Einkaufswagen mit Bioprodukten
„Must haves“ im Einkaufswagen: Fairtrade-Kaffee und Bio-Haferflocken / picture alliance

Bio, Regional, Fairtrade - Wie nachhaltig hätten Sie's denn gern?

Wer sich und der Natur etwas Gutes tun will, ernährt sich heute bio und regional. Wenn doch mal etwas importiert werden muss, dann bitte fairtrade. Mit solchen Labels wird inzwischen viel Geld verdient, teilweise sogar zu Lasten der Umwelt

Autoreninfo

Rainer Balcerowiak ist Journalist und Autor und wohnt in Berlin. Im Februar 2017 erschien von ihm „Die Heuchelei von der Reform: Wie die Politik Meinungen macht, desinformiert und falsche Hoffnungen weckt (edition berolina). Er betreibt den Blog „Genuss ist Notwehr“.

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Ja , auch ich bin ein schlechter Mensch. Denn ich esse zum Beispiel regelmäßig Fisch in allen Varianten. Dabei sagen mir die Einkaufsratgeber – oder besser: Einkaufsverbotsratgeber von globalen Umweltorganisationenen wie WWF und Greenpeace doch Jahr für Jahr, dass ich das nicht dürfe, weil fast alle Arten und Gewässer von Überfischung bedroht und Aquakulturen eine riesige Umweltsauerei sind. „Finger weg  nicht nachhaltig!“, steht auf unzähligen Seiten in fetten roten Lettern im Einkaufsratgeber von Greenpeace.

Streng verboten sind unter anderem Aal, Alaska-Seelachs, Dornhai, Heilbutt, Makrele, Rotbarsch, Seeteufel, Seezunge und Steinbeisser. Im Prinzip verboten, aber mit einigen wenigen Ausnahmegenehmigungen in Bezug auf Herkunft und Fangmethode versehen, sind beispielsweise Wolfsbarsch, Schwertfisch, Scholle, Saibling und Sardinen. Uneingeschränkt erlaubt ist laut Greenpeace nur eine einzige Art, nämlich Karpfen. Na denn, guten Appetit.

Wer sich weigert, wird ausgegrenzt

Doch nicht nur an der Fischtheke kann man sich gründlich daneben benehmen und als Nachhaltigkeitssünder outen. Man kann beispielsweise den Kauf von Bio-Lebensmitteln weitgehend oder gar komplett verweigern, das Fairtrade-Siegel konsequent ignorieren, Pauschalreisen buchen, regelmäßig Fleischprodukte zu sich nehmen und die häusliche Stromversorgung nicht zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien bestreiten. Wer sich dem Diktat der Nachhaltigkeit widersetzt, wird bestenfalls belächelt oder schief angeguckt, oftmals aber regelrecht ausgegrenzt. Individuelles Fehlverhalten stempelt einen zum Täter, der unmittelbar Mitschuld am Klimawandel, an der Abholzung der Regenwälder und vielem anderen mehr trägt.

Dabei sind die Verdikte zunehmend aggressiver agierender Propheten wie Veganern, Impfgegnern und anderen Selbst- und Weltoptimierern noch gar nicht berücksichtigt, denn da hängt die Latte wesentlich höher. In Teilen der urbanen Mittelschichten ist Nachhaltigkeit zum Distinktionsmerkmal geworden, in den Werbeagenturen und PR-Abteilungen zum zentralen Verbreitungs- und Vermarktungsargument für Ideologien, Produkte und Dienstleistungen. Dabei enthalten die informellen Diktate der Nachhaltigkeitsideologie stets ein paar Körnchen Wahrheit, aber auch jede Menge Lügen.

Ökologische Landwirtschaft nicht umweltfreundlich

Beginnen wir mit bio, sozusagen der Basisversion der bewussten Lebensführung. Suggeriert wird dem Verbraucher, dass er mit dem Kauf von Biolebensmitteln einen Beitrag zum Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen leistet, seine eigene Gesundheit fördert und auch geschmacklich in ganz neue Genussdimensionen vorstößt. Aber man muss wohl schon erhebliche Mengen Biowein und -schnaps zu sich nehmen, um das für bare Münze zu nehmen.

