Demonstration zum Verbleib Großbritanniens in der EU
Demonstration zum Verbleib Großbritanniens in der EU. Bild: picture alliance

Brexit-Referendum - Keine Sternstunde der Demokratie

Anhänger von Volksabstimmungen feiern den Brexit als souveräne Entscheidung der britischen Bürger. Dabei taugt ausgerechnet dieser Fall überhaupt nicht als leuchtendes Beispiel für die direkte Demokratie

Alexander Marguier

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Alexander Marguier ist Chefredakteur von Cicero.

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So hatten sich das die Freunde der direkten Demokratie bestimmt nicht vorgestellt. Da bekommt das britische Volk also die Gelegenheit, über die Mitgliedschaft des Königreichs in der EU abzustimmen – und hinterher ist die Unzufriedenheit größer als vorher. Natürlich gibt es immer noch viele Briten, die nach dem Referendum vom vergangenen Donnerstag noch einmal ganz genauso für den Austritt stimmen würden. Aber ob sie auch nach einer zweiten Runde noch in der (ohnehin schon knappen) Mehrheit wären, das kann inzwischen doch stark bezweifelt werden. Und wenn – vom irrlichternden Nigel Farage und seinen Freunden abgesehen – sogar führende Brexit-Befürworter nach ihrem Sieg aussehen wie begossene Pudel, dann muss wirklich etwas schief gelaufen sein.

Premierminister David Cameron behauptete zwar am Montag noch, es sei „richtig“ gewesen, „bei einer Frage dieser Größenordnung den Menschen direkt zuzuhören“. Aber von der Tatsache abgesehen, dass zwischen zuhören und abstimmen lassen mehr als nur nuancenhafte Unterschiede bestehen, erinnert diese Bekräftigung doch sehr an die Geschichte vom Mann in der Oper: Der lehnt sich während einer Aufführung zu weit aus der Loge und fällt in den Orchestergraben. Damit keiner auf den Gedanken kommt, ihm sei ein Missgeschick passiert, geht er an den folgenden Abenden immer wieder in die Oper und stürzt sich absichtlich in die Tiefe. Lieber will er als Exzentriker gelten denn als Pechvogel.

Eine Meisterleistung staatlichen Versagens

Zwar werden Exzentriker und Querköpfe auf den britischen Inseln grundsätzlich mit mehr Respekt behandelt als auf dem konformistischen Festland jenseits des Ärmelkanals. Aber hier geht es eben nicht um irgendwelche Marotten oder weltanschauliche Differenzen, sondern um die Zukunft und den Fortbestand sowohl Großbritanniens wie auch der Europäischen Union. Dass der Brexit für beide verkraftbar ist, mag sein. Dass irgendwer einen Vorteil davon hat, ist nach derzeitiger Lage nicht zu erkennen. Ganz davon abgesehen, dass Referendums-Befürworter Cameron sein Amt als Ministerpräsident verlieren und der Referendums-Gewinner Johnson selbiges kaum jemals antreten wird. Eine Lose-Lose-Situation, in die die politische Elite Großbritanniens sich selbst und ihre Bevölkerung ohne jede Not hineinmanövriert hat: Das ist schon eine Meisterleistung staatlichen Versagens.

Was bedeutet das alles aber für die direkte Demokratie? Sind plebiszitäre Elemente durch den Brexit nachhaltig diskreditiert worden? Geht es nach den Brüsseler Apparatschiks der Liga Schulz und Juncker, dann sollte das gewiss so sein. Denn sie möchten nicht nur an den unbotmäßigen Briten möglichst schnell ein Exempel statuieren, sondern auch an allen Ländern, die auf den abwegigen Gedanken kommen könnten, in europäischen Fragen das Volk abstimmen zu lassen. Das hinterlässt den schlechten Nachgeschmack, aus Sicht der Berufseuropäer sei Europa für Normaleuropäer ohnehin viel zu kompliziert. Keine gute Werbung für ein politisches Gebilde, das sich nicht zuletzt als demokratisches Großprojekt versteht.

Falsche Machart des britischen Referendums

Das britische Referendum aber ist nicht vom Grundsatz, sondern von seiner konkreten Machart her ein schlechtes Beispiel für direkte Demokratie. Denn Camerons Beweggründe, einer Volksabstimmung den Weg zu bereiten, waren bekanntlich weniger der Sache selbst geschuldet, als vielmehr dem innenpolitischen Kalkül. Es schwingt auch eine höchst unangenehme Verächtlichkeit mit, wenn politische Führungsfiguren ihrer Bevölkerung nur bei passender Gelegenheit und zum Zwecke des eigenen Machterhalts eine Sachabstimmung vor die Füße werfen. Dass andere Politiker, Boris Johnson vorneweg, bei solchen Gelegenheiten mit kalkulierter Desinformation nach höheren Ämtern streben, ist da schon fast wieder konsequent.

Unterm Strich ist der Brexit keine Sternstunde der Demokratie gewesen, sondern das Ergebnis einer elitären Demokratieverachtung. Kein Wunder, dass jetzt alle den Schaden haben.

Lesen Sie auch den Beitrag von Ralf-Uwe Beck, Bundesvorstandssprecher von Mehr Demokratie e.V., zur Brexit-Debatte: Warum wir Volksabstimmungen brauchen

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Michael Vemmer | Mi., 29. Juni 2016 - 12:01

Wer sagt, dass alle oder die meisten Brexit-Befürworter "hinterher unzufriedener als vorher" sind?
Der Journalist, Paul Joseph Watson, dessen YouTube Kanal mittlerweile über 400.000 Abonnenten aufweist und dessen Videos bald 100 Mio. mal gesehen sein werden, beschreibt das erste mal in seinem Leben Patriotismus zu fühlen.
Unterbewusst ist Herr Marguier wahrscheinlich nur neidisch, dass er selbst nicht persönlich abstimmen darf.

