dem Fenster, bevor er auf die Fragen eingeht. Seine Antworten sind stets bedacht. Das kleine silberne Ansteckkreuz am Revers reflektiert dabei gelegentlich das Licht. Man hört ihm gerne zu: Der 60-Jährige ist einer wie du und ich. Den Abgeordneten muss es wohl ähnlich gehen. 

Abi ohne Reli

Dutzmann wurde in Essen geboren, manchmal kommt der rheinische Akzent noch zum Vorschein. Zwar wurde er protestantisch erzogen, auf dem Gymnasium wählte er das Fach Religion aber ab. Abi ohne Reli – heute bekleidet er eines der wichtigsten Ämter der evangelischen Kirche in Deutschland. Während seines Wehrdienstes geriet er zum ersten Mal mit der Militärseelsorge in Berührung. Sein späterer Werdegang verlief reibungslos: Studium der Theologie mit anschließender Promotion in Marburg, Straßburg und Bonn. Danach predigte er 18 Jahre lang als Pfarrer und Superintendent in Remscheid-Lennep. Von 2005 bis 2013 war er Landessuperintendent der Lippischen Landeskirche. 2008 wurde Dutzmann dann Militärbischof.

Als solcher reiste er durch etliche krisengeschüttelte Gebiete – vom Kosovo bis nach Afghanistan. Das Thema Frieden liegt ihm seitdem am Herzen. Die eigene Erfahrung, Not und Leiden aus nächster Nähe gesehen zu haben, ist für ihn der Ansporn, Gutes zu tun.

Anspannung bei den Abgeordneten

Auch mit den Mitgliedern des Bundestages konzentrierten sich die Gespräche seit zwei Jahren vor allem auf die Themen Asyl, Flucht und Migration. Die Stimmung sei angespannter, Meinungen würden kontroverser diskutiert, Sorgen hätten sich in Folge der zunehmend instabilen politischen Lage auch bei den Parlamentariern verstärkt. „Abgeordnete sind auch nur Menschen“, sagt Dutzmann.

Die Zwitterrolle kommt seiner seelsorgerischen Arbeit da schon mal in die Quere. Das Asylpaket II, das den Familiennachzug für Asylsuchende für zwei Jahre aussetzte, hat die EKD offen kritisiert. Wenn es um Themen wie die des ärztlich begleiteten Suizids geht, bezieht er eine deutlich EKD-konforme Position. So begrüßte er den Gesetzentwurf, die gewerbliche Sterbehilfe unter Strafe zu stellen. Den Begriff Lobbyist lehnt er aber ab.

Aktive Hilfe in der Flüchtlingsarbeit

Dutzmann versteht sich vielmehr als Vermittler zwischen den politischen Lagern, ebenso als aktiver Helfer in der Flüchtlingsarbeit. Dass Anschläge, wie jener am Breitscheidplatz im vergangenen Dezember, nicht für populistische Zwecke gegen Flüchtlinge instrumentalisiert werden dürften, steht für ihn außer Frage. Nichtsdestotrotz habe der 19. Dezember 2016 auch sein Sicherheitsbewusstsein ins Wanken gebracht, gesteht er.

Den Unmut in der Gesellschaft nimmt er genauso wahr. Die Kirche versuche den Bürgern Antworten auf ihre Sorgen und Fragen zu geben. Fraglich ist, ob die Menschen diese dort auch finden. Die Austrittszahlen der vergangenen Jahren sprechen eine andere Sprache, schrumpfen die Mitgliederzahlen sowohl in der evangelischen, als auch katholischen Kirche doch beständig.

Es sei bezeichnend für die Stimmung in Deutschland, dass sich so viele Menschen der AfD zuwendeten. Auch mit den Vertretern dieser Partei müssten die Kirchen sprechen, fordert er und kritisiert damit zugleich das Zentralkomitee der deutschen Katholiken, das die AfD zum Katholikentag 2016 in Leipzig erst gar nicht einlud. Er schränkt aber ein: „Wenn jedoch die Grenze zum Rassismus überschritten wird, ist das für mich nicht verhandelbar.“

Streitthema AfD

Beim Thema AfD entzweien sich die Positionen der beiden großen Kirchen. Der Kontakt zu seinem katholischen Pendant Karl Jüsten – die katholische Kirche entsendet ihrerseits auch einen Prälaten in den Bundestag – beschreibt er jedoch als „ganz hervorragend“.