Zum einen führt die in Deutschland stetig wachsende Nachfrage nach ökologisch angebauten Lebensmitteln in vielen Anbauländern längst zu jenen desaströsen Monokulturen und Umweltzerstörungen, die durch diese Art der Landwirtschaft eigentlich überwunden werden sollten. Empfohlen sei ein Blick in einige spanischen Provinzen, wo vor allem Tomaten, Paprika, Gurken und Erdbeeren zunehmend „ökologisch“ für den deutschen Markt angebaut werden. Dieser Boom bringt den örtlichen Großbauern und den hiesigen Groß- und Einzelhändlern zwar satte Profite, aber die Böden in großen Teilen Andalusiens sind längst ausgelaugt, die Grundwasserknappheit ist dramatisch. Der Blick streift nicht über sattgrüne Gemüsefelder, sondern über ein schier endloses Meer von Plastikplanen.

Ökosiegel kein Indikator für gute Qualität

Doch davon will der deutsche Bio-Kunde ebensowenig wissen, wie von den Arbeitsbedingungen der meist nord- und schwarzafrikanischen Saisonarbeiter, die dort für unseren „nachhaltigen Konsum“ tätig sind. Das gilt auch für die Massentierhaltung, die in der deutschen Biobranche vor allem für die Eier- und Milchproduktion längst Standard ist. Inzwischen leisten sich auch berüchtigte industrielle Fleischverarbeiter ein Bio-Segment und werden von den einschlägigen Nachhaltigkeitspropheten bei dieser Form des Greenwashing lauthals unterstützt.

Doch auch in Bezug auf Qualität, Verträglichkeit und Geschmack lebt die Bio-Branche in erster Linie von liebevoll gepflegten Mythen. So sehen das auch ausgewiesene Kritiker der konventionellen, industrialisierten Landwirtschaft wie die Stiftung Warentest oder die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch. Es gebe „keine belastbaren Beweise, dass Bionahrung per se vorteilhafter für die Gesundheit ist“, sagte deren stellvertretender Geschäftsführer Matthias Wolfschmidt. Auch Geschmackstests lassen in der Breite keine Vorteile für Standardprodukte aus ökologischer Erzeugung erkennen. Natürlich gibt es Tomaten, Gurken, Kartoffeln, Möhren, Äpfel und Birnen oder auch Eier, Milchprodukte und Weine, die eindeutig besser schmecken als andere. Aber das Ökosiegel ist dafür alles andere als ein verlässlicher Indikator. 

Regional ist nicht gleich besser

Mittlerweile hat sich eine weitere Nachhaltigkeits-Luftnummer großflächig etabliert. „Regional ist das neue Bio“, freut sich die Branche. Das klingt nach Lebensmitteln aus dem Umland, mit kurzen Transportwegen und Lagerzeiten. Auch das ist wenig mehr als gefühliger Schwindel, wenn man mal von kleinen Direktvermarktern und Produkten mit offiziell zertifizierter und geschützter geografischer Herkunftsangabe absieht. Der Begriff regional ist gesetzlich nicht definiert, die meisten verwendeten Herkunftssiegel sind reine Phantasieprodukte ohne gesetzlich fixierte Kriterien. Bei verarbeiteten regionalen Produkten können die Rohstoffe von sonstwoher kommen, und auch die Milch von der regionalen Molkerei hat oft sehr weite Wege hinter sich. Bei Obst und Gemüse ist es ähnlich. Der monatelang im Kühlhaus gelagerte Apfel von nebenan hat auf seinem Weg zum Käufer jedenfalls deutlich mehr Energie verbraucht als ein saisonal geernteter Importapfel aus anderen Teilen der Welt.

Etikettenschwindel beim Ökostrom

Bleibt noch der Urschleim der Nachhaltigkeitsbewegung in Deutschland. Denn die Anti-AKW-Bewegung und die daraus resultierende Debatte über Energieerzeugung und -verbrauch haben Trends wie bio, regional und fairtrade erst den Boden bereitet. Da man bei Verfechtern der Nachhaltigkeit in der Regel von recht geschlossenen Weltbildern ausgehen kann, gibt es in der Szene neben Demeter-Möhre, Ökowein und fairem Espresso noch ein weiteres „Must have“: Den Liefervertrag mit einem Anbieter, der „Strom aus 100 Prozent erneuerbaren Energien“ verspricht.