Jürgen Dannenberg | Mi., 29. Juni 2016 - 12:02

Da können sie weiterhin die beleigte Leberwurst abgeben Herr Marguier, es war eine Sternstunde der Demokratie. Mag ja sein das sie mit elitären Demokratieverachtung recht haben. Aber das Volk hat so entschieden, und da hilft auch kein Jammer, kein hätte und könnte u.s.w. Und wenn die Volker der einzelnen EU Staaten entscheiden könnten, dann wäre die jetzige EU Brüssel sofort weg vom Fenster.
Alleine der Junker von sich gibt ist schon eine grobe Zumutung.

Marc Billings | Mi., 29. Juni 2016 - 12:06

„Die Parlamente der europäischen Staaten sollen nach dem Willen der EU-Kommission von der Entscheidung über das ausgehandelte Freihandelsabkommen mit Kanada (Ceta) ausgeschlossen werden.“ (FAZ, 28.06.2016)

Was sagt uns Juncker damit?
Ich zieh das jetzt alleine durch, ich scheiß auf eure Parlamente!

Rule, Britannia!
The nations not so blest as thee,
Must in their turns to tyrants fall;
While thou shalt flourish great and free,
The dread and envy of them all.

Chor: |:Rule, Britannia! Britannia rule the waves; Britons never will be slaves.

Dirk Nuehring | Mi., 29. Juni 2016 - 12:21

Geben Sie es zu, Herr Marguier.

Der BREXIT hat ihr Weltbild erschüttert, weil sie nun politische Ablehnung von unseren britischen Freunden am eigenen Leib erleben.

Bisher konnten sie sich bei EU-Skepsis stets hinter den Eliten verstecken, die hier ein Fehlerchen gemacht oder da das Volk nicht ganz mitgenommen zu haben schienen.

Aber nun wird das gesamte System in Frage gestellt. Damit wird nicht weniger als die Person Alexander Marguier und ihre moralischen Werte in Frage gestellt.

Aber anstatt sich öffentlich überrascht (und somit nicht allwissend) zu geben, anstatt das wirtschaftliche System (europäischen Sozialstaat) in Frage zu stellen, anstatt ideologische Gegner zum Gespräch einzuladen (z.B. der AfD einen Gastbeitrag zu gewähren, oder EU-kritischen Journalisten wie Jürgen Elsässer, Karlheinz Weissmann oder Andre Lichtschlag zu interviewen), tun sie so, als seien die Gewinner der Abstimmung keine Gewinner.

Bisher ist Cicero kein guter Verlierer.

Herbert Trundelberg | Mi., 29. Juni 2016 - 12:57

Sie müssen nicht alles Glauben was Ihnen die Brüsseler und Berliner so vor Gaukeln. Die GB Bürger wussten schon ganz genau worüber sie zu befinden hatten und ich Glaube das, wenn die Politik uns nicht so belügen würden, noch viel mehr gegen dieses Moloch Nest Brüssel stimmen würden. Sie hätten gestern einmal den Versprecher hören müssen in ARD 21:45 - 22:15 von 1,8 Millionen Migranten in 2016 und nicht 1,0 Millionen. Oder die Schulden in Griechenland welche mit jeder Kanzlerinnen Hilfe von 80 Milliarden auf 260 Milliarden gewachsen ist und das trotz Verarmung der Griechen und 50 % Jugendarbeitslosigkeit. Einmal überlegt wieviel in der BRD mit Minijobs, Praktikanten und Schulungsmaßnahmen aus der Statistik gelogen wird. Haben Sie sich einmal gefragt was 28 Kommissare so mit ihren Mitarbeiterstab an schwierigen Aufgaben zu erledigen haben? Lasst uns die EU begraben und mit ihr den €uro und lasst uns zur EG bzw. EWG zurück kehren, damit könnten sich auch die EFTA Staaten anfreunden.

Walter Wust | Mi., 29. Juni 2016 - 14:41

Antwort auf von Herbert Trundelberg

Jawohl Herr Trundelberg, ich stimme Ihnen zu. Vieles was nach dem Brexit über diese demokratische Abstimmung verlautbart wird, erinnert mehr an ein Erziehungsheim als an ein politisches Gremium. Man muss das britische Volk also zur Raison bringen und Allen eventuell Gleichgesinnten mit "Schmackes" zeigen, "wo Bartel den Most holt". Diese Politik, oder was immer das auch sein soll, wird vor Allem die Deutschen noch über Generationen ausbluten und das beim jetzigen Zustand. Was da sonst noch kommt und letztendlich kosten wird, erfährt der Deutsche, wenn überhaupt offiziell, dann erst, wenn ein Gegenwirken nicht mehr möglich ist.

Maike Berthold | Mi., 29. Juni 2016 - 13:15

Juncker und Schulz denken nicht im Traum daran zurückzutreten. Trotz Wirtschaftskrise, trotz Migrationskrise, trotz Demokratiekrise, trotz Steuergerechtigskeitskrise. Und jetzt auch noch der Austritt GBs.

Ich habe das Gefhühl, Europa braucht noch mehr Elitenverachtung, nicht weniger.

...es sich bei den Eliten nicht wirklich um Eliten handelt.
Wer den großen Konzernen die Möglichkeit gibt, sich die klein- und mittelständische Konkurrenz über 545 EU-Normen allein zum Bereich 'Handtücher' vom Leib zu halten, während er die Weltrevolutionäre Bush, Obama, Blair, Cameron und Hollande nicht vor ein Kriegsgericht stellt, der hat weder moralische Standards noch betreibt er nachhaltige Politik.

