Bundeskanzlerin Angela Merkel begrüßt Xi Jinping, Chinas Staats- und Parteichef, am 07.07.2017 in Hamburg beim G20-Gipfel. Am 07. und 08. Juli kommen in der Hansestadt die Regierungschefs der führenden Industrienationen zum G20-Gipfel zusammen
Bundeskanzlerin Angela Merkel mit Chinas Staatschef Xi Jinping: China wird global immer wichtiger / picture alliance

Parteitag in China - Wohin steuert die Diktatur?

Heute beginnt in Peking der 19. Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas. Mehr als 2200 Delegierte werden dann wohl nur absegnen, was bereits hinter verschlossenen Türen entschieden wurde. Spannend bleibt, ob sich Parteichef Xi Jinping innerparteilich mit seinen Vorstellungen durchsetzen kann

Autoreninfo

Falk Hartig ist Sinologe und forscht an der Universität Frankfurt/Main zu Fragen der politischen Kommunikation.

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Die alle fünf Jahre stattfindenden Parteitage sind schon lange keine Veranstaltungen mehr nur für Sinologen mit einem Spleen für die „Pekinologie“ genannte politische Kaffeesatzleserei. Da China global immer wichtiger wird, sollten wir am heutigen Mittwoch nicht nur auf die Koalitionsverhandlungen in Berlin schauen, sondern auch nach Peking.

Die künftige Rolle Xi Jinpings

Im Mittelpunkt steht ganz klar Xi Jinping. Er ist Generalsekretär und somit Chef der Partei, Staatspräsident und Vorsitzender der Zentralen Militärkommission. Zudem hat er weitere Posten inne, die seinem direkten Vorgänger verwehrt waren. So firmiert er seit einem Jahr als „Kern“ des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh ), womit eine individuelle Autorität beschrieben wird, die nicht durch Amtszeiten begrenzt werden muss.

Mit Spannung wird daher erwartet, ob erkennbar wird, wie Xi sich seine politische Zukunft vorstellt. Xi übernahm die Macht auf dem 18. Partietag 2012 und wenn die bisherigen Parteitraditionen beibehalten werden, würde der aktuelle Parteitag die Halbzeit seiner zehnjährigen Herrschaft markieren. Allerdings wird schon länger spekuliert, dass Xi möglicherweise mit dieser Tradition bricht und nach 2022 einfach weitermacht.

Ein deutliches Zeichen von Xis Macht wäre es, wenn seine Verlautbarungen und Konzepte als „Xi-Jinping-Gedanken“ oder „Xi-Jinping-Theorie“ ins Parteistatut aufgenommen werden. Zwar finden sich dort auch die Konzepte seiner direkten Vorgänger; namentlich genannt werden bisher nur Republikgründer Mao („Mao-Zedong-Gedanken“ und Reformer Deng („Deng-Xiaoping-Theorie“). Vor wenigen Tagen wurde bereits bekannt, dass das Statut abgeändert wird. Die spannende Frage ist, in welcher Form.

Personal- und Machtfragen

Von größter Wichtigkeit sind allerlei Personalfragen, die – wie anderswo auch – immer gleich Machtfragen sind. Aufgrund verschiedener informeller Altersregelungen müsste rund die Hälfte der fast 400 Mitglieder des Zentralkomitees ersetzt werden, elf Mitglieder des 25-köpfigen Politbüros müssten wohl zurücktreten und auch fünf der sieben Mitglieder des Ständigen Ausschusses des Politbüros müssten sich, wenn die informellen Regeln eingehalten werden, zurückziehen. Bei den Neubesetzungen wird es vor allem darum gehen, wie viele seiner Getreuen Xi Jinping auf welche Posten bringen wird.

Von besonderem Interesse sind diese Personalfragen, da sie einerseits Indizien dafür liefern könnten, ob Xi sich innerparteilich mit seinen Vorstellungen durchsetzen kann. Andererseits ist die große Frage, ob nach dem Parteitag absehbarer wird, wer Xi Jinping nach 2022 möglicherweise als Parteichef ablösen wird, sollte er sich doch zurückziehen. Prognosen dazu sind überaus schwierig, da von außen lediglich spekuliert werden kann, was im Innersten der Partei vor sich geht.

So galt Sun Zhencai, Politbüromitglied und Parteichef der regierungsunmittelbaren Stadt Chongqing, als ein potenzieller Nachfolger. Allerdings wurde er im Sommer seiner Posten enthoben und parteiintern wird gegen ihn ermittelt. Sein Nachfolger in Chongqing ist Chen Min‘er, der nun auch als potenzieller Nachfolger Xis gehandelt wird.

Innen- und Außenpolitik

Innenpolitisch wird Xis Rechenschaftsbericht an den Parteitag dahingehend analysiert werden, ob er konkrete Hinweise darauf enthält, wie die Partei mit anstehenden Problemen umzugehen gedenkt. Zahlreiche Reformvorhaben, zum Beispiel des Staatssektors oder auch des Rechtssystems, wurden seit 2012 angekündigt. In seiner Eröffnungsrede kündigte der Staatschef eine weitere Öffnung der chinesischen Wirtschaft an: „China wird der Welt seine Türen nicht verschließen“, sagte er: „Öffnung bringt uns Fortschritt, bei Abschottung wird man zurückgelassen.“ Die wichtigste Aufgabe für die Partei besteht darin, das Lebensniveau der Menschen zu steigern. Das meint nicht mehr nur die reine Armutsbekämpfung. Vor allem in den Städten stehen Fragen des Umwelt- und Nahrungsmittelschutzes und des bezahlbaren Wohnraums auf der Agenda ganz oben.