Nun gilt aber auch für die allermeisten Stromverbraucher die alte Weisheit, dass der Saft eben nicht per Direktleitung aus einem österreichischen Wasserkraftwerk oder dem Solar- beziehungsweise Windpark am anderen Ende des Landes kommt – sondern aus der Steckdose. Viele Ökostrom-Geschäftsmodelle der Energiekonzerne basieren lediglich auf dem Handel mit Herkunftsnachweisen. Dabei kauft ein Stromunternehmen beispielsweise in Skandinavien billige Zertifikate für Ökostrom aus Wasserkraft, nicht jedoch den Strom selbst. In Deutschland wird dann der konventionelle Strom mit den Zertifikaten zu Ökostrom umdeklariert. Natürlich gibt es auch einige echte Ökostromerzeuger, doch am tatsächlich über die Leitung verteilten Strommix ändert das nur wenig. Der Anteil der Braunkohle an der Stromerzeugung wird auf absehbare Zeit hoch bleiben, dafür hat die Politik „nachhaltig“ gesorgt, unter anderem mit neuen Genehmigungen für Tagebaue und Kraftwerke.

All dieser und vergleichbarer Humbug wäre vernachlässigenswert, wenn er nicht mit dem Impetus der moralischen Überlegenheit zelebriert würde. Oder gar mit der Überzeugung, dass man schließlich „etwas tut“ für die Zukunft der Menschheit. Dabei müssten wir tatsächlich etwas tun, nämlich gesellschaftliche Rahmenbedingungen für nachhaltige Entwicklung im umfassenden Sinne schaffen, auch ökologisch. Mit dem Kassenzettel vom Biomarkt als Ablassquittung kommt man da keinen Schritt weiter.

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Robert Flag | Do., 16. Februar 2017 - 13:12

Wenn jeder Konsument nur mal konsequent darauf achten würde, Produkte aus der Region zu kaufen, wäre schon viel geholfen.
Das gilt nicht nur für Lebensmittel. Auch Autos, Radios, Plattenspieler und Rasierapparate gibt es Made in Germany.
Die Preise sind zwar oft teurer als bei Produkten aus Fernost, wenn man allerdings Massenentlassungen und das Sterben ganzer Städte in Betracht zieht, sind die Kosten vergleichsweise niedrig.
Es liegt an uns, den Gegenwert unseres Geldes zu bestimmen.

Robert Flag | Fr., 17. Februar 2017 - 08:12

Antwort auf von Willy Ehrlich

Nein ich meine z.B. Opel in Bochum und demnächst vielleicht auch in Eisenach und Rüsselsheim.
Die EU beschließt ein Handelabkommen mit Korea, das Hyundai und Kia erlaubt ihre Fahrzeuge hier zu verkaufen, im Gegenzug dürfen europäische Firmen aber in Korea kein Auto zollfrei verkaufen.
So etwas muß man als Kunde nicht auch noch unterstützen, oder ?

"Made in Germany" bedeutet nicht, dass das Produkt hier hergestellt wurde. Es wurde z.B. lediglich die Endmontage hier durchgeführt. Bedeutet z.B. bei einem Radio, dass Leterplatten und elektronik aus china sind, das Gehäuse in Pakistan produziert wird und die anleitung in einer polnischen Druckerei hergestellt wird. Zuasammengeschraubt wird dann bei uns. Und: Voila! Made in Germany.

Das stimmt, aber diese "Zusammenschrauber" sind zehntausende !
Ein deutsches Auto besteht auch kaum aus deutschen Teilen.
Aber rund 750 000 Menschen sind in der deutschen Autoindustrie beschäftigt.
In Städten wie Köln oder Stuttgart sind Autohersteller die größten Arbeitgeber. Schließen diese Werke, sterben die Städte mit. Wenn der Ex-Autoarbeiter kein Geld mehr hat, kann er auch keinen Anzug, keine Bio-Lebensmittel, keine Waschmaschine und keinen Backofen mehr bezahlen.

Georg Dallmann | Do., 16. Februar 2017 - 13:14

Dazu gibt es im wesentlichen 2 Dinge zu sagen:

Die Realität sieht so aus, dass sich Millionen von Menschen BIO-Lebensmittel schlicht nicht leisten können. Damit allein schon hat sich die "Diskussion" erledigt. Hinzu kommt, dass immer öfter alles andere als BIO drin ist, wo Bio drauf steht. Abgesehen davon ist es doch auch so, dass es - genau genommen - in unserer durch und durch verseuchten Umwelt inklusive der LUFT (!) praktisch so gut wie nicht möglich ist, schadestofffreie Lebensmittel zu "produzieren". Alles quasi eine Frage der "Relativität".