Schwieriger gestalte sich die Zusammenarbeit mit der muslimischen Gemeinde, weil es dort weniger Organisationsstrukturen auf staatlicher Ebene gebe. Aiman Mazyek, den Vorsitzenden des Zentralrates der Muslime, sehe er aber trotzdem regelmäßig. Auf die Frage, ob das Religionsverfassungsrecht in Deutschland weit genug ist, um der islamischen Religion den gleichen Raum wie den Christen zu geben, erwidert Dutzmann: „Die beiden großen Kirchen antworten darauf mit einem klaren Ja.“

Dutzmann prophezeit, dass 2017 ein wichtiges Jahr werden wird, nicht nur weil wir mitten im Luther-Jahr stecken. Die Bundestagswahl im September wird entscheidend sein für den weiteren politischen Diskurs und die gesellschaftliche Stimmung in diesem Land, ist er sich sicher. Auch die Abgeordneten werden in den nächsten Monaten nicht auf ihn verzichten wollen. Dutzmann wird ihnen zuhören. Wenn sich Fronten verhärten, wird er zum Dialog aufrufen. So wie er das immer tut.

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Yvonne Walden | So., 12. März 2017 - 11:48

Die beiden, von der Politik privilegierten Großkirchen in Deutschland, die Evangelische und die Katholische Kirche, sind durch kirchliche "Lobbyisten" im Deutschen Bundestag präsent.
Und was ist mit der Vertretung der nichtreligiösen Bürgerinnen und Bürger?
Inzwischen sind rund 40 Prozent der Bevölkerung nicht mehr kirchlich-gebunden und lediglich etwa 20 Prozent (Tendenz sinkend) nehmen am kirchlichen Leben aktiv teil.
Wer also vertritt die 40 oder sogar 80 Prozent der religiös ungebundenen bzw. abstinenten Menschen?
Es gibt den Internationalen Bund der Konfessionslosen und Atheistinnen (IBKA). Dessen Mitgliederschaar ist jedoch so verschwindend gering, daß man sich atheistische Lobbyistinnen oder Lobbyisten gar nicht leisten kann.
DIE LINKE im Deutschen Bundestag wollte kürzlich wissen, wieviel Bundesmittel jährlich an die beiden privilegierten Großkirchen fließen.
Dieser Antrag wurde von den "kirchentreuen" Fraktionen CDU/CSU; SPD und GRÜNE strikt abgelehnt.
So weit, so schlecht.

Barbara Kröger | So., 12. März 2017 - 12:00

Es ist rührend, dass sich Herr Dutzmann als evangelischer Lobbyist den Problemen der Parlamentarier in Berlin widmet. Diese Gruppe unserer Gesellschaft benötigt seinen seelischen Beistand mit Sicherheit auch ganz besonders dringend. „Abgeordnete sind auch nur Menschen“, sagt Herr Dutzmann. Ach was..

Dann zum Ende des wahrhaft erhellenden Interviews prophezeit Herr Dutzmann dann noch, dass das Jahr 2017 ein wichtiges Jahr sein wird, nicht nur wegen des Lutherjahres, sondern auch wegen der Bundestagswahl im September.

Angesichts so viel geballter Kompetenz frage ich mich ernsthaft, warum so viele Menschen aus den Kirchen austreten….

... ich schließe mich Ihrer Bemerkung der "geballten Kompetenz" an und mußte schmunzeln. Bis zum Lesen dieses Artikels wußte ich nicht einmal, daß es kirchliche Lobbyisten gibt, aber auch wußte ich nicht, daß "Abgeordnete auch nur Menschen" seien - dank der Worte des Herrn Prälaten Dutzmann weiß ich es jetzt.
Für mich sind es katastrophale Zustände, die hier im Lande der Trennung von Kirche + Staat herrschen.

Hallelujah. Gott sei Dank endlich Aufklärung bezüglich Menschlichkeit in der Politikelite. Soviel wie in der Politik gelogen und betrogen wird müsste der Beichtstuhl von Herrn Dutzmann kaum kalt werden.... ist dem so?