Robert Flag | Mi., 29. Juni 2016 - 13:21

Nun fahren Sie mal nicht gleich solche Geschütze auf Hr. Marguier. Fortbestand von GB & EU. Warum nicht gleich der Menschheit. GB wird auch weiterhin Handel treiben. Mit uns und dem Rest der Welt. Nur unter Umgehung einer nur noch auf Selbsterhalt bedachten EU. Es wäre wünschenswert diese monströse EU würde wieder auf EWG-Format zurückgeschrumpt.

K.Schramm | Mi., 29. Juni 2016 - 13:29

Volksabstimmungen, die bisher in der EU gelaufen sind sind NIE mit einem Nein Ergebnis akzeptiert worden. Die Länder wurden beschimpft, dann wurden ihnen Zugeständnisse mit finanziellen Vorteilen gemacht,die Namen der Verträge geändert und nach einem Jahr wieder zur Abstimmung gebracht um dann das Ja zu erhalten. Flankiert wurde das Ganze von den Medien mit entsprechender Stimmungsmache.

Griechenland wurde besonders traktiert. Nicht, weil es Geld brauchte, sondern als Disziplinierungsobjekt für die EU-Adminstration als Signal an alle anderen Länder, brav zu sein und entsprechend neoliberal zu wählen.

Auch in GB sind massive Murdoch Kampagnen gelaufen, die sich alle gegen eine linksgerichtete Politik im Lager der Labour-Partei richteten, was jetzt Cameron & andere irritieren, trotz der harten Kampagnen unterlegen zu sein.

Dieses Ergebnis ist eine Sternstunde für die britische Bevölkerung. Es zeigt, dass sie die Nase voll hat von der Politik des Kürzens & Sparens.

Ihr Vorwurf des "Neoliberalismus" deutet auf Unwissen in ökonomischen Fragen.

"Neoliberalismus" gibt es nicht.

Kein Vertreter des freien Marktes nennt sich "neoliberal".

Es handelt sich um ein Propagandawort der Systemprofiteure.

Hier gilt weniger, dass Sozialhilfeempfänger und Bürokraten nicht so geizig sein sollten, sondern dass sie schlichtweg überhaupt keine wirtschaftlichen Forderungen machen sollten, wenn sie von Wirtschaft keine Ahnung haben.

Wir fragen auch nicht "das Volk" über die korrekten Behandlungsmethoden für Zahnärzte.

Die Griechen hängen zu 60% vom Staat ab und haben eine Kultur der Klüngelwirtschaft und Korruption.

Sicher, die Auflagen der EU-Adminstration sind hart.

Aber niemand zwingt die Griechen, die Auflagen zu akzeptieren.

Sie könnten auch aus der EU austreten und den freien Markt einführen.

Nachteil: die Alten hätten es schwer.

Vorteil: die Jungen hätten es leicht und könnten die Alten damit versorgen und langfristig überleben

Da kann ich nur antworten, wer die Wirtschaftsform "Neoliberalismus" leugnet und damit auch die Zustände in GR ausgelöst durch Troika/Merkel/Schäuble, IWF und EZB, kann meine Argumente gar nicht verstehen. Insofern ist jedes weitere Wort vergeudete Zeit.
Alles Gute. K.S.

Sie haben richtig gelesen. Andere Länder bekamen auch Geld und wurden nicht so traktiert, das wollte ich damit sagen. DEs Banken wurden auch mit Milliarden gerettet, was stillschweigend geschah.

Frau Schramm,
Sie sind ja durch und durch links (jedes zweite Wort ist jedenfalls "Neoliberalismus" und "Gerechtigkeit").
Nur frage ich mich warum Sie dann andauernd Kommentare schreiben für ein Magazin was meist Werbung für teure Uhren und andere Luxusprodukte macht. Sie gehören (vermutlich Geringverdienerin oder Sozialhilfeempfängerin) doch überhaupt nicht zur Zielgruppe.

Karola Schramm | Do., 7. Juli 2016 - 19:40

Antwort auf von Paul Reuter

Ein tolles Menschenbild haben Sie. Wenn Frau sich für Politik interessiert und das Wort "neoliberal" in den Mund nimmt, kann sie nur Geringverdienerin oder Sozialhilfeempfängerin sein, weil Cicero über Werbung mit teuren Uhren und anderen Luxusartikeln Geld verdient ?

Echt, habe selten so gelacht.

Dass Sie mit dem Wortinhalt des Neoliberalismus dann nicht klarkommen, verstehe ich sehr gut. Und zählen können Sie auch nicht....

Diana Weisheit | Mi., 29. Juni 2016 - 13:43

Herr Marguier schreibt: "Ganz davon abgesehen, dass Referendums-Befürworter Cameron sein Amt als Ministerpräsident verlieren ... wird."

Also meines Wissens tritt Cameron freiwillig zurück - sein "Amt verlieren" ist etwas ganz anderes.

Nebenbei: Kann mir mal jemand erklären, warum er jetzt zurücktritt? Nach meinem Verständnis für Demokratie sind Minister Diener des Staates (lat. ministrare=dienen), und so liegt ihre ureigene Aufgabe doch darin, den Willen des Volkes umzusetzen. Nun hat das Volk entschieden. Ist es da wichtig, dass Herr Premier-Minister eine andere Meinung hat? Er soll seinen Job machen, mehr nicht.
Das große Chaos ist doch erst durch den Rücktritt Camerons entstanden, da das Land derzeit faktisch führerlos ist.
Habe ich da etwas falsch verstanden, oder gab eine neue Definition von Demokratie in den letzten 20 Jahren, die mir nicht bekannt ist?

David Spaichmann | Mi., 29. Juni 2016 - 14:24

Antwort auf von Diana Weisheit

Sie stellen eine sehr gute Frage, warum 'Cameron überhaupt zurücktritt'...
Schade dass unsere angeblichen Profi-Journalisten noch keine Zeit hatten, ihr Gehirn zu benutzen.
Vielleicht hat Cameron einen akuten Fall von Demokratitis?