Zweitens ist zum Thema "Fairtrade" zu sagen, dass das zwar eine gute "IDEE" ist, aber häufig durch und durch VERLOGEN! Gleich ob es sich um Tee, Kakao, oder was auch immer handelt, unter dem wohlklingenden und realitätsvernebelnden"DACH"
der Fairtrade-abels wird betrofen und manipuliert was das Zeug hält und die dort arbeitenden ARMEN Menschen werden weiterhin ausgebeutet und misshandelt. That`s real life!

Karl Kuhn | Do., 16. Februar 2017 - 13:47

Bio: Im Bereich Pflanzenbau gekennzeichnet durch den Verzicht auf synthetische Düngemittel und Pestizide. Der ökologische Effekt ist definitiv positiv, allerdings verbraucht diese Art der Landwirtschaft mehr Fläche. Dies könnte durch Minderkonsum von Fleisch und Milch zumindest teilweise ausgeglichen werde. Bio im Bereich Tierhaltung ist durch weniger Antibiotika-Einsatz, bessere Haltungsbedingungen sowie das Verfüttern von überwiegend selbst erzeugten Bio-Futtermitteln geprägt. Das ist im Prinzip auch nicht schlecht. Biolandwirtschaft dient allerdings vor allem der Umwelt und hier besonders der Artenvielfalt, weniger der Gesundheit der Konsumenten.
Fairtrade hingegen ist kompletter Nonsens. Entspr. Studien zeigen, dass ca. 90% der Preisaufschläge nicht bei den Erzeugern ankommen, sondern für die Verwaltung und Selbstkontrolle des Systems draufgehen. Anders gesagt: Es leben vor allem die Initiatoren aus reichen Ländern davon, Verkauf von Moral als Selbstbeschäftigung.

Torsten Knecht | Do., 16. Februar 2017 - 14:12

.... notgedrungen, wer wenig finanzielle Ressourcen hat, fährt Rad/Bahn statt Auto/Flugzeug, kauft nur das, was er wirklich braucht, isst was er sich leisten kann o. will und wohnt in kleineren Wohnungen. Dafür ist seine Lebens(-konsum-)zeit in D. ca. 10 Jahre geringer als bei Normalverdiener u. ist aufgrund seines wenig konsumorientierten Lebensstil stark von sozialer Ausgrenzung bedroht.

Für viele ist dieser Lebensstil (ob freiwillig o. unfreiwillig) nicht erstrebenswert - jedenfalls nicht für alle Lebensbereiche.

Weiß doch jeder, das es bei Produkten weniger um Nachhaltigkeit an sich geht sondern um Profit u. Biogedöns drumherum lediglich ein Marketinginstrument zur Verkaufssteigerung darstellt.

Die nachhaltigste Lebensweise haben mit Sicherheit nicht die Industrieländer sondern Stammesgemeinschaften, die im Einklang mit ihrer Umgebung leben ... aber dahin will auch keiner zurück.

Uwe Dippel | Do., 16. Februar 2017 - 14:17

Vergessen? Bei der Aufzählung der 'erlaubten' Fische fehlt der Hering. Meiner Meinung nach. Aber auch sonstwo sehe ich den nicht, und ist dabei doch einer der grossen Fangmengen.

Willy Ehrlich | Do., 16. Februar 2017 - 15:40

Antwort auf von Uwe Dippel

nein, den gibt´s nicht mehr, der ist vollständig und vollzählig in der Dose.

Rainer Balcerowiak | Do., 16. Februar 2017 - 15:51

Antwort auf von Uwe Dippel

Laut Greenpeace und WWF ist der Verzehr von Heringen nur bei Herkunft aus bestimmten Fangregionen "erlaubt". Vor einigen Jahren verbreiteten beide Organisationen allerdings noch apokalyptische Prophezeiungen in Bezug auf den Fortbestand dieser Art.

Bianca Schmidt | Do., 16. Februar 2017 - 14:28

Ich bin jeden Tag an der Einkaufsfront in den gängigen Supermärkten - zwangsweise. Was drauf steht, drin ist und wo es dann letztendlich herkommt ist ein gewaltiger Unterschied. Zum Beispiel werden unsere Odenwaldkartoffel nur im Odenwald verpackt, auch die Pyrmontkirschen hatte ich vergeblich in Pyrmont gesucht. Bio bedeutet Natur und nichts anderes, ist zudem auch nicht geschützt. Mit einem Tablet, Google Earth und einem Koffer der Spurensicherung könnte dem wahren Ursprungsland eventuell auf die Schliche kommen. Nun, ich kaufe nur frische Sachen, bastle was leckeres draus, mehr kann man nicht tun. Und für dumm verkaufen, kann ich mich selber. Spaß bei Seite Herr Balcerowiak hat recht.

