Rishi Sunak verlässt Downing Street 10 / dpa

Unterhauswahlen in Großbritannien - „Die Partei zerbricht vor unseren Augen“

Bei den bevorstehenden Unterhauswahlen müssen die britischen Tories mit der größten Niederlage seit mehr als 100 Jahren rechnen. Das liegt nicht nur am ungeliebten Premierminister Rishi Sunak.

Autoreninfo

Christian Schnee studierte Geschichte, Politik und Public Relations in England und Schottland. Bis 2019 war er zunächst Senior Lecturer an der Universität von Worcester und übernahm später die Leitung des MA-Studiengangs in Public Relations an der Business School der Universität Greenwich. Seit 2015 ist er britischer Staatsbürger und arbeitet als Dozent für Politik in London.

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Rishi Sunaks Wahlkreis Richmond liegt im Norden des Landes, weitab der großen Metropolen Manchester, Birmingham und Liverpool. Zwischen sanften Hügeln erstreckt sich Heideland. Es gibt Schafe und eine kleine Marktgemeinde, Northallerton, die vor 1000 Jahren auf Wunsch der Bischöfe von Durham gegründet wurde. Seit 1910 gewinnen die Tories hier jede Wahl. Zuletzt holte auch Sunak eine gewaltige Mehrheit. Fast zwei Drittel der abgegebenen Stimmen entfielen 2019 auf den Parteivorsitzenden der Konservativen. Sein Rivale von der Labour-Partei war weit abgeschlagen und kam gerade mal auf 16 Prozent. 

Fünf Jahre später ist alles anders. Wenn im Herbst das Parlament neu gewählt wird, ist Sunaks Mehrheit in Richmond nicht mehr sicher. Die Wahlforschungsfirma Electoral Calculus sagt der Regierungspartei die dramatischste Niederlage in mehr als einem Jahrhundert voraus. Demnach verlieren die Tories 285 Mandate und sind nur noch mit einer Rumpffraktion von rund 80 Abgeordneten im nächsten Unterhaus vertreten, während den Kandidaten von Labour Siege in 452 Wahlkreisen prognostiziert werden.

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Wolfgang Dubbel | Fr., 3. Mai 2024 - 08:33

Ja, wann sind sie denn nun?

Jens Böhme | Fr., 3. Mai 2024 - 11:37

Antwort auf von Wolfgang Dubbel

Steht noch nicht fest, da amtierende Regierungschef den Termin festsetzt. Die Unterhauswahl muss spätestens am 28.Januar 2025 stattfinden. Andere Länder, andere Sitten.

Ernst-Günther Konrad | Fr., 3. Mai 2024 - 13:20

Ein langer Artikel mit viel Informationen und mit noch mehr Spekulationen. Ich warte ab, wann es soweit ist. Und da haben die Briten und wir Leser ja noch eine Menge Zeit.

Henri Lassalle | Fr., 3. Mai 2024 - 14:55

dramatisch verschlechtert. Daran hat nicht nur der Brexit seinen Anteil. Man hat schlicht und einfach am "Volk" vorbeiregiert. Den Wohlhabenden und Reichen geht es gut, sie sind die "heilige Kuh" des Landes. So war es eigentlich schon immer, mehr oder weniger ausgeprägt. Nach dem 2. Weltkrieg wurden Sozialvorhaben verwirklicht, ein Gesundheitswesen auf die Beine gestellt, auf das die Briten lange stolz waren. Die progressiven Erosion des GB-Sozialsystems waren alle Parteien beteiligt.

Markus Michaelis | Fr., 3. Mai 2024 - 16:30

Ich glaube hier ist weniger eine Partei im Niedergang als eine Gesellschaft. Ich denke, wie in Frankreich, Deutschland und anderen europäischen Ländern, kann niemand im Moment diese Länder mit viel Zustimmung führen, weil es keine Gesellschaft mit gemeinsamen und realistischen Grundlagen gibt. Scholz hat die niedrigste Zustimmung ever. Macron ist schon eine Lichtgestalt, der den Laden überhaupt zusammenhält, aber auch er hat keine wirkliche Mehrheit mehr und sehr viele, die ihn tief ablehnen. Jeder andere Nachfolger hätte wohl noch weniger Rückhalt. In GB kann man auch nicht ernsthaft erwarten, dass es nur eine andere Politik und einen anderen Premier bräuchte, und das Volk wäre wieder mit sich und der Regierung vereint.