Herbert Trundelberg | Mi., 29. Juni 2016 - 17:44

Antwort auf von Diana Weisheit

sie verkennnen das die EU nicht Demokratisch ist sondern ein Feudalsystem besetzt mit Staatschefs sprich Rat und 28 Kommissaren. Dieses Systrem kennen wir aus Diktaturen aber nicht aus Demokratien auch wenn sich diese Herrschaften ein fürstlich honoriertes Pseudoparlament leisten ist es noch lange keine Demokratie.

Bernhard Jasper | Mi., 29. Juni 2016 - 13:51

Glaubt denn jemand noch, dass durch derartige emotionalisierte Abstimmungen ein größerer Konsens im Großen und Ganzen hergestellt werden könnte? By the way, es wäre demokratisch korrekt gewesen abzustimmen ob abstimmt werden soll.

Da hat sich Cameron aus innenpolitischen Gründen jedoch massiv verzockt. Hypothetische Kampanien zum Referendum haben dann das Ruder übernommen. Gab es eine Kosten-Nutzen-Analyse dazu? Nein, Zahlen sollen gefälscht worden sein. Die schöne Stadt London wollte in der EU bleiben und leistet einen großen Steuerbeitrag.

Und erst das alles wird den Briten jetzt bewusst. Kreative Zerstörung, um eine Veränderung, um Innovationen, Fortschritt herzustellen hat ja schon Schumpeter beschrieben. Kann man machen. Ist in der Betriebs-Wirtschaft ja manchmal notwendig, damit überhaupt etwas Neues entstehen kann.

Auf staatlicher Ebene mit tief verflochtenen Volkswirtschaften sieht das aber anders aus.

Ich bin ausdrücklich gegen derartige Volksabstimmungen!

Sonia Doffagne | Mi., 29. Juni 2016 - 14:20

Antwort auf von Bernhard Jasper

Ihrem Beitrag kann ich nur zustimmen, Herr Jasper. Und jetzt weiß ich auch, warum ich Cicero unterstützte. MfG. SD

Guido Walters | Mi., 29. Juni 2016 - 15:30

Antwort auf von Bernhard Jasper

Selbst wenn man vorher gefragt hätte, ob man überhaupt abstimmen will, wäre das Ergebnis gleich. Bei einer solchen Abstimmung wäre der Zuspruch vermutlich noch größer gewesen, weil Zustimmung zur einer Befregung viel unverbindlicher ist, was konkrete Konsequenzen angeht.

Außerdem verstehe ich den Ärger der Brexit-Gegner nicht. Bei Seiten haben gelogen, beide Seiten haben gesagt, dass die andere Seite lügt. Beide Seiten haben beleidigt, beide Seiten haben sich vorgeworfen, zu beleidigen.

Insofern hatte jeder Brite alle Informationen. Es ist ja nicht so, dass die Brexit-Gegner und Londoner irgendetwas Zusätzliches wüssten oder weniger einfältig wären, als 52% der Briten.

Nein:

Alle Karten lagen für Jeden einsehbar auf dem Tisch. Und eine Mehrheit hat das Blatt der Brexiteers gewählt. Wer das nicht aushält, hält Demokratie nicht aus.

Außerdem: Genau genommen war es keine Volksabstimmung, sondern ein Referendum.

Vincent Laymann | Mi., 29. Juni 2016 - 15:52

Antwort auf von Bernhard Jasper

Hätte dann nicht erst darüber abstimmt werden müssen,
ob man überhaupt darüber abstimmen darf,
abstimmen zu können?

Jürgen Dannenberg | Mi., 29. Juni 2016 - 17:26

Antwort auf von Bernhard Jasper

Herr Jasper, ich bin ausdrücklich für derartige Volksabstimmungen. Vielleicht mit anderen, stringenteren Regeln.
Um auf die britische Wirtschaft zurückzukommen, es könnte durchaus ein heilsamer Schock für die Finanzindustrie sein, und die verarbeitende Industrie bzw die kreativ Industrie werden, bei ein bisschen Unterstützung, durchaus der deutschen Industrie das Früchten lehren. Von den Franzosen ganz zu schweigen. Apropos Franzosen, Madame Le Pen hat ähnliches vor.

Gabriele Bondzio | Mi., 29. Juni 2016 - 14:11

haben seltsamer Weise erst nach dem Referendum reagiert und agiert. Sie hatten auch die Chance, es vor dem Referendum zu tun. Haben sie dabei ihren Blick zu sehr auf die Quoten der englischen Buchmacher gerichtet. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Briten für den Verbleib in der Europäischen Union stimmen, lag hier bei 79 Prozent. Oder hatten sie von den unbequemen Briten die Nase voll ? Heute stand im Focus unter „Konjunkturprognose nach Briten-Votum“...besonders bitter:"Erhält der moderate Aufschwung der deutschen Wirtschaft 2017 einen empfindlichen Dämpfer, die Arbeitslosenquote nimmt um rund - 290.000 Personen- zu." Blick in die Glaskugel, Ablenkung von Eigenem Versagen (wir haben ja auch zig potentielle Arbeitslose aufgenommen) oder Aufbau eines Sündenbocks für all die kommenden Verwerfungen aus der Welt-Wirtschafts-Flaute und verquerter Politik dazu?

josef garnweitner | Mi., 29. Juni 2016 - 14:23

Wer hat denn da wirklich versagt? Wenn die Zahl stimmt, die ich gelesen habe, dann haben nur 35 % der Jungen, die ja für den Verbleib in der EU sind, an der Abstimmung teilgenommen. Worüber regt sich da eigentlich jemand auf?