Friedrich Berkner | Do., 16. Februar 2017 - 15:58

Antwort auf von Bianca Schmidt

Liebe Bianca,
das griechische Wort Bios bedeutet nicht Natur, sondern Leben !
Physis wäre die richtige Übersetzung ins Griechische für Natur.
Deine Pyrmont Kirche wäre gegebenenfalls allenfalls eine Piemont Kirsch.
Aber auch deren Name hat nichts mit einer italienischen Landschaft zu tun, sondern zeigt lediglich für Kenner an, dass die Familie Ferrero aus dem Piemont stammt.
Logos?
So etwas könnte man gegebenenfalls vorher googlen, ehe man bzw. Frau zur Tastatur greift!
Gruß von jemandem, der sechs Jahre griechisch und nebenbei noch neun Jahre Latein lernen durfte.

Bernd Eifländer | Do., 16. Februar 2017 - 17:04

Antwort auf von Friedrich Berkner

Wenn schon Korrektur dann richtig. Was ist eine, Zitat : Pyrmont Kirche ? Woher wissen sie das es im Odenwald keine "Pyrmontkirschen" zu kaufen gibt. Bio würde ich im allgemeinen Sprachgebrauch auch mit Natur - Produkt übersetzen oder ist es ein Leben-Produkt. Habe persönlich noch nicht gehört. So, jetzt können sie weiter Schulhefte korrigieren.

franz wanner | Do., 16. Februar 2017 - 14:48

Aber braucht es wirklich ein Erweckungsmoment, dass handgepflückte Artenvielfalt aus der Mischkultur des Dachgartens nicht ausreicht, um Großhandel und Markenversand über hunderte Megatonnen nachhaltig und ganzjährig zu sichern?
Mit Bierkonsum wurde der Regenwald gerettet und Käfighühner konnten adoptiert werden!
Wundersamen aus Afrika werden importiert, nur damit die dortigen Bauern unser Gengetreide teurer kaufen können - dort wächst das ja nicht?

Sind die Trendymen jetzt vom eigenen Hype erschöpft? Ist das Wertegefühl jetzt nicht mehr imagetreibend sondern lächerlich?

Was wünschenswert aber nie wirklich war, soll jetzt in Betroffenheitslyrik enden?
Ein Erzeuger mit guten Produkten braucht keine Marke. Und die Menge reicht auch nicht für eine Marke. Kauft dort. Unterstützt dort.
Eine Erzeugeradresse in der Kaufpackung/Tüte ersetzt jedes Verbrauchersiegel.

Emil Pickartz | Do., 16. Februar 2017 - 14:50

Lieber Herr Balcerowiak,
als "neutraler" Konsument hat mich Ihr Artikel nicht wirklich überzeugt. Ihr "Contra"-Belege sind ebenso dünn wie die mancher Pros. Die Plastikplanen in Spanien gibt es mit und ohne Bio. Und zu jedem Ihrer Beispiele lässt sich genausogut wieder ein gegenteiliges finden.
Ich frage mich auch, wo man sich als "nichthaltiger" Konsument so ausgegrenzt fühlt, wie sie es beschreiben. Vielleicht in einem Berlin-Mitte-Kietz, aber im Rest der Republik wohl kaum.
Das hört sich leider genauso ideologisch an wie das, was manche Hyper-Bios von sich geben, nur eben in die andere Richtung.
Zuspitzen alleine ist nicht das was der Leser braucht. Das will keiner mehr lesen. Das bewirkt nur, dass man dann lieber selbst recherchiert, statt sich zutexten zu lassen.
Mit freundlichen Gruessen, EP

Ich bin doch gar nicht gegen Biolebensmittel und ökologische Landwirtschaft, im Gegenteil. Ich wende mich lediglich gegen den PR- und Lifestyleschwindel, der damit betrieben wird.

Karl Kuhn | Do., 16. Februar 2017 - 16:59

Antwort auf von Rainer Balcerowiak

Ein Autor, der sich der Diskussion stellt ... bravo, ich liebe Sie!!!