Holger Stockinger | So., 12. März 2017 - 12:24

Das "Luther-Bonbon" zuckerfrei im Lutherjahr aus der Tüte verrät mehr von der Mentalität der heutigen "Freiheit eines Christenmenschen" als der EKD bewußt ist.

Bei Fragen an AfD-Wahlständen an deren Vertreter war es mir kein einziges Mal möglich, einen "Rassismus" herauszuhören, wohl aber bei denen von GRÜNEN und der LINKEN.

Außer denen und ihren Symphatisanten scheint die BRD überwiegend ein "rassistisches Land" zu sein wie für Erdogan-Anhänger Deutschland nun ein "faschistisches".

Georg Dallmann | So., 12. März 2017 - 12:25

Die Kernbotschaften:

1. Den Begriff Lobbyist lehnt er aber ab.
2. Gleiches Recht für islamische Religion.

Referenz: Aiman Mazyek

Was soll uns dieser Artikel von Frau Baseler sagen, fragt man sich?

Dass es kirchliche Lobbyisten gibt(auch wenn sie - "scheußliches Wort" eben gell - nicht so genannt werden wollen), die die Abgeordneten im Wege der "seelsorgenden Beichte" auf den "richtigen" Pfad der "kirchlichen" TugendMORAL leiten.......?

Dass Herr Mazyek als DER Ansprechpartner der Muslime in Deutschland SCHLECHTHIN populistisch gehandelt wird, obwohl dessen Organisation bekanntlich nur eine KLEINE (!) Minderheit der Muslime in D. "repräasentiert"?

Dass es eine "GUTE IDEE" ist, Organisationen, die vom despotischen Erdolf-Regime finanziert, indoktriniert und gesteuert werden, einflusstechnisch aufzuwerten?

Wer "(um)seelsorgt" die muslimischen Abgeordneten "antilobbyistisch"?

Gibt es in Berlin keine evangelischen und katholischen Kirchen und Pastor*innen?

Georg Dallmann | So., 12. März 2017 - 12:38

So betrachtet wirft der Artikel mehr Fragen auf, als er beantwortet.

Anerkennung zollen muß man dem Pastor darin, daß er die AfD (was deren politischen Standpunkte betrifft) im Wege der christlichen Gesprächs-Inklusion ein- und nicht auszugrenzen verspricht, wenigstens semantisch....

WER "(um-)seelsorgt eigentlich die LINKEN im BT? Diese tendieren bisweilen bekanntlich zum Atheismus, oder wenigstens zu den Agnostikern.

Bleibt die weitere Frage: Steht "humanitäres KirchenASYL" weiterhin ÜBER dt. Gesetz?
So betrachtet nähern sich die "christlichen" Kirchen den Muslimen an, die bekanntlich - zu einem nicht geringen Teil - auch die SCHARIA über das Gesetz stellen.

So betrachtet dürfte der "Glaubens-Partnerschaft auf Augenhöhe" demnach NICHTS im WEGE stehen!
Man kann nur HOFFEN, daß die Abgeordneten, die nach dem GG NUR (!) ihrem Wissen u. GEWISSEN unterworfen sind, sich nicht zu sehr - von im Wege der SEELSORGE zugeflüsterten - GÖTTLICHEN EINGEBUNGEN leiten lasse. AMEN!

Reiner Jornitz | So., 12. März 2017 - 13:08

Vor 3000 Jahren wurde der weise persische Gelehrte Lokmann gefragt woher er denn seine Weisheit erlangt hatte. Darauf antwortete er , von den anders denkenden Menschen habe ich sie. Was sie falsch machten das vermied ich und was sie richtig taten spornte mich an. Was aber ist 3000 Jahre später los. Keine Toleranz in der Meinungsbildung bei der AFD. Diese wird verteufelt hat zum Teil ein Vernunft - Denken. Die Politiker regieren am Volk vorbei! Die Entscheider zaudern und haben Angst für des Volkes Willen. Die Politik kommt mir vor im Moment wie ein Kindergarten. Auch Deutschland ist ein stolzes Land mit einer 2000 jährigen Geschichte. Was machen Politiker , sie lassen sich zum Narren machen durch die türkische Politik . Wo soll da Achtung herkommen. Luther wären die Haare zu Berg gestanden. Sie merkt nicht das unbemerkt eine Islamisierung in unserem Land stattfindet. Wie zu Zeiten Saladins in Jerusalem. Beide Kirchen haben Tomaten auf den Augen und wollen Politiker moralisch beistehen.