Und wenn ich das alles so über die Jahre richtig mitverfolgt habe, wo ist denn der Beweis, daß die EU in ihrer jetzigen Form, die alleinseligmachende Konstruktion ist? Ich behaupte sie ist es nicht. Da wollen sich nur wieder einmal einige Damen und Herren ein Denkmal setzen. Auf Kosten des Volkes.

Denn auch in Sachen Europa wurde der Bürger mit falschen Zahlen und sonstigen Lügen bombardiert.

Nebenbei werden wir von Brüssel aus von Herrschaften bevormundet, die nicht einmal eine Legitimation für ihren Job haben, wie Juncker, Schulz und Konsorten.

Die entscheiden in Geheimverhandlungen über das Wohl und Wehe von 5oo Mio. Menschen. Nicht einmal die 27 Regierungen haben die Verträge von CETA und TTIP gesehen.

Das ist doch Diktatur in Reinstkultur.

Yvonne Walden | Mi., 29. Juni 2016 - 14:33

Direkte demokratische Mitwirkung der Wählerinnen und Wähler ja, aber mit Hintergrundwissen.
Welche Wählerin, welcher Wähler etwa in Großbritannien wußte denn wirklich, welche Konsequenten sich aus dem sogenannten Brexit ergeben werden?
Wer profitiert möglicherweise aus dem Austritt des vereinigten Königsreichs?
Alle diese Fragen blieben - soweit mir bekannt- bei der Brexit-Diskussion unbeantwortet bzw. wurden erst gar nicht gestellt.
Deshalb kann eine direkte Demokratie (Volksabstimmung) nur dann sinnvoll sein, wenn die Stimmberechtigten über die Vor- und Nachteile einer Entscheidung vollständig und umfassend informiert sind.
Sonst entscheiden Blinde über die Farbgebung, eine Farce.

wenn Sie zur Urne gehen nach welchen Kriterien entscheiden Sie ? Etwa nach den Lügenmärchen im Parteiprogramm der jeweiligen Partei oder nach den Faktor netter Mensch oder einfach nach dem bisher da gewesenen mit den jeweiligen Politikfritzen. Sehen Sie und jetzt bitte ein Antwort auf die britische Volksabstimmung. Die wollten nur raus aus dem Lügengebäude, welches sich EU nennt. Wie oft wurden Verträge gebrochen, Vereinbarungen mißachtet von Maastricht über Schengen bis Lissabon. Allen geht es besser mit der EU, ja wenn Sie das Glauben, Glauben Sie auch das der Zitronenfalter Zitronen faltet.

Yvonne Walden | Do., 30. Juni 2016 - 12:43

Antwort auf von Herbert Trundelberg

Bei Wahlen und (Volks-)Abstimmungen entscheiden Wählerinnen und Wähler in aller Regel aufgrund ihres Erfahrungswissens und ihres Bauchgefühls.
Das kann - wie wir beim sogenannten Brexit sahen - verhängnisvoll sein.
Vernünftig und sinnvoll wäre es, wenn Parteien vor Wahlen oder (Volks-)Abstimmungen jeweils klare Eckpunkte veröffentlichen würden über ihre politischen Zukunftsvorstellungen.
Auf diese sollten sich Wählerinnen und Wähler schließlich verlassen können.
Solange jedoch die praktische Politik von finanzstarken Interessengruppen gesteuert wird, die sich möglichst viele Politikerinnen und Poliker "gefügig" machen, solange werden wir mit dem Dilemma gebrochener Wahlversprechen leben müssen.
Deshalb wäre es für die Zukunft wichtig, größere Spenden oder Zuwendungen an Parteien strikt zu verbieten.
Nur: Wer sollte dies verbieten? Etwa Parteien, die bekanntlich selbst von diesen Spenden profitieren?
Dennoch sollte dieses Problem immer wieder diskutiert werden.

Der Austritt aus der EU ist eine Chance für GB. Warum sollten die deutschen Unternehmen nun nicht mehr mit GB Handel treiben? Die wären ja schön blöd. Was jetzt an medialen Aufriss erfolgt, ist vor allem an uns und an andere EU-Länder gerichtet: Wagt ja nicht den gleichen Schritt wie GB. Frage: Geht es Norwegen so richtig schlecht? Geht es der Schweiz so richtig schlecht? Und wenn die EU zickig ist, sehe ich noch ein ganz anderes Szenario. Es gibt viele Länder auf der Erde, die gern ein Gegengewicht zur EU aufbauen wollen, wie z.B. der eurasische Raum. Genau dort liegt die Zukunft. Die EU ist fertig und gegessen. Ungebildetes Personal an der Spitze, die sich diktatorisch um Pippifax kümmern, aber nicht in der Lage bzw. Willens sind die EU-Grenzen zu schützen und ein Wirtschaftsraum der kaum noch wächst.

Zwei wichtige und einfache Grundsätze für alle Demokratien:

Erstens:

Eine Demokratie, in der die Herrschenden Angst oder nicht den Willen haben, das Volk zu befragen, sind keine funktionierenden Demokratien.

Zweitens:

Das Ziel von Demokratie ist nicht "richtige" oder gar "wirtschaftskonforme" Entscheidungen zu treffen, sondern die, die die Mehrheit verlangt. Das überhaupt ist, was Demokratie erstrebenswert macht.

Und ganz nebenbei: Die "Zeit" zu zitieren, um linke Positionen zu rechtfertigen, ist in etwa so schlau wie den "Völkischen Beobachter" zitieren, um rechte Positionen zu legitimieren.