Auch wenn Außenpolitik auf Parteitagen eine eher untergeordnete Rolle spielt, ist sie dennoch wichtig, denn schlussendlich dient auch sie dem Machterhalt der Partei, indem sie ein friedliches Umfeld für Chinas Wirtschaftsentwicklung schaffen soll, welche für die Legitimität der Partei essenziell ist. Mit der Friedlichkeit ist es dabei so eine Sache: Denn einerseits erscheint Chinas zunehmend selbstbewusstes Auftreten in der Region den Nachbarn alles andere als friedlich. Andererseits zeigt das kriegerische Gebaren Nordkoreas, wie schwierig es für China ist, Ruhe und Ordnung vor seiner Haustür zu schaffen. Vor diesem Hintergrund wird interessant sein zu sehen, ob Xi währen des Parteitas außenpolitische Linien skizziert, die erkennen lassen, ob und wie China die Lücke füllen möchte, welche die USA unter Präsident Donald Trump möglicherweise bieten.

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Dimitri Gales | Mi., 18. Oktober 2017 - 14:05

dass viele Jahrhunderte von Isolation gegenüber westlichen Einflüssen China Rückständigkeit bescherten; das wird sich wohl in Zukunft noch mehr korrigieren. Aber China hat eine überstarke nationale und kulturelle Identität, auch die wird in Zukunft bestimmend sein.

helmut armbruster | Mi., 18. Oktober 2017 - 14:09

alles schön versteckt hinter einem undurchsichtigen Lächeln.
Eine kommunistische Partei an der Spitze eines kapitalistisch wirtschaftenden Landes.
Millionenhafte Ausbeutung, quasi Sklavenhaltung, damit einige wenige KP-Funktionäre sagenhaft reich werden können.
So viel Widerspruch auf einmal gibt es sonst nirgendwo.
Und wo so viel Widerspruch ist, ist auch jede Glaubwürdigkeit dahin.
Die können noch so viel lächeln, können erzählen, was sie wollen, sie sind einfach unglaubhaft

Aber es funktioniert alles, auch die Flughäfen, für maximale Bauzeit für 1 Airport beträgt 3 Jahre. Ich glaube ca. 80 sind in Planung. Gegen die Großstädte wäre Zürich oder Bern ein Vorort und unsere Hochhäuser Hundehütten. Mittlerweile gibt auch einen gesunden Mittelstand oder was meinen Sie wer unsere Autos kauft. Ich denke die werden uns noch zu schaffen machen.

Was tut man nicht alles für Geld?

Die "Neun Kommentare über die kommunistische Partei China" (Epoche Times) sollten sich alle China-Fans zuerst mal durchgelesen haben. Die Kritiker der deutschen Aussenpolitik sollten die jedoch kennen. Danach ist vieles klarer.
In Helmut Schmidt steckte auch ein großer Dikator. Er lobte das Tianmen-Massaker auf dem Platz des himmlischen Friedens.

Auf chinahush findet man die "Amazing Pictures, Pollution in China"-Bildserie. Ein Muß für die Kritiker.

Axel Kreissl | Mi., 18. Oktober 2017 - 17:51

Bei diesem Titel dachte ich sofort an Deutschland. Da hätte ich etwas beitragen können. Bei China kenne ich mich nicht so gut aus. Ich bitte um Entschuldigung!

Olaf Voß | Mi., 18. Oktober 2017 - 18:29

Welche meinen Sie? Die unter Merkel oder die Xis? Ich meine dies durchaus ernst. Jemand sagte einmal, das diese Frau Deutschland innerhalb von 100 Jahren in die dritte Diktatur führt. Bevor wir über China reden, sollten wir uns fragen, was diese Person antreibt, auf ewig an der Macht zu kleben. Eigentlich doch seltsam, dass gerade die größten politischen Versager immer und immerwieder bejubelt werden.

Marc Meyer | Do., 19. Oktober 2017 - 03:07

Früher fand ich Diktaturen schlimm, heute finde ich sie harmlos (für mich).

Beim Euro werden eindeutige Gesetze gebrochen. Nichts ist mehr siche rin der Euro Zone. Und wie werden Entscheidungen beim Euro gefällt, befragt man die Bürger, oder machen das Politiker hinter verschlossenden Türen und stellen uns Bürger dann vor vollendete Tatsachen?

Da wir selber immer weniger Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Deutschland haben (Dublin 3 egal, Euro No Bail Out egal) lässt mich Kritik an China kalt.

China ist so demokratisch und transparent wie unsere Politiker beim Euro oder in der Flüchtlingskrise.

Martin Arndt | Do., 19. Oktober 2017 - 05:55

Meine spontane Reaktion war:"Welche Diktatur ist gemeint"? Oder anders gefragt:"Wo ist die nächste Demokratie"? Schweiz, Kanada...Es gibt zudem ohnehin verschiedene Wege zur Humanität, und doch wohl monomythisch nicht nur den einen...Lebt man einige Zeit in (sog.) Autokratien, wundert man sich über die grosse Zustimmung der Bevölkerung, während in (sog.) Demokratien nahezu die Hälfte der Bevölkerung ihren gewählten ReprösentantInnen gegenüber avers gestimmt sind. Ist nicht das wirklich entscheidende Kriterium das der dem Gemeinwohl nützlichen u. der Zukunft förderlichen pragmatischen Effizienz? Kein Zeitgenosse ist Prophet, aber welcher Staat wird das Jahr 2050 erreichen? Deutschland, China....The answer is blowing in the wind...

Ruth Müller | Do., 19. Oktober 2017 - 15:12

Kapitalismus + Diktatur = absolute Macht.
Nicht zu vergessen die 1,4 Milliarden Fußvolk.