Walt Kowalski | So., 12. März 2017 - 13:08

"Auf die Frage, ob das Religionsverfassungsrecht in Deutschland weit genug ist, um der islamischen Religion den gleichen Raum wie den Christen zu geben, erwidert Dutzmann: „Die beiden großen Kirchen antworten darauf mit einem klaren Ja.“

Christa Wallau | So., 12. März 2017 - 13:27

Wie die christlichen Kirchen sich zum Islam positioniert haben, das entspricht nicht der Vernunft. Es gefährdet langfristig den gesellschaftlichen Frieden in Deutschland.

Während es die katholische und die protestantischen Kirche(n) in Jahrhunderten geschafft haben, sich zu einem toleranten u. nicht aggressiven Umgang miteinander zu
verständigen, befindet sich der Islam (= die überall
verbreitete Lehre) auf dem Standpunkt, daß es
n e b e n der reinen Lehre Mohammeds keine
wahre Lehre gibt. Diese Absolutheit eignet sich auf Dauer nicht zu einem friedlichen
Zusammenleben, bei dem Einschränkungen mit Rücksicht auf Andersdenkende genommen werden
müssen, bis hin zur Karrikatur der eigenen Auffassungen.
Statt den bestehenden Islam zu achten und sich mit ihm auf eine Stufe zu stellen, müßten beide
Kirchen unentwegt Reformen dieser Religion
u.d ein Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Ordnung fordern, bevor sie sie als gleichberechtigt anerkennen.
Das aber geschieht nicht.

Alexander Thormann | So., 12. März 2017 - 13:46

"So gebet Gott, was Gottes ist, und gebet dem Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland was dem Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland ist!

Ich kann nur für mich sprechen. Ich entdecke derzeit christliche Werte wieder. Aber ich erkenne die Kirche nicht wieder.

In der Bibel steht, "Du sollst nicht stehlen". Die Kirche aber kritisiert nicht die derzeitigen 70% Steuern, mit denen unter anderem Live-Fußball durch öffentlich-rechtliche Medien finanziert wird.

In der Bibel heißt es, "Du sollst nicht begehren, was Dein Nächster hat". Bei uns aber zahlt man bereits den Spitzensteuersatz beim 1,7fachen des Durchschnittslohns.

In der Bibel heißt es, "die Wahrheit wird Dich frei machen". Aber wir stellen Holocaustleugnung und Hassrede unter Strafe.

In der Bibel heißt es, "Hasse ihn nicht, sondern weise ihn zurecht wie einen Bruder". Die evangelische Kirche aber maßt sich an, ihre Brüder von der AfD zu verstoßen und sich in byzantinischem Geschwätz zu verlieren.

Dr. Roland Mock | So., 12. März 2017 - 14:18

Ich kenne den Prälaten nicht und er mag ja ein netter Mensch sein. Aber all das, was die Autorin über ihn schreibt- inclusive seiner Kritik an der Aussetzung des Familienzuzugs für Flüchtlinge - paßt genau ins Bild: Beide große Kirchen überbieten sich an vorgeblicher Mitmenschlichkeit; den Dreck dürfen andere wegräumen. Auch in Sachen "Kapitalismus"-Kritik nehmen sich evangelische und katholische Kirche nicht viel. Der seinem Namen alle Ehre machende katholische Bischoff Marx verliest wöchentlich sein antikapitalistisches Manifest und schimpft auf die "Reichen". Zu denen er seine in Protz schwelgende Kirche offenbar nicht zählt. Und die evangelischen Würdenträger- besonders unsäglich die Ex-BischöffInnen Jepsen und Käßmann- machen unverhohlen Werbung für wahlweise SPD, Grüne und Linke. Nein, da wird nicht "vermittelt". Da wird ge- und verurteilt. Selbstgerecht und einseitig.

Holger Stockinger | So., 12. März 2017 - 14:19

scheint manchmal nicht das zu sein, was jemand "von sich gibt", sondern was eine Lena Baseler in jungen Jahren sich traute zu studieren.