So einfach ist das nicht wie Sie schreiben: "Das Ziel von Demokratie ist nicht "richtige" oder gar "wirtschaftskonforme" Entscheidungen zu treffen, sondern die, die die Mehrheit verlangt. Das überhaupt ist, was Demokratie erstrebenswert macht."
Nach dieser Lesart wäre die Nazidiktur eine "reine Demokratie" gewesen. Denn wurde da nicht auch gefragt "Wollt ihr den totalen Krieg ?" Und er wurde total.

Richtig liebe Frau Schramm; zumal die "Mehrheit", bei 70% Teilnahme und 51% Wahl, nur 36% repräsentiert. Hier kann man nicht von einer "Mehrheit" reden. Und so kann man auch bedauern, dass immer noch zu wenig Bürger sich für das eigene Schicksal interessieren. Wer sich beschwert, es gibt zu wenig Demokratie, sollte auch wählen gehen. Freundliche Grüße an Sie.

<<Die "Zeit" zu zitieren, um linke Positionen zu rechtfertigen, ist in etwa so schlau wie den "Völkischen Beobachter" zitieren, um rechte Positionen zu legitimieren.>>

Manchmal hat man andere Quellen zu lesen, um eine objektive Meinung zu bekommen und seinen Horizont zu erweitern . Man kann auch Artikel zitieren , die am besten beschreiben, was man denkt. Oder? ;)

Die von ihnen gelinkten Artikel aus der Welt und der Zeit habe ich mir beide angesehen- beides schreckliche Artikel, die mit Halbwahrheiten argumentieren, dass es mich beim Lesen gegruselt hat.

Aber interessant ist hier, einmal das Thema "Umfragen" anzusprechen. Mittlerweile werden wir von diesen, angeblich repräsentativen Dingern buchstäblich überflutet. Und warum? Aus Meinungsmache. Ich sage Ihnen, diese Meinungsforscher sind fähig, Ihnen jede noch so absurde Meinung statistisch nachzuweisen, das merken Sie gar nicht. Es kommt dabei auf die Fragen genauso an wie auf die ausgewählten Befragten.

Ich bin schon lange der Meinung, solche Umfragen gehören verboten - ganz besonders auch die Wahlprognosen. Aber wie ich oben schon geschrieben habe, anscheinend ist meine Definition von Demokratie nicht mehr aktuell, denn wie es scheint, darf man jede Meinung haben, so lange es die Meinung der Autokraten ist.

Sonia Doffagne | Fr., 1. Juli 2016 - 07:23

Antwort auf von Diana Weisheit

Es stimmt schon, dass viele Statistiken nur ein Teil der Wahrheit spiegelt. Es hängt allerdings stark davon ab, wie seriös und umfangreich die Fragen gestellt werden, und die Ergebnisse analysiert werden. (Selbstverständlich auch in wieweit die Befragten ehrlich geantwortet haben). Man sollte dabei also nie seinen eigenen kritischen Sinn abschalten.

<<Ich bin schon lange der Meinung, solche Umfragen gehören verboten - ganz besonders auch die Wahlprognosen>> :
dann würden noch mehr Leute arbeitslos werden ;). Alles verbieten würde nur die persönliche Freiheit einschränken; auf keinem Fall die Lage verbessern. MfG. SD

zu 1. noch mehr Arbeitslose? Liebe Frau Doffagne, wir haben bereits 16,5 Mio Ausländer hier (vor der Flüchtlingskrise), weil wir angeblich so viele Arbeitnehmer brauchen, und die neuen Migranten werden doch auch als "dringend benötigt" beschrien. Was soll also dieses Argument???
zu 2. Wahlprognosen dienen der Meinungsbeeinflussung - was soll das mit persönlicher Freiheit zu tun haben??

Liebe Frau Weisheit, zu Ihrer Fragen :

1a. Diese Aufgaben werden meist an Dritte vergeben (spezialisierte Agenturen, die sich ausschließlich damit beschäftigen, und die dafür Personal benötigen).
1b. D braucht vor allem besonders qualifiziertes Personal.

2. "Wahlprognosen verbieten" : und dann ? "Meinungsäußerung" verbieten ? Es ist so eine Sache mit dem "Verbieten" : wo beginnt es, wo endet es ? Es fängt meistens harmlos an; kann aber böse enden und bis zur Einschränkung der individuellen Freiheiten kommen. Statt verbieten und reglementieren ist es besser, dass der Bürger fähig ist, die Informationen zu sortieren, die er empfängt.

Mit freundlichen Grüßen. SD

Tonicek Kolot | Sa., 2. Juli 2016 - 11:40

Antwort auf von Diana Weisheit

. . . auch wenn die Umfragen immer wieder "repräsentativ" genannt werden, sie sind es einfach nicht. Suggestiv-Fragen und verschiedene Interpretationen der Antworten bieten jeglichen Stoff zur Manipulation. Das Gleiche trifft bei Statistiken zu, immer schön nach dem Grundsatz: "Traue keiner Statistik, die du nicht selber gefälscht hast".
Übrigens, mir hat es beim Lesen der beiden verlinkten Artikel auch gegruselt!
Liebe Grüße an Sie, Sie haben Ihren Nachnamen redlich verdient!

Frank Linnhoff | Mi., 29. Juni 2016 - 14:45

Ministerpräsident Cameron hat genau die Ernte eingefahren, für welche er den Acker bestellt hatte. Dilettantismus war sein Markenzeichen. Ein Boris Johnson wird auch nicht besser sein. Vielleicht sollte per Dekret ehemaligen Etonboys untersagt werden, die politische Laufbahn einzuschlagen.

Mal schauen, ob die Mehrheit der Parlamentsabgeordneten für den Brexit stimmen wird. Mit Ruhm bekleckert hat sich die politische Riege des Vereinigten Königreiches jedenfalls nicht.