Michaela Diederichs | Do., 16. Februar 2017 - 22:24

Antwort auf von Rainer Balcerowiak

Lieber Herr Balcerowiak, so habe ich Sie auch verstanden. Dieser PR- und Lifestyleschwindel nervt total. Schöner Artikel. Danke.

ingrid Dietz | Fr., 17. Februar 2017 - 17:02

Antwort auf von Rainer Balcerowiak

werden regelmäßig von mir gekauft und zwar allein aus dem Grunde, dass nicht noch mehr landwirtschaftliche Betriebe geschlossen werden.
Erdbeeren zu Weihnachten ? Nee danke, die schmecken sowieso nicht !
Spargel 365 Tage im Jahr ? Nee danke, die schmecken auch nicht !

Birgit Jacob | Do., 16. Februar 2017 - 15:06

Ich habe diesem ganz Quatsch schon lange abgeschworen. Wenn möglich kaufe ich auf regionalen Märkten. Dann bleibt das Geld auch in der Region und landet nicht in den Händen multinationaler Konzerne, welche dem Hersteller kaum noch die Luft zum Überleben lassen. Bioprodukte nur dann, wenn sie nachweislich aus der Region kommen, denn bei allen anderen Produkten weiß man ohnehin nicht, ob man Bioqualität bekommt. Der Fleischkonsum minimiert sich in Anbetracht der Preise und weil der Lieferant nicht unbedingt um die Ecke, dann schon ganz automatisch.
Die Produkte aus den Bioläden schmecken mir, besonders wenn sie konserviert sind nicht besser, sondern eher schlechter. Somit lohnt es sich selbst zu kochen und selbst zu konservieren. Unter dem Strich schont das die Haushaltskasse, die Nerven und ist auch nicht ungesünder.

Andreas Kirchner | Do., 16. Februar 2017 - 15:09

Im Gegensatz zum sozialistischen Venezuela oder Nordkorea haben wir überhaupt etwas zu essen. Allerdings arbeitet die politische Klasse mit Hochdruck daran, Leistungsträger zu vertreiben und dem Mittelstand eine kapitalistische Erbschuld einzureden.
Dass Nachhaltigkeit mit steigendem Wohlstand als Wert steigt, sieht man an China, wo, nachdem sich 600 Mio. Chinesen aus der Armut emporgearbeitet haben, der Ruf nach Umweltschutz lauter wird.
Die "desaströsen Monokulturen" wird der Markt auf kurz oder lang schon regeln. Denn nur jene, die ihr Land am nachhaltigsten bewirtschaften, werden auch morgen noch Lebensmittel anbieten können.

Wilhelm Gebken | Do., 16. Februar 2017 - 15:55

Bio ist für die meisten Bauern gleichzusetzen mit Umwelt-, Bodenzerstörung und Tierquälerei. Warum stellen wohl so wenig Landwirte auf "Bio" um? Die, die es dann tun, machen es meist, weil sie nur so dem "Bauernmobbing" (siehe Hendricks) entfliehen können. Ein Beispiel für Tierquälerei auf höchstem Niveau: Die Ringelschwanzprämie von Lw-Minister Meyer (Nds)! Fast alle Bioschweinebetriebe würden diese 16,50 € pro Tier mitnehmen, tönt er stolz. Und die Wahrheit? Nur 70% der abgelieferten Schweine müssen intakte Ringelschwänze aufweisen - die anderen 30% sind oder dürfen abgefressen sein. Wohl Niemand der Cicero-Leser wird wissen, was es bedeutet, wenn derartiger Kannibalismus im Stall auftritt. Dieses Tierleid, mit Entzündungen, Blutungen und immer weiterem Abknabbern bis in die Wirbelsäule hinein! Die Tiere lassen es sogar zu, um so den Juckreiz und die Schmerzen ein wenig zu lindern! Letztendlich geht ein Großteil elendig zu Grunde. Und die werden bei den 70% erst gar nicht mitgezählt

Adan Frei | Do., 16. Februar 2017 - 16:01

Es ist wohl wahr, dass im Biosegment einiges an Etikettenschwindel betrieben wird. Statt den Verbraucher transparent auf die wirklichen Unterschiede zum konventionellen Anbau hinzuweisen, gibt es meist schwammige Rundumglücklichversprechungen. Das heißt aber nicht, dass die verschiedenen Bio- und Fairtradesiegel deshalb sinnfrei sind. Immerhin handelt es sich hierbei um kontrollierte Standards, im Gegensatz zu Luftblasen à la "aus kontrolliertem Anbau" oder "Premium". Ich weiß etwa immerhin, dass die regionale Demetermilch von Kühen stammt, die regelmäßigen Freilauf kriegen, nicht mit Kraftfutter vollgepumpt werden und ihre Hörner behalten dürfen. Es reicht natürlich nicht, sich auf Bio und Fairtrade allein zu verlassen, aber zusammen mit einem Saisonkalender und etwas gesundem Menschenverstand kann man sich doch halbwegs im Labyrinth der Konsummöglichkeiten orientieren.