Als "68iger" mit evangelischem Religionsprofessor am Gymnasium und zufällig in der Lutherstadt Wittenberg Geborener war das erste, was ich tat als "Erwachsener", meine Austrittserklärung aus der EKD zu unterschreiben.

Bis heute habe ich es sowenig bereut, wie ich ganz bestimmt "Rassist, Faschist, Fremdenfeind" und was derlei "Begriffskeulen" zur Verfügung stehen, tatsächlich bin.

Christa Schreiber | So., 12. März 2017 - 14:25

Es ist ganz sicher nichts dagegen zu sagen, wenn Prälat Dutzmann unseren Volksvertretern, sollten sie seelischen Beistand brauchen, zur Seite steht. Privat. Dieser Artikel bestätigt aber, dass die Trennung von Kirche und Staat nur auf dem Papier besteht und die Kirche noch grossen Einfluss auf die Politik nimmt. Die Autorin scheint es als selbstverständlich anzusehen, dass die Kirche, in diesem Fall der Chef-Seelsorger Dutzmann, sich als Vermittler in den politischen Lagern sieht und somit in seiner 'Zwitterrolle' - Familiennachzug, ärztl. begleiteten Suizide oder gewerbliche Sterbehilfe - die Politiker im Interesse der Kirche beeinflusst und berät.
Kirchenväter als Politikberater. Wir dürfen auf eine friedliche, heile Welt hoffen.

Dr. Roland Mock | So., 12. März 2017 - 14:40

erst jetzt lese ich, daß beide Kirchen sich einig seien, "der islamischen Religion im Religionsverfassungsrecht den gleichen Raum zu geben wie den Christen". Dazu fällt mir nichts mehr ein. In Abwandlung des Spruchs "Wer solche Freunde hat braucht keine Feinde mehr" möchte man meinen: Welche Kultur solche Verteidiger und welch Land solche Bischöffe hat, braucht muslimische Hassprediger nicht zu fürchten. Das hat mit "Toleranz" und Verständnis anderer Kulturen nichts mehr zu tun. Es ist die blanke Kapitulation. Wer wissen
möchte, wohin solche Kultur- und (ironischerweise ausgerechnet von den Kirchen ausgehende!) Religionsvergessenheit führt, dem empfehle ich die Lektüre des Werkes des französischen Schriftstellers Hollebeque "Unterwerfung". Dieser feutonnierte Prälat bestätigt alle, aber auch restlich alle (Vor)-Urteile, welche ich von der hiesigen Kirchenlandschaft je hatte. Massenhafte Kirchenaustritte? Wen wunderts.

Sepp Kneip | So., 12. März 2017 - 15:01

So langsam scheint sich ja die Erkenntnis durchzusetzen, dass die AfD zu Deutschland gehört. Jedenfalls kommt, erstaunlichereweise, ein Beitrag des WDR zu diesem Ergebnis. Gleichzeitig macht die Katholische Kirche ihren Gläubigen klar, dass die AfD nicht wählbar sei. So wie sich unsere beiden christlichen Kirchen aufführen, gehört für sie der Islam zu Deutschland. Die Millionen Bürger, die AfD wählen nicht. Warum diese Anschleime an eine "Religion", die zu Tausenden die Christen verfolgt? Sogar hier in Deutschland in "Flüchtlings"-Heimen. Eine "Religion", die eine höchst politische Ausrichtung hat und mit aller Gewalt darauf dringt, die Scharia auch in unserem Land zu etablieren, deren Ziel es ist, alle "Ungläubigen" zu verfolgen und ggf. zu töten. Vor diesem Islam verstecken unsere Oberbischöfe sogar ihre Kreuze. Das nenne ich "Toleranz". Wenn diese Herren wirklich an Christus glauben, wird der ihnen ob ihres Tuns genau so viel Toleranz entgegen bringen?