Ursula Schneider | Mi., 29. Juni 2016 - 15:43

man kann das Volk nicht nur abstimmen lassen, wenn es politisch opportun erscheint. Dies müsste bei wichtigen Entscheidungen, die das ganze Land betreffen, zwingend und regelmäßg vorgeschrieben werden!!
Hätte man dieses Instrument früher und öfter eingesetzt, wäre die EU mit Sicherheit langsamer, vernünftiger und nachhaltiger gewachsen. Inzwischen ist die Karre schon so weit an die Wand gefahren, dass jede Volksabstimmung wegen Enttäuschung, Frust und Wut für die "Apparatschiks" unkalkulierbar wird. Sie werden jedes Referendum deshalb meiden wie der Teufel das Weihwasser. Nicht nur wegen Demokratieverachtung, schon allein aus purer Angst um Posten und Pfründe.

Siegfried Stein | Mi., 29. Juni 2016 - 15:50

Herr Marguier können Sie bitte "Sternstunde der Demokratie" definieren?

Dass die britische Politikerkaste, geradezu eine Jugendbande verglichen mit der EU-Gerontokratie, versagt hat, ist richtig. Ansonsten, wo hat man bisher die britische Jugend vernommen, ausser beim Saufen und Balkon-Springen in Magaluf auf Mallorca?
Das wahre Problem ist m.E., dass die UK Politiker ihre z.T. guten und richtigen Vorstellungen nie in die EU eingebracht haben, sondern sich mit Rabatten und 'opt outs' haben abfinden lassen.

Mit Sternstunden oder Finsternissen der Demokratie hat das nichts zu tun.

Wyatt Earp | Mi., 29. Juni 2016 - 15:52

Es haben vor dem BREXIT genügend "Experten" und Politiker ihren Anti Kommentar abgegeben. Als würde sich nach einem Ausstieg GB's ein Höllenschlund auftun und GB verschlingen. Die Völker haben die Schnauze voll von der Regelwut der EU. Jede Banane, jede Gurke muss genormt werden. Da werden hochgiftige Glühbirnen vorgeschrieben wo man schon weiss, dass die wieder verboten werden toxischer Probleme mit Quecksilber, sollte eine zerspringen. In einer Zeit der EWG haben sich jedenfalls die Völker freier gefühlt und wurden nicht gegängelt von unfähigen, nicht gewählten Politikern und ihren Vasallen in Brüssel. Was jetzt kommt ist reine Erpressung der Briten und Warnung an austrittswillige Länder. Die EU / Brüssel zerfällt, gewinnen wird Europa und seine Völker

Monika Medel | Mi., 29. Juni 2016 - 16:35

Na ja, wenn der "Brexit", so er denn kommt, für die Briten so grauslich wird wie behauptet, dann können die EU-Granden doch ganz entspannt reagieren, denn das abschreckende Beispiel wird dann keine Nachahmer finden. Tatsächlich benehmen sie sich aber wie ein aufgescheuchter Hühnerhof, nicht nur ohne Hirn, sondern auch ohne Anstand. Im Übrigen trifft jeder Mensch, aber auch jede Menschengruppe im Laufe seines/ihres Lebens Entscheidungen und muss mit dem Ergebnis dann leben. Ich z.B. habe schon Parteien gewählt, die dann eine Politik machten, die ich ganz und gar abgelehnt habe. Von "Experten" habe ich schon Seltsames vernommen und Lobbyismus in Parlamenten ist ja auch nicht so selten... Ja, vernünfig sind immer die eigenen Argumente, dumm sind immer die anderen.

Albert Schultheis | Mi., 29. Juni 2016 - 17:30

Natürlich taugt "ausgerechnet dieser Fall ... als leuchtendes Beispiel für die direkte Demokratie"! Und ihr, liebe Schweizer, solltet das doch am Besten wissen. Der Vorzug der direkten Demokratie ist doch gerade, dass derjenige entscheidet, der hinterher und immer wieder sowieso "die Birne" hinhalten muss für das, was entschieden wurde. Das ist gerade im Fall Brexit nicht anders. Manche ungeübten britischen Wähler haben spätestens jetzt gelernt, dass man - aus welchen Gründen auch immer - dabei falsch entscheiden kann. Andere mögen glauben, dass sie genau richtig entschieden haben. Will sagen, dass jedes plebiszitäre System eine Einschwingphase dringend braucht, in der die wählenden Bürger lernen, dass Entscheidungen immer auch Konsequenzen haben. Dieser Lernprozess ist allerdings einer der wertvollsten überhaupt und ich vermute, dass gerade dieser Lerninhalt mittlerweile zur politischen DNA der Schweizer gehört. Wenn es so sein sollte, kann man die Schweiz nur beglückwünschen.

Bernd Fischer | Mi., 29. Juni 2016 - 17:50

Sehr geehrter Herr Marguier.

Zum Glück ist dies Ihre "Privatmeinung" , und das sollte es auch bleiben.

Uwe Dippel | Mi., 29. Juni 2016 - 17:51

Leider kommt mir der ganze Artikel 'wie bestellt' vor. Ähnlich wie das was bei FAZ, SZ zu sehen ist. Ein Herumwinden von 'Demokratie ja', und 'Demokratie hier, nein'.
Recht haben Sie mit 'Exempel statuieren', und dem Juncker'schen Negativbeispiel. Aber wieso nun Unzufriedenheit herrschen sollte, und warum es schlecht sein sollte, dass GB zukünftig unabhängiger ist, ist einfach unmotiviert von Ihnen.