Wolfgang Tröbner | Do., 16. Februar 2017 - 17:37

sie verspricht. Als Beispiel sei die sogen. nachhaltige Energiepolitik genannt, die sich auf erneuerbare Energiequellen wie Holz stützt. Wer darauf gesetzt hatte, dass das Heizen mit Holz eine gute, weil umweltfreundliche Idee sei, kann nun in Stuttgart das genaue Gegenteil erleben. Hier hat sich nämlich gezeigt, dass das Heizen mit Holz die Feinstaubprobleme erheblich verschärft. Weshalb die Stadt ihre Bürger bittet, dies zumindest zeitweise zu unterlassen. Es wird wohl nicht lange dauern, bis es ganz verboten wird.

"Regional" halte ich hingegen für eine gute Idee. Wenn ich beim Bauern in der Nachbarschaft oder im Supermarkt regionale Produkte kaufe und Aufträge hauptsächlich an Handwerker aus dem Ort vergebe, trage ich zumindest dazu bei, dass der Standort gestärkt wird.

ist definitiv kein Prinzip der Evolution, also auch nichts "Natürliches". Es ist sogar von seinem Ursprung her ein - oh Gott! - zutiefst kapitalistisches Prinzip der Forstwirtschaft, denn es dient dazu, dass auch die nachfolgenden Generationen der Waldbesitzer noch genug zum Schlagen und Vermarkten haben.
Dass die Verbrennung von Holz (von Ignoranten zu den erneuerbaren Energien gezählt!) weder sinnvoll noch gesund ist, sieht man z.B. in Subsahara-Afrika, wo der Anteil "erneuerbarer Energien" um die 50% des Gesamtenergieverbrauchs beträgt und trotzdem tiefe Armut und Krankheit herrscht. Laut WHO sterben in diesen Ländern pro Jahr mehr als 3 Millionen Menschen in ihren Hütten an dem Rauch, den ihre Holzfeuer zur Nahrungszubereitung und zum Heizen erzeugen.
Und die unwissenden Schwachköpfe, die so etwas den Deutschen als Klimaschutz verkaufen, werden auch noch wiedergewählt! In einer wirklichen Wissenschaftsgesellschaft würden solche Prediger vom Hof gejagt.

Bingo de Gorona | Do., 16. Februar 2017 - 18:26

als Fachmann kann ich nur sagen, wenn man nur die Hälfte der Pestiziden, Insektiziden und natürlich alle Herbiziden in D. durch biologisch angebaute Obst- und Gemüse einsparen können, haben wir schon viel erreicht. Eine Massenproduktion ob Genmais oder Erdbeeren bzw. Hühnereier aus Bayern kann immer giftiger sein...

Dimitri Gales | Do., 16. Februar 2017 - 20:13

Ich habe unserer Haushälterin aufgetragen, nur nach Qualität und möglichst heimischen Produkten (Oberbayern) zu suchen. Bei "Bio" weiss man nicht genau, ob es sich auch um Bio handelt; draufschreiben kann das jeder. Und oft sind "Bio"-Waren überteuert.
Seit dem ich von einem Tatsachen-Bericht über "Fair-Trade" Kenntnis genommen haben, fällt auch dies bei uns weg.