Jürgen Streeb | So., 12. März 2017 - 16:45

"Man hört ihm gerne zu: Der 60-Jährige ist einer wie du und ich." Mir fällt da spontan eine Parallele zu einem Kanzlerkandidaten auf, der die Verbrüderungsmasche als Teil seiner Wahlkampfstrategie erkannt hat. Der eine mag sich angesprochen und angenommen fühlen, der andere es als peinliche Anbiederung empfinden. Mir persönlich ist es lieber, wenn ich bei meinem Gegenüber Aufrichtigkeit, Ehrlichkeit und Kompetenz spüre. Das schafft letzten Endes mehr Nähe.
"Das schlichte Kreuz hängt hoch über der Wand, man übersieht es fast. Der Ausblick aus seinem Arbeitszimmer auf den französischen Dom ist dafür umso hübscher. "
Welch treffliche Kennzeichnung der Position der Evangelischen Kirche mit dieser scheinbaren Randnotiz getroffen ist. Seelsorger und Lobbyist? Wo liegt das Hauptinteresse, wo der Schwerpunkt? Von welchen politischen Entscheidungen profitieren die Kirchen in welcher Weise? Aufklärung tut Not.

Svenja Gerwing | So., 12. März 2017 - 17:16

Diese Flüchtlingskrise hat für mich die beiden christlichen Kirchen als triviale, gewinnoptimierende Wirtschaftsunternehmen entlarvt!
Selbst diese Phantasie-Medaillen für unsere "humane Kanzlerin" täuschen nicht über die rein wirtschafliche Ausrichtung und der eigenen undemokratischen Führungsstrukturen dieser Flüchtlingsindustriellen hinweg.
Nein, diese christlichen "Glaubensgemeinschaften" widern mich wegen ihrer weltlichen Geldgier an.
UND ich werde weiterhin an Gott glauben! ÄTSCHIBÄTSCH!

Sehr geehrte Frau Gerwing,
Danke für Ihren schonungslosen Kommentar und die harsche Kritik. Sie sprechen mir aus dem Herzen.
500 Jahre Luther! Der Reformator würde sich vor Scham und Zorn im Grab umdrehen, wenn er die scheinheiligen Heuchler beider christlichen Kirchen erleben müsste. Wie seine 95 Thesen heute wohl aussähen?
Zu Ihrem letzten Satz: Ein wunderbares Glaubensbekenntnis! Es ist doch in der Tat so, dass man als Christ den beiden Kirchen nicht mehr guten Gewissens angehören kann.

Alexander Wildenhoff | So., 12. März 2017 - 17:18

... nicht erzielt werden, war aber auch nicht beabsichtigt. Am status quo sollte auch nichts geändert werden, denn der ist für die Kirchen bereits auf einem Maximalzustand.
Schön dass wir darüber gesprochen haben ...

Gerdi Franke | So., 12. März 2017 - 17:59

Ist er mehr Priester oder mehr Lobbyist? Als Priester ist er vom Staat bezahlt. Und macht dann bei der Bundesregierung Lobbyarbeit für die Kirche. Fantastisch!

Dimitri Gales | So., 12. März 2017 - 19:34

Ich kann mir nicht vorstellen, welche Antworten die Kirche geben könnte, ausser ein wenig Trost spenden für gläubige Abgeordnete, oder seelische Erleichterung bieten allein durch die Aussprache mit einem Pfarrer. Das ist ja das Problem, nämlich dass die Kirche keine Antworten hat, sondern sich im Kreis ihrer(altertümlichen)Glaubensinhalte, Dogmen und Bibeltexte drehen. Ausserdem sind sie keine studierten Psychologen.
Aber der Artikel zeigt mal wieder, dass Kirche und Staat in Deutschland noch immer nicht klar getrennt sind. Und das, obwohl die Gesellschaft weitgehend sekulär geworden ist.

Holger Stockinger | So., 12. März 2017 - 21:43

Schlicht und ergreifend ist es der Ostersonntag.

"Auferstanden aus Ruinen" scheint das Glaubensbekenntnis von Göring-E. und der Lutherbotschafterin nach 500 Jahren.

JESUS wurde gekreuzigt, aber vielleicht nicht wirklich?

Meine Empfehlung ist das Lesen des ROMANS eines BULGAKOW oder doch atheistisch?

Thorsten Rosché | Mo., 13. März 2017 - 12:30

......das Geld im Kasten klingt, die Seele in den Himmel springt. Jungs und Mädels im Bundestag, ihr seid ganz nah dran.......