Kurt Göpel | Mi., 29. Juni 2016 - 18:17

Viele Politiker und Journalisten haben immer noch nicht begriffen, daß dieses Konstrukt EU ein übles, antidemokratisches, diktatorisches Ungetüm, wo sich abgehalferte unfähige "Politiker" produzieren und die Nationen zerstören. Hat die EU überhaupt eine demokratische Legitimation? Das Volk ist den Eurokraten uninteressant, Hauptsache Die Banken können Gewinn machen. Das da die Briten gesagt haben " Schluß jetzt", ist ok, die haben wenigstens Eier in der Hose, egal ob hart oder weichgekocht! Daß jetzt die Jugend aufheult - Ihr habt uns unsere Zukunft gestohlen" - kann ich nicht verstehen, die Heuler waren nur mit einer Wahlbeteiligung unter 40% beim Referendum dabei! Quintessenz: Die Damen und Herren in Brüssel sollten mal dringend über Reformen nachdenken!

Florian Maier | Mi., 29. Juni 2016 - 19:12

Direkte Demokratie ist sinnvoll, da wichtige Entscheidungen direkt vom Volk - und nicht von den Parlamenten (die insb. in GB) durch verschiedene Wahlbestimmungen das Volk nur mangelhaft repraesentieren. Es stimmt das dieses Referendum lediglich innenpolitische Zwecke verfolgte. Insofern ist es fuer den PM gescheitert, aber die Entscheidung als solche ist gefallen und hat durch die Volksabstimmung die hoechstmoegliche demokratische Legitimation. Offensichtlich bedauern rund 5% der Waehler ihren Entscheid (3% der Remainstimmer finden expost leave gut und 2% vice versa)Das haette also nichts am Ergebis geaendert und selbst wenn ist es ein ziemlich schlechtes Argument, damit zu argumentieren was gewisse Leute gewollt haetten, die offensichtlich nicht wissen was sie wollen. Aber das zeigt, es braucht mehr Volksentscheide - damit entsteht ueber die Zeit ein “losers consent”, also das der Verlierer die demokratischen Prozesse kennt und auch im Falle einer Niederlage diese respektiert.

Daniel Läderach | Mi., 29. Juni 2016 - 21:39

Direkte Demokratie muss geübt werden, das haben die Briten jetzt getan. Und es sollte weiter so gehen. In ganz Europa. Der Bürger ist mündig oder kann mündig werden. Angst, dass direkte Demokratie (obligatorische und fakultativen Referenden sowie Volksinitiativen) in eine Diktatur mündet, ist eine unnötige Angst, vielleicht besonders einiger deutscher Politiker (Steinmeier. Gauck, Brok usw.). In der direkten Demokratie muss debattiert werden, wie sonst nicht. Und das Parlament, die gewählten Volksvertreter sind ja auch noch da, ebenso die Judikative. Also bitte: mehr (direkte) Demokratie wagen, denn ohne direkte Demokratie fehlt die Legitmitation so mancher Entscheidungen der schlecht kontrollierten Eliten.

Gerdi Franke | Do., 30. Juni 2016 - 08:56

Für mich war Cameron ein guter Europäer. Weil seine Vorstellungen von Europa mir gefallen haben. Er hat in England persönlich versagt, weil er seine Position zu schwach verkauft hat. Dass sich Brüssel jetzt über den BREXIT freut zeigt, dass Brüssel seinen Weg unverändert weitergehen will. Ein Weg, der aber nur noch sehr wenig Akzeptenz findet. Die EU wird wie jede Organisation inzwischen nur noch über Kosten und Leistung bewertet. Und da sieht sie sehr schlecht aus.

Enrico Stiller | Do., 30. Juni 2016 - 10:25

Es wird keinen Brexit geben. Ich bin bereit, Wetten darauf anzunehmen. John Kerry hat das auch schon gerade angedeutet. Ich könnte mir vorstellen, dass das Spielchen in etwa so laufen wird:
Die Briten werden in einigen Monaten "völlig überrascht" feststellen, dass die Schotten raus aus GB wollen, weil GB raus aus Europa will. Dann wird man sorgenvoll "erkennen", dass eine "neue Lage" eingetreten sei. Und man wird im Licht dieser neuen Lage noch einmal das Volk befragen. Diesmal mit einer Frage etwa derart: "Soll GB aus der EU austreten, auch wenn dies u.U. das Ende des Vereinigten Königreichs bedeuten könnte?" -
Und jetzt ratet mal, wie diese Abstimmung ausgehen wird. Also: Keine Panik, alles wird gut.

Ich schätze, Sie werden niemanden finden, der gegen Ihre Wette hält. Ich habe auch noch keinen gefunden.
Doof wenn man endlich die Sandkastenschippe hat - und der Sandkasten ist weg.

Ihre Ansicht teile ich, Herr Stiller.

Ich hatte angenommen, daß die Angst vor einem Zerfall des
United Kingdoms bereits bei der erfolgten Abstimmung eine
derart abschreckende Wirkung gehabt hätte, daß die Entscheidung
für "REMAIN" ausgegangen wäre. Anscheinend war aber bei den meisten
Engländern doch der angehäufte Frust erst mal stärker als die
Angst vor dem Bedeutungsverlust.

In einigen Monaten wird das dann allerdings ganz anders aussehen...

Christop Kuhlmann | Sa., 9. Juli 2016 - 18:16

Natürlich werden kontinentale Journalisten die negativen Folgen des Brexit herausstellen. Die Börsenkurse insbesondere der Banken sinken, in London verlieren die Immobilien an Wert, sollte es bald weder bezahlbaren Wohnraum geben? Es ging nicht um die Wirtschaft in dieser Abstimmung, sondern um den Erhalt von Identität und die Wahrung eigener Interessen. Die Mehrheit möchte das England englisch bleibt und nimmt dafür finanzielle Risiken in kauf. Die verlogenen Argumente der Politiker haben kaum den Ausschlag gegeben, vielmehr ihre mangelnde Vision von Englands Zukunft jenseits der Wirtschaftspolitik. Eine herbe Niederlage des global enthemmten Kapitalismus , der den Menschen auf den Homo Oeconomicus reduziert, wenn man so will.