Stuart Massion | Do., 16. Februar 2017 - 23:08

Ist eine Landwirtschaft die weniger erzeugt wirklich nachhaltig? Das bedeutet, dass woanders (im Amazon?) gerodet werden muss. Z.B. in vielen europäischen Ländern dürfen aus ganz unwissenschaftlichen Gründen keine gentechnisch-erzeugte Pflanzen angebaut werden. Aber in Europa gibt es nicht genug Getreideanbaufläche um die Tiere zu füttern, also wird massenhaft Gengetreide wie Soya and Mais aus Brazilien und Amerika importiert. Die Weltbevölkerung wird 9 Milliarden in 2050 und 12 Milliarden im Jahr 2100 erreichen. Ala Antoinette, werden die alle "Kuchen" essen können? Bio-Anbau ist eine Landwirtschaft die vielleicht reiche Länder sich leisten können aber nicht wirklich nachhaltig. "Desaströse Monokultur" ist auch so ein Propagandabegriff. Wenn man höhere Ernten von einem Acker erwirtschaften kann, braucht man nicht weitere Wälder und Naturgebiete zu roden. Ich vertraue den Bauern, nicht Angstmacher die keine Ahnung von Landwirtschaft haben.

Alfons Kuchlbacher | Fr., 17. Februar 2017 - 07:32

Wann traut sich einmal wer das Hauptproblem anzusprechen: die zu hohe Bevölkerungszahl, sowohl in Europa, als auch und vor allem weltweit?

Hans Jürgen Wienroth | Fr., 17. Februar 2017 - 08:25

All die Gütesiegel, Markennamen oder sonstigen Versprechen haben nur dann einen Wert, wenn sie unabhängig kontrolliert werden und bei Nichterfüllung derselben deutliche Strafen folgen.
In unserem Land wie in der gesamten EU wird jedoch die Selbstkontrolle als preisgünstiges und wirksames Instrument angesehen. Bei der Bestrafung sieht es ähnlich schlecht aus. Der Konsument muss zunächst nachweisen, dass er das Produkt fachgerecht einwandfrei beschrieben und juristisch korrekt bestellt hat. Gelingt der Nachweis tatsächlich ist die Strafe Im Vergleich zum Gewinn marginal.
Möchte ein Kunde genau das Produkt, dass er beim Lieferanten bestellt hat, so wird die Erwartung oft nicht erfüllt. Staat und Politik lassen den Konsumenten dabei sträflich allein.
Es interessiert die Politik nicht einmal, wenn durch fehlerhafte Planungen bei öffentlichen Aufträgen Milliardenbeträge in den Sand gesetzt werden. Da sind Pleiten, Pech und Pannen genauso vorprogrammiert wie bei Lebensmitteln und Strom.

Susanne Dorn | Fr., 17. Februar 2017 - 14:42

Ja, Herr Dallmann, es ist teurer als herkömmliches Obst und Gemüse. Hier mein Tipp: Ich bin durch Zufall auf eine Firma in München aufmerksam geworden, die vorwiegend von Bio-Bauern aus dem Umland München Obst und Gemüse aufkauft, das normalerweise geschreddert wird, da es nicht der EU-Norm entspricht. Ja, es wird geschreddert!!! Kaum zu fassen. Wir Kunden „retten“ also dieses Obst und Gemüse. Es wird wöchentlich absolut frisch in 5kg- oder 7,5 kg Paketen verschickt. Es handelt sich vorwiegend um saisonbedingte Ware, die vom Versender zusammengestellt wird. Versand deutschlandweit.

Schmeckt vorzüglich und ich habe dieses gute Gefühl wirklich Ware gerettet zu haben. Vielleicht hilft der Tipp all denen, die auch etwas gegen Verschwendung und für unsere Umwelt tun möchten. Und für den Geldbeutel. Nein, ich bin nur Kunde und habe keine verwandtschaftlichen Beziehungen zu dieser Firma und auch sonst keinerlei Vorteile. Ich gebe nur meine Erfahrung weiter. (etepetete.de)

Reinhard Schröter | So., 19. Februar 2017 - 18:16

Da machen sie sich mit Kind und Kegel raus auf's Land zu Bauer Lindemann. Natürlich mit n,em SUV , der schon Mal 10 Liter schluckt. Da es aber um eine gute Sache geht, ist das schon gerechtfertigt. Und wenn sich doch Mal das Gewissen meldet ( eher unwahrscheinlich !) , kann man ja wieder mal die an den Ököpranger stellen, die mit der Kilometer Pauschale rechnen müssen.
Wenn nun Bauer Lindemann's Bio-Möhren, nicht gefallen, sei es weil sie etwas schrumplig ,madig oder gar zu teuer sind, macht das gar nichts. Auf dem Rückweg kommt ja noch leicht an drei bis fünf Supermärkten vorbei....... Ohne die würde sich das gute Gewissen niemals auf den Weg in die Bio-Ungewissheit machen !