Jana Utz | Mo., 13. März 2017 - 13:42

soviel zum säkularen Staat, dass die Abgeordneten in Berlin - auf Grund Ihres Versagens - zittern, kann ich mir vorstellen, leider sind die LängerHierLebenden nicht so verblödet wie erhofft. Illegale werden als Flüchtlinge bezeichnet und eines darf man nicht vergessen, die Kirche verdient sich mit den angeblichen "Flüchtlingen" dumm und dämmlich und läuft jetzt zur Hochform auf.

Ulrich Bohl | Mo., 13. März 2017 - 17:27

"Prälat Martin Dutzmann sorgt für den Seelenfrieden der Volksvertreter, gleichzeitig vertritt er als Lobbyist die Interessen der Evangelischen Kirche in Berlin."
Ich vermute, dass ist der Schwerpunkt seiner Arbeit.
Die Trennung von Staat und Kirche steht im wesentlichen nur auf dem Papier.

Erst wenn die Zahl der Mitglieder der beiden privilegierten Großkirchen (Evangelische und Katholische Kirche) unter die 50-Prozent-Marke sinkt, dürfte die Politik den Mut aufbringen, ungerechtfertigte Privilegien abzubauen.
Natürlich unterhalten auch diese beiden Kirchen eine Schaar von Lobbyisten, die alles daransetzen, den kirchlichen Einfluß auf das politische Geschehen zu erhalten und möglichst auszudehnen.
In Anbetracht der Tatsache, daß im Durcschnitt lediglich etwa 20 Prozent der Kirchenmitglieder aktiv am kirchlichen Leben (Gottesdienstbesuche etc.) teilnehmen, ist die Furcht der Politik vor amtskirchlichen Einfluß eigentlich beschämend.

Hendrik Tongers | Di., 14. März 2017 - 09:45

"Auf die Frage, ob das Religionsverfassungsrecht in Deutschland weit genug ist, um der islamischen Religion den gleichen Raum wie den Christen zu geben, erwidert Dutzmann: „Die beiden großen Kirchen antworten darauf mit einem klaren Ja.“
Der "gleiche Raum wie den Christen", das wäre dann ja auch dasselbe Maß an extrem kritischer Beurteilung oder Satire im öffentlichen Raum , wie sie den beiden christlichen Kirchen in den Mainstreammedien und dem ÖR seit 70 Jahren zuteil wird. Schwer zu glauben, dass dies eine gute Idee ist.
Was die finanzielle Förderung betrifft, so wäre es doch urchristlich , die Zig-Milliarden, die unsere beiden Kirchen vom Steuerzahler bekommen haben seit 1948, mit den Imanen zu teilen. Würde man dann noch im Rahmen christlicher Teilhabe von den über 40.000 Kirchen 10.000 an die islamischen Gemeinden übertragen, dann müsste das doch völlig im Sinn der christlichen obersten Würdenträger sein.

Hendrik Tongers | Di., 14. März 2017 - 09:45

Es wird in dem Artikel der Frau Baseler überhaupt nicht klar, warum ein evangelischer und katholischer Pfarrer im Bundestag zur seelischen Betreuung von Abgeordneten nötig sind. Bis 2014 hat Bundestagspräsident Lammers doch die fortlaufende Entmachtung des Parlamentes durch Frau Merkel beklagt ,bevor auch er verstummte. Heute gilt für die Parlamentarier seit 2005 das, was Kurt Tucholsky seinerzeit den Bürgern andichtete: "
Nach den Wahlen.
Jetzt ist die wilde Zeit vorüber,
nun hat die liebe Seele Ruh –
des Bürgers Blick wird wieder trüber,
ihm fallen beide Augen zu.
Im Wahlkampf blusen die Trompeten
mit Pflichtgefühl und viel Getös –
Attacken selten, meist Retraiten –
er meint es nämlich nicht so bös.
Den Braven schüttelt ein Gehuste,
er kann nicht mehr, er ist so matt;
schon fehlt es an der nötigen Puste,
weil er sich überanstrengt hat.

Wir wollen ihn ins Bettchen stecken.
Er schläft und die Regierung wacht…
So laßt ihn ruhen. Nur nicht wecken! –
Wir wünschen ihm´ne Gute